Biographie
Arno Otto Schmidt (* 18. Januar 1914 in Hamburg; gest. 3. Juni 1979 in Celle) war ein deutscher Schriftsteller.
Vor 1945:
Der Sohn des Polizeibeamten Friedrich Otto Schmidt (1883-1928) und von Clara Gertrud Schmidt (geb. Ehrentraut, 1894-1973) verbrachte seine Kindheit in Hamburg-Hamm. Er lernte schon mit drei oder vier Jahren lesen, gemeinsam mit seiner drei Jahre älteren Schwester Luzie (später Lucy Kiesler, 1911-1977). Die Lektüre wurde für den jungen Schmidt eine Möglichkeit, um der Armut und dem tristen Familienleben, das sich vornehmlich in einer Wohnküche abspielte, zu entfliehen. Zeitlebens ist er ein unersättlicher "Bücherfresser" und exzessiver Leser geblieben. Zu seinen ersten und folgenreichen Leseerlebnissen gehörten die Romane von Jules Verne. 1928, nach dem Tod des Vaters, zog die Familie von Hamburg nach Lauban (Schlesien) um; diesen Wohnort beschreibt Schmidt folgendermaßen: "Kleinstadt von 14000 Einwohnern. Große TaschntuchFabrikn; EisenbahnAusbesserungsWerk. Bei LESSING findet sich irgndwo ein Brief, des Sinnes: der Magistrat von L könne ihn kreuzweis’: Ich habe dem nichts hinzuzusetzen." Nach dem Abitur in Görlitz, Fortbildung und Arbeitslosigkeit wurde er Angestellter in einer Textilfabrik (Greiff Mode) in Greiffenberg (Schlesien). 1937 heiratete Schmidt in Greiffenberg Alice Murawski (1916-1983), die an zahlreichen literarischen Projekten mitarbeitete. 1938 unternahmen sie eine einwöchige Reise nach London; dies war der längste bekannte gemeinsame Auslandsaufenthalt der beiden. Nach eigenen Angaben begann Schmidt bereits Mitte der 1930er Jahre mit literaturhistorischen Forschungen zu Friedrich de la Motte Fouqué; die schriftlichen Ausarbeitungen gingen fast sämtlich im Zweiten Weltkrieg verloren. Vermutlich hat er auch Anfang der 30er Jahre eine Arbeit für ein Karl-May-Jahrbuch an den Karl-May-Verlag geschickt. Schmidt wurde 1940 zur Wehrmacht (Artillerie) eingezogen; zunächst stand er im Elsass, dann ab 1942 in Norwegen. Im letzten Kriegsjahr meldete er sich an die Front, um einen kurzen Heimaturlaub zu bekommen, in dem er die Flucht seiner Frau nach Westen organisierte. Er kam nach kurzem Kampfeinsatz in Niedersachsen in englische Kriegsgefangenschaft.
1945 bis 1958 (Cordingen, Kastel, Darmstadt):
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Arno Schmidt zunächst als Dolmetscher und trat 1949 mit der Erzählung Leviathan erstmals hervor. Das Ehepaar lebte damals noch in Cordingen (Bomlitz, Niedersachsen), wurde aber bald nach Gau-Bickelheim (Rheinland-Pfalz) umgesiedelt. Im Rahmen der wieder aufgenommenen Fouqué-Studien reiste er 1954 zusammen mit seiner Frau für wenige Tage über Ahlden nach Ost-Berlin; Beobachtungen dieser Reise, die seine Frau in ihr Tagebuch notierte, verarbeitete Schmidt in seinem Roman Das steinerne Herz. Als Schmidt wegen Gotteslästerung und Verbreitung unzüchtiger Schriften angeklagt wurde, zog er - mit tatkräftiger Unterstützung des Malers Eberhard Schlotter - aus dem katholischen Kastel (an der Saar in Rheinland-Pfalz gelegen) in das protestantische Darmstadt, wo das Verfahren gegen ihn erwartungsgemäß eingestellt wurde.
1958 bis 1979:
Ende November 1958 kam es zum Umzug nach Bargfeld in Niedersachsen, dem letzten Wohnort des Dichters. Nur selten verließ Schmidt Bargfeld zu Tagesausflügen oder wegen mehrtägiger Verwandtenbesuche; eine solche Ausnahme war die Fahrt im August 1962, als er zusammen mit seiner Frau abermals nach Ost-Berlin fuhr. Im Hause Schmidt wurde am 20. August 1963 ein Schwarzweiß-Fernseher installiert, der prompt literarisch verarbeitet wurde. Nach mehrjährigen Vorarbeiten veröffentlichte Schmidt 1970 das Hauptwerk Zettels Traum. 1973 erhielt Schmidt den Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main; die Dankesrede in der Paulskirche verlas Alice Schmidt. Arno Schmidt starb am 3. Juni 1979 an den Folgen eines Gehirnschlags im Krankenhaus Celle; das Prosawerk Julia, oder die Gemälde blieb unvollendet.
Weiteres:
Arno Schmidt war nach 1945 mit Alfred Andersch, Wilhelm Michels, Eberhard Schlotter und Hans Wollschläger freundschaftlich verbunden. Er stand mit Max Bense in Kontakt, dem er in der "Gelehrtenrepublik" ein (literarisches) Reiterstandbild widmete. Er übersetzte zahlreiche Werke aus dem Englischen - zunächst zeitgenössische Romane im Auftrag verschiedener Verlage, dann Schriften von Stanislaus Joyce und schließlich Gedichte und Prosawerke von Edgar Allan Poe, einen Band mit frühen Erzählungen von William Faulkner sowie Romane von Wilkie Collins, Edward Bulwer-Lytton und James Fenimore Cooper. Kurz vor seinem Tod fand er in Jan Philipp Reemtsma einen Mäzen, der ihn 1977 finanziell mit 350.000 DM, dem Betrag des Literatur-Nobelpreises, unterstützte und ihn dadurch von materiellen Sorgen befreite. Seine Witwe, Alice Schmidt, gründete 1981 mit Jan Philipp Reemtsma die Arno Schmidt Stiftung und starb 1983 in Bargfeld unversehens. Dave Winer, der Nestor des Bloggens, ist ein Großneffe von Arno Schmidt.
Literarisches Schaffen:
Arno Schmidts Werke sind gesättigt von Alltagsdingen eines zeitgenössischen Durchschnittsbürgers der Bundesrepublik Deutschland. Seine Sprache orientiert sich dabei oft an Dialekten. Das Schriftbild wirkt auf den ersten Blick ungewöhnlich, da sich Schmidt vor allem in den späteren Werken nicht unbedingt an die Rechtschreibung des Duden hält, sondern eigene, an die Aussprache angelehnte Schreibweisen verwendet. Zugleich gibt es sehr viele Bezüge insbesondere zur deutschen und englischen Literatur, wobei dann z. B. für das Alterswerk Abend mit Goldrand (1975) so entlegene Dichtungen wie die Martina des Hugo von Langenstein (Ende 13. Jh.) handlungskonstituierend werden können. Schmidt gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller im deutschen Sprachraum nach dem Zweiten Weltkrieg; die Verbindung von traditionellem Erzählen und avantgardistischer Schreibtechnik begründet seine besondere Stellung in der deutschsprachigen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Gleichzeitig war Schmidt einer der großen Kenner der Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, speziell aus dem deutschsprachigen Raum. Sein besonderes Interesse galt Autoren, die in ihrer literarischen Qualität verkannt und/oder vergessen waren. Seine vom Süddeutschen Rundfunk produzierten Radio-Essays waren in Dialogform gebrachte Plädoyers für die Neuedition zahlreicher "unerledigter Fälle" in der Literaturgeschichte. Aufgrund dieser Anregungen entstand später die Reihe Haidnische Alterthümer.
(Quelle: Wikipedia.de / hier geht es zum Urspungsartikel / Copyright nach GNU )
Pseudonyme:
Arno Schmidt
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