Serie / Zyklus: Kantaki-Zyklus, Band 1 Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Mit Andreas Brandhorst kehrt einer jener Autoren zurück, die zu den Hochzeiten der deutschsprachigen SF über Jahre hinweg Heftromane und Taschenbücher verkaufen konnten. Er verfaßte Heftromane für den Zauberkreis-Verlag, für Terra Astra und arbeitete an der Terranauten Serie mit. Taschenbücher erschienen von ihm bei Moewig, Goldmann, Bastei, Knaur und Ullstein. Jugendbücher bei Schneider und Bertelsmann und ein Hardcover im Corian-Verlag.
Mit dem Einbruch in den Verkaufszahlen, dem Seriensterben und dem Rückzug der etablierten Verlage von ihrem SF-Engagement mußten sich viele Autoren umstellen und sich anderweitige Einnahmequellen erschließen. Bei Andreas Brandhorst kam 1984 ein Umzug nach Italien, in das Heimatland seiner zweiten Ehefrau, und danach die Geburt zweier Kinder hinzu, so dass er auf eine sichere und regelmässige Einnahmequelle angewiesen war. Das Übersetzen von Phantastikromanen stand dann über Jahre hinweg im Vordergrund.
Beim Heyne-Verlag ist es ihm nun gelungen ein neues SF-Serienkonzept unterzubringen. Bekanntlich ist der Heyne-Verlag deutschsprachiger SF nicht abgeneigt, wenn sie den schriftstellerischen Qualitätsansprüchen des Verlages entspricht. Dies muss beim dem Konzept von Andreas Brandhorst der Fall gewesen sein.
Ich kann mir zudem vorstellen, dass Heyne den SF-Reihen des Bastei-Lübbe-Verlages etwas entgegensetzen wollte. Denn dort sind mit Catherine Asaro und Jeffrey A. Carver erst vor kurzem zwei neue Autoren mit ihren SF-Reihen gestartet. Heyne scheint nun ebenfalls verstärkt auf SF-Universen mit einer unbegrenzt möglichen Anzahl an Romanen zu setzen. Neben Andreas Brandhorst ist hier John Ringo als neuer Autor zu nennen.
Andreas Brandhorst siedelt seinen Roman in die Mitte des fünften Jahrtausends an. Die Menschheit hat sich mit Hilfe der Kantaki und der Horgh über weite Teile des Spiralarms ausgebreitet und hunderte von Planentensystemen besiedelt. Die menschliche Zivilisation ist weiterhin nicht vereint, sondern gleicht einem Flickenteppich. Neben den beiden großen Wirtschaftsverbünden, dem Konsortium und der Allianz, gibt es von ihnen halbwegs unabhängige Systeme wie die spiritualistischen Kolonien, den Islamischen Buch, den Anarchischen Block, Träumerwelten, deren Bewohnt virtuelle Realitäten der tatsächlichen Wirklichkeit vorziehen, die Enklaven der Entsager, die versuchen ohne die Segnungen der modernen Technik zu leben und die Extremwelten der Neuen Menschen, die sich gentechnich haben verändern lassen.
Alle sind aber auf die beiden raumfahrenden Völker der Kantaki und der Horgh angewiesen, denn nur diese beherrschen die überlichtschnelle Raumfahrt. Während die Sprungschiffe der Horgh aufgrund von Schockwellen beim Ein- und Austritt aus dem Überraum für den Transport von Menschen nicht geeignet sind, können diese auf den Schiffen der insektoiden Kantaki problemlos reisen.
Im Mittelpunkt des vorliegenden Romans steht eine unerfüllte Liebe zwischen Valdorian, dem zukünftigen Führer des Konsortiums, und Lidia DiKastro einer Studentin der Xeno-Archäologie. Während er ihr den Platz an seiner Seite und damit eine hohe Stellung anbietet, verfolgt sie ihren Lebenstraum. Dank gewisser parapsychologischer Fähigkeiten ist sie in der Lage als Pilotin eines Kantaki-Schiffes zu fungieren. Einhergehend damit ist ein Leben außerhalb der linearen Zeit und die Möglichkeit auf ansonsten unerreichbar erscheinenden Welten nach den Überresten längst vergangener Zivilisationen zu forschen.
Unterteilt ist die Romanhandlung in zwei Erzählebenen. Auf der einen, die der Gegenwart entspricht, versucht Valdorian, der kurz vor seinem endgültigem Tod steht, Lidia, die unter dem Namen Diamant als Pilotin fungiert, zu erreichen und um Hilfe zu bitten. Die zweite betrachtet anhand von Rückblenden das Entstehen und den Verlauf ihrer Beziehung über Jahrzehnte hinweg.
Valdorian ist dabei zu allem bereit, sogar zu einem Krieg gegen die Allianz. Einem Krieg, den er letztlich nicht gewinnen kann. Einem Krieg, der ihm aber auch von einer dritten Partei, den Temporalen, eingeredet/aufgezwungen wird. Bei den Temporalen handelt es sich um ein Volk, welches nach einem tausendjährigen Krieg in die tiefe Vergangenheit verbannt wurde und ständig darauf hinarbeitet seinem Gefängnis zu entkommen. Ein Volk, welches auf das Ende des Universums, wie wir es kennen, hinarbeitet und somit zum größten Feind aller lebender Völker avancierte.
Ohne das die beiden es bemerken wird ihr Schicksal von den Temporalen beeinflußt.
Der Handlungshintergrund ist noch viel umfangreicher, als dies hier in dieser Rezension dargestellt werden kann. Andreas Brandhorst hat sein Universum sehr detailiert ausgearbeitet und nur einen Bruchteil davon in dem vorliegenden Roman eingearbeitet. Einen Eindruck davon gewinnt man durch das angehängte Glossar und die Zeittafel am Ende des Romans, die eine sinnvolle Ergänzung bilden. Hinzu kommen drei Zeichnungen von Georg Joergens, wie man sie aus den Perry Rhodan-Taschenbüchern her kennt.
DIAMANT stellt somit auch nur den Auftakt einer noch nicht bekannten Anzahl von Romanen dar, die allesamt im Kantaki-Universum spielen werden. Der zweite Roman, der den Titel Der Metamorph trägt und dessen Handlung sich nahtlos an dem vorliegenden Roman anschließen wird, ist bereits in Arbeit und vertraglich abgesichert. Sollten die Verkaufszahlen dementsprechend sein, so werden wir noch des öfteren in das von Andreas Brandhorst konzipierte Universum eintauchen können.
Bleiben wir vorerst beim vorliegenden Roman, der mir persönlich gut gefallen hat. Andreas Brandhorst bietet seinen Lesern einen ausgearbeiteten Hintergrund und läst ihm auch an seinem Universum sehr unmittelbar teilhaben. Dank der zusätzlichen Informationen, die man durchaus vor der Lektüre desselbigen lesen kann, wird der Handlungsrahmen transparenter und man kann die Geschehnisse weitaus besser einordnen. Zudem kann der Leser im Glossar immer mal wieder nachblättern, wenn ihm gewisse Begrifflichkeiten nicht geläufig erscheinen.
Dank der verschiedenen Handlungsfäden befriedigt der Autor die unterschiedlichsten Leserinteressen. Hier sei zum einen die Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptpersonen und zum anderen die kriegerische Auseinandersetzung zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken genannt. Fans der Space Opera werden ebenso bedient wie diejenigen von ausgefeilten Charakterstudien.
Dies alles ist auf einem schriftstellerischen Niveau angesiedelt, welches Vergleiche mit den Romanserien oben genannter Autoren nicht zu scheuen braucht. An Weltenentwürfe wie denen von Alastair Reynolds, Iain Banks, Dan Simmons oder China Miéville reicht Brandhorst nicht heran, aber dies habe ich zumindest auch gar nicht erwartet.
Aufgefallen sind mir zu Beginn des Romans einige Doppellungen von Beschreibungen oder Handlungsszenen. Ich hatte bei der Lektüre in den ersten Abschnitten des öfteren das Gefühl diese Passage so oder so ähnlich schon einmal gelesen zu haben.
Andreas Brandhorst bietet gute Unterhaltung auf überdurchschnittlichem Niveau und sein Konzept ist zurecht bei einem der großen Taschenbuchverlage gelandet.
Diamant - Rezensionsübersicht
Eine Übersicht der Serie gibt es auf der Autorenseite.
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