Titel: Spin Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Als deutschsprachiger SF-Leser freut man sich immer wieder, wenn Werke wie das vorliegende kurz nach ihrer Erstveröffentlichung im englischsprachigem Raum in deutschsprachiger Übersetzung erscheinen und es sich einmal nicht um Teile von Zyklen oder Romane, deren Handlung auf Spielewelten beruht, handelt. Dem verantwortlichem Redakteur Sascha Mamczak gebührt Dank dafür, dass trotz aller betriebswirtschaftlichen Zwänge Autoren wie Robert Charles Wilson hierzulande noch veröffentlicht werden. Bereits mit seinem Roman "Die Chronolithen", der im letzten Jahr bei Heyne erschien, konnte Wilson seine Leser überzeugen. Der vorliegende wird durchweg vom Gesamtniveau her höher eingeschätzt und erhält allgemeines Lob in den einschlägigen SF-Foren. Dabei erinnert die Grundstory an die aus "Die Chronolithen". Die Menschheit wird mit einem Male mit der Tatsache konfrontiert, dass ein Schirm den Planeten Erde vollständig umhüllt. Kein Sternenlicht dringt mehr durch. Lediglich die Sonne zieht weiterhin ihre Bahn. Ganze Wirtschaftsbereiche wie die Weltraumindustrie erleiden schweren wirtschaftlichen schaden. Eine Welle der Panik schwappt über die Erde und die Suche nach den Verursachern und dem "warum" beginnt.
Darum dreht sich letztlich alles in "SPIN" und am Ende erhält der Leser auch eine befriedigende Antwort, die der SF-Thematik wirklich würdig ist.
Eingebettet ist diese allerdings in eine Dreierbeziehung zwischen Jason und Diane Lawton und Tyler Dupree, die als Kinder die Verdunkelung des Sternenhimmels beiwohnten. Jason und Diane sind Zwillinge, die in behüteten Verhältnissen aufwachsen. Während ihre Mutter nach der Heirat ihren Arztberuf aufgegeben und mittlerweile trunksüchtig ist, zählt ihr Vater zu den Gewinnern der Ereignisse. Seine Firma verfügt über das know-how für Ballone, die bis in die oberen Schichten der Atmosphäre eindringen und da die Satellitentechnik versagt steigt seine Firma unaufhaltsam auf.
Tyler Dupree hingegen wohnt mit seiner Mutter in einem kleinen Haus am Rande des großen Grundstücks der Lawtons und macht diesen den Haushalt. Da Tyler fast gleich alt ist, sind die Zwillinge und er ständig zusammen.
Anhand der Schicksale dieser Figuren spinnt Wilson seine Geschichte über einige Jahrzehnte hinweg. Jahrzehnte in diesen aus Kindern erwachsene Menschen werden, die allesamt ihren eigenen Weg gehen, voneinander aber nicht loskommen. Jahrzehnte in denen die Menschheit herausfindet, dass die Erde in eine Zeitblase gefangen ist und die Zeit außerhalb Millionen Mal schneller verläuft. Ein Abschalten des Schirmes würde also innerhalb kürzester Zeit den Tod allen Lebens auf der Erde bedeuten.
Wilson nimmt sich diesmal reichlich Raum, um seine Figuren zu entwickeln und die Story mit all ihren Wendungen zu erzählen. Seine Figuren verfügen über eine charakterliche Tiefe, die nur sehr selten in SF-Werken vorzufinden ist.
Wie bereits in "Die Chronolithen" könnte man auch "SPIN" als einen Gesellschaftsroman, bei dem die Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren im Vordergrund stehen, betrachten. Ohne die SF-Elemente hätte Wilson einen lesenswerten Mainstream Roman verfasst, dem wohl kein Phantastikfan seine Aufmerksamkeit gewidmet hätte. Umso mehr hat dieser Roman die Aufmerksamkeit der SF-Leserschaft verdient, damit auch in Zukunft anspruchsvolle SF-Titel hierzulande erscheinen.
Rupert Schwarz' Rezension zu Band 2: Axis