Serie / Zyklus: Spin, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Mehrere Jahrzehnte nach den Ereignissen um die Abschirmung der Erde durch die so genannten Hypothetischen hat sich die Lage auf der Erde weitestgehend normalisiert. Durch den Bogen im Pazifik gelangte man auf eine neue Welt, die trotz vieler Versuche, ihr einen Namen zu geben, immer noch "Neue Welt" heißt. Dort fanden Menschen ausreichende Bedingungen vor und die Besiedelung der Welt ist im vollen Gange. Auf dieser Welt hat man einen weiteren Bogen gefunden, doch die Welt dahinter ist noch unwirtlicher und auch die, die dieser folgte. Die Menschheit wurde an eine ganze Reihe von Welten sequentiell angeschlossen, doch zunächst ist nur die eine bewohnbar. Lise Adams und der Glückjäger Turk werden durch die Nachforschungen nach Lises Vater in eine gefährliche Sache verstrickt: Sogenannte Vierte, Menschen, die mit Alien-DNA behandelt und langlebiger wurden, haben ein Kind gezeugt, das schon vor der Geburt mit dieser DNA gekreuzt wurde. Das Kind soll der Schlüssel für viele Fragen werden. Es soll Kontakt zu den Hypothetischen aufnehmen, über die man, der Name sagt es, nichts weiß. Und doch verfügt diese ungreifbare Macht über schier unbegrenzte Möglichkeiten. Dann, kurz vor dem Durchbruch des Experiments, taucht die "Genomische Sicherheit" auf, eine geheimdienstartige Organisation, die eben solche Experimente mit menschlichen Genen verhindern soll. Dann jedoch beginnt der Ascheregen, und in der Wüste erblühen Blumen auf Kristallen und künstliches Leben bevölkert wie Eintagsfliegen die Einöden.
Um es vorweg zu nehmen: Nur ansatzweise wird Robert Charles Wilson den zugegebenermaßen hohen Erwartungen gerecht. Der Leser hatte sich eine etwas weiter reichende Geschichte gewünscht, aber Wilson lässt sich bis zum Schluss nicht in die Karten schauen und spielt auf Zeit. Das ist eines jener unglücklichen zweiten Bücher einer Trilogie oder eines Zyklus: Die Handlung schreitet nicht recht voran, und zu vieles wird in die Fortsetzung geschoben. So bleibt ein Roman zurück, der über weite Strecken so dahinplätschert. Erst zum Ende hin nimmt die Geschichte an Fahrt auf und der Leser erhält ein paar Antworten, die ihn aber lediglich bis zum dritten Band des Gesamtwerks bei Laune halten sollen. Es wäre besser gewesen, der Autor hätte in einer deutlich kompakteren Weise geschrieben und alles in einen zweiten Roman gepackt.
Doch es gibt auch Bereiche, in denen der Autor punkten konnte. Die Beschreibung des Ascheregens, die Entstehung verschiedenster Dinge auf dem Regen sowie die Interaktion mit dem Kind der Vierten ist sehr phantasievoll und interessant beschrieben. In diesen Passagen lässt der Autor die Grundstimmung von Spin wieder auferstehen - der Mensch, ohnmächtig gegenüber Ereignissen, die er nicht erklären kann. Darin erinnert Robert Charles Wilson an so wunderbare Klassiker wie "Picknick am Wegesrand" von den Strugatzkis oder "Kristallwelt" von Ballard. Insgesamt jedoch wäre mehr möglich gewesen, wenn der Autor nicht so zögerlich mit seinen Geheimnissen umgegangen wären und zu lange um den heißen Brei herum geredet hätte. Schade, es wäre möglich gewesen, den Erfolg von Spin zu wiederholen.
6 von 10 Punkten
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