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John Clute dürfte den einen oder anderen SF-Leser bekannt vorkommen. Nicht als Autor von phantastischen Kurzgeschichten und Romanen, denn mit "Appleseed" verfaßte er seinen ersten Roman, sondern als langjähriger Beobachter und Kritiker der phantastischen Literaturszene Englands und den USA. Einige seiner Beiträge sind unter www.alien-contact.de in der Rubrik "Gefährlich Ehrlich" zu finden.
Im Jahre 1996 erschien im Heyne-Verlag die von ihm verfaßte "Illustrierte Enzyklopädie der SF". Eines der wenigen Sekundärwerke über SF, dass eine deutschsprachige Übersetzung erlebte.
Die Handlung seines Romans hat John Clute ca. 3000 Jahre in die Zukunft angesiedelt. Die Menschen haben sich über weite Teile der Galaxis ausgebreitet und wurden in die Gemeinschaft der galaktischen Völker aufgenommen. Die Überwindung der Lichtgeschwindigkeit gehört wie ein tiefgehendes Verständnis für Nano- und Klontechnologie zu den Elementen des Romans. Der wissenschaftliche Fortschritt ist auf allen Gebieten in für uns unvorstellbare Bereiche vorgedrungen.
Nathaniel Freer ist Inhaber und alleinige Besitzer eines unabhängigen Handels- und Transportunternehmens, welches über ein einziges Raumschiff verfügt. Die Fliesentanz stellt ein Artefakt dar. Ein Raumschiff aus einer längst vergangenen Zeit und mit einer dementsprechenden längst nicht mehr benutzten Technik. Auf oder besser in dem Planeten Schanzer angekommen, erhält Freer seine neue Fracht in Gestalt von Materie-Compiler, die er zum Planeten Eolxhir bringen soll. Aus Sicht von Freer ein ganz gewöhnlicher Auftrag, hinter dem sich aber weitaus mehr verbirgt.
Auf die weiteren Geschehnisse dieses Romans möchte ich gar nicht eingehen, denn diese stellen durchaus kein ungewöhnliches Szenario dar. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn der eine oder andere Leser, dessen Rezi ich bei amazon zu diesem Roman gelesen habe, durchaus zurecht eine gewisse Handlungsarmut (manche drücken es wesentlich drastischer aus) beklagen.
Wesentlich wichtiger erscheint die Sprache und der Stil des Romans, der von seinem Leser wirklich einiges abverlangt. Durch das Backcover sollte sich niemand täuschen lassen, denn es erwartet einem ein stilistisch sehr anspruchsvoller Text, der sich einem nicht immer sofort erschließt und wo ein Blick ins Fremdwörterlexikon durchaus hilfreich sein kann. Aus meiner Sicht handelt es sich bei "Sternentanz" definitiv nicht um einen Roman, den man im Zug auf dem Weg zur Arbeit lesen sollte. Dafür erfordert der Text einfach zuviel Konzentration.
John Clute, der über Jahrzehnte bereits die Werke anderer Autoren kritisiert und zu den fundiertesten Kennern der SF zu zählen ist, hat an seinem Erstlingswerk einen sehr hohen Anspruch angelegt, dem er durchaus gerecht wird. Er, der genau wissen dürfte, welche Art von SF sich gerade am besten verkaufen läst und der somit durchaus in der Lage gewesen wäre eine überaus verkaufsträchtigen Roman zu verfassen, handelt wieder allen Marktgesetzen und verfaßt ein Werk, welches den jugendlichen SF-Leser überfordern dürfte. Er verbindet eine einfache Handlung mit stilistischen Elementen, die jenseits von dem liegen was William Gibson, Dan Simmons oder Iain Banks ihren Lesern in ihren besten Romanen geboten haben. Auch auf sprachlicher Ebene bietet der Roman eine Mischung von umgangssprachlichen Ausdrücken, mittelalterlich anmutenten Elementen und unverblümt erotischem Vokabular.
Zum Ende des Romans hin scheint es so als wenn der Autor ein wenig Einsehen mit dem "Leiden" seiner Leser gehabt hätte. Hier fügen sich die bislang zusammenhanglos erscheinenden Handlungsfäden zu einem Ganzen und auch Sprache und Stil werden einfacher verständlich.
Sternentanz - Rezension von Erik Schreiber