| Serie/Zyklus: ~ Autor: Philip K. Dick Verlag und Studio für Hörbuchproduktionen Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz. |
Im Zuge der Veröffentlichung von Paycheck und Minority Report brachte der Harper Verlag (USA) eine Collection von 5 Kurzgeschichten auf den Markt. Diese waren die Grundlagen für Total Recall, Minority Report, Paycheck und Screamers. Es ist sicherlich interessant zu erfahren, wie die ursprünglichen Kurzgeschichten sich von den Filmen abgrenzen. Ich werde im Verlauf die kompletten Inhalte beschreiben, da es wohl von Interesse ist, wie stark man sich an der Vorlage orientiert hat. Wer also die Geschichten noch lesen möchte, sollte vorsichtig sein.
Minority Report:
Die Geschichte ist ein deutliches Stück komplexer als die Handlung des Films. Zu Beginn läuft alles genauso ab wie im Film. John Anderton war allerdings kein Mitarbeiter von Pre-Crime, sondern der Gründer und der Chef. Pre-Crime war ebenso erfolgreich wie im Film - der letzte Mord wurde vor vielen Jahren begangen und seitdem wurde jeder Versuch vereitelt. Anderton denkt bereits daran, in den Ruhestand zu gehen, doch dann findet sich sein eigener Name auf der Karte eines zukünftigen Mörders. Verstört vermutet er eine Intrige und bald stellt sich heraus, dass sein Opfer, ein ehemaliger General, sich ein Scheitern von Pre-Crime wünscht, denn eine destabilisiertere Welt böte mehr Raum für das Militär (Dick hatte offensichtlich eine sehr, sehr schlechte Meinung vom Militär).
Anderton versucht, den dritten Report zu bekommen, der im Gegensatz zu den anderen Reports belegt, dass er kein Mörder sei. Dieser besagt, dass Anderton, von seinem künftigen Mord wissend, sich entscheiden würde, den Mord nicht zu verüben. Sein Oper, der General, will dies nun nutzen, um Pre-Crime zu diskreditieren. Anderton seinerseits erkennt dies und beschließt, den Mord nun doch zu begehen, denn dies ist die einzige Möglichkeit, Pre-Crime zu retten. In der Schlussszene stehen der General und Anderton vor der Presse und während dieser noch den Reportern erzählt, das Pre-Crime nicht funktioniert, zieht Anderton die Pistole. Kurz vor seinem Tod blickt der General auf die beiden Majority Reports (also jene Reports, die den Mord prophezeiten) und erkennt, dass beide unterschiedlich sind und tatsächlich drei Minority Reports vorliegen. Der erste besagt, dass Anderton den General umbringen wird. Der zweite besagt, dass Anderton sich aufgrund seines Wissens dagegen entscheidet, und der dritte, dass er sich bewusst für den Mord entscheidet, um Pre-Crime zu retten.
Die Geschichte ist schlichtweg genial. Besser kann man eine Kurzgeschichte nicht verfassen. Nur schade, dass man im Film das Thema wesentlich einfacher behandelt hat.
We Can Remember It For You Wholesale:
Diese Geschichte war die Grundlage zu Total Recall, zumindest wird das immer gesagt. Tatsächlich war dies aber nur die Grundlage für den Beginn des Films. Es wird erzählt, wie Douglas Quaid, vom Planeten Mars richtiggehend besessen, zu Recall Inc. geht und eine virtuelle Reise zum Mars machen möchte. Er soll als Agent dort das Abenteuer seines Lebens erleben. Tatsächlich stellt sich aber während seiner Gedächtnismanipulation heraus, dass er Agent ist, schon auf dem Mars war und seine Phantasie bereits erlebte.
Im Verlauf erhält er Kontakt zu Regierungsvertretern, die ihn verfolgten, und erfährt, dass sein Wissen geheim bleiben muss, wenn alles, was er auf dem Mars erreicht hat, erhalten bleiben soll. Am Ende willigt Quaid ein, dass seine Erinnerungen erneut manipuliert werden, doch er sucht sich ein Szenario aus, das ihm gefällt. Die Welt soll er alleine von Außerirdischen gerettet haben, und solange er lebt, bleibt die Erde verschont - das hätten ihm die Aliens versprochen. Das würde ihn zum wichtigsten Menschen der Erde machen. Doch bei der Implantation der Erinnerungen geht wieder etwas schief, denn wiederum ist dies eine Erinnerung, die Quaid bereits durchlebt hat.
Die Geschichte hat ein recht witziges, überraschendes Ende. Doch es ist vollkommen unverständlich, warum man daraus einen Film machen wollte, denn so viel gibt diese Kurzgeschichte bei weitem nicht her. Aber gut, der Film hat am Ende eine schöne Geschichte mit interessanten Wendungen geboten, die teilweise durchaus aus der Feder Philip K. Dicks hätten stammen können.
Paycheck:
Von allen Adaptionen wurde bei Paycheck am wenigsten geändert. Michael Jennings wacht nach einer Gedächtnisbehandlung auf und zwei Jahre Tätigkeit für seinen Auftraggeber sind wegen der Geheimhaltung wieder gelöscht worden. Doch als er den Scheck für seine geleistete Arbeit abholen will, erhält er einen Umschlag mit acht kleinen Gegenständen. Er selbst, so ein Formular, habe in den Tausch gegen das Geld eingewilligt. Doch diese Kleinode helfen ihm auf wundersame Weise. Schnell festigt sich der Verdacht, dass er an einer Maschine gearbeitet haben muss, die es ermöglichte, in die Zukunft zu blicken.
Zum Ende hin unterscheidet sich die Geschichte stärker vom Film. Jennings will in die Firma zurück, damit er vor den Nachstellungen des Geheimdienstes sicher ist. Jennings will erreichen, dass er als Partner in die Firma einsteigt. Im Film wollte Jennings die Maschine vernichten, da das Wissen um eine negative Zukunft die Menschheit lähmen würde. In der Kurzgeschichte verfolgt er nur eigene Interessen.
Die Geschichte fällt, einmal durch den actionüberladenen Schluss des Films, hinter die Leinwandadaption zurück. Zu sehr reflektierte Dick die Zustände der eigenen Zeit. Die Welt, die Dick beschreibt, ist die des kalten Krieges und der Visionen eines totalitären Staats. Menschen sind nur Spielfiguren im großen Spiel der Macht, das ausgetragen wird zwischen dem Staat und den großen Unternehmen. Doch Dick konzentriert sich zu stark auf die Beschreibungen dieser Welt, sodass die Story etwas links liegen bleibt. Insgesamt ist die Geschichte aber dennoch eine sehr, sehr interessante Idee.
Second Variety:
Nach einem atomaren Krieg mit der Sowjetunion ist die Welt am Ende. In Europa bekriegen sich noch immer die Reste der Armeen der beiden Supermächte und kämpfen um etwas, das keinen Wert mehr hat, denn alles ist verbrannt oder liegt in Trümmern. Nun begannen die Amerikaner, von eigenständig arbeitenden Fabriken Maschinen bauen zu lassen, die die russischen Soldaten angreifen, die amerikanischen aber nicht. Im Laufe der Zeit perfektionieren die Fabriken ihre Roboter und reiben am Ende die russischen Frontlinien auf, die kurz davor waren, die Amerikaner zu besiegen. Doch dann geht alles schief. Die neuesten Modelle sehen aus wie Menschen und unterlaufen die menschlichen Sicherheitsvorkehrungen. Und nun beschränken sich die Maschinen nicht mehr nur auf die Russen, sondern greifen alle Menschen an. Die Menschheit muss um den eigenen Fortbestand kämpfen.
Die Geschichte wurde in den Film Screamers übertragen. Leider kenne ich diesen nun nicht, aber was man so liest, weist auf eine sehr orginalgetreue Verfilmung hin. Eigentlich erinnert das Ganze doch stark an Terminator. Roboter in Menschengestalt, die unerbittlich alles Leben verfolgen und am Ende sich vollständig menschliche Gestalt geben, um sich einzuschleichen und großen Schaden anzurichten. Die ganze Geschichte jedoch beweist, dass nicht alles von Dick gut ist. Die Kurzgeschichte ist so was von vorhersehbar, dass es weh tut. Dies ist sicherlich nicht der große Wurf von Dick.
The Eyes Have It:
Dieser kurze Text, auf der CD nur 5 Minuten lang, beschreibt eine autobiographische Erzählung, in der Dick eine Begegnung mit Außerirdischen beschreibt. Alles in allem kein sonderlich gutes Werk. Warum dieser Text seinen Platz auf diesem Hörbuch gefunden hat, bleibt unerklärt.
Philip K. Dick hat großartige Kurzgeschichten verfasst, die einen auch nach Beendigung des Textes noch beschäftigen. Allerdings sind die Stoffe nicht immer ideal zur Verfilmung geeignet. Manchmal gelang es besser und manchmal weniger. Auf jeden Fall war Dick ein Visionär dunkler Zukünfte. Ob Pessimist oder Warner - es steht jedem frei, Dick selbst eine dieser beiden Rollen zuzuordnen.