Titel: Lichtspur Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Major Catherine Li ist eine der engagiertesten Mitarbeiterinnen, die die UNO-Friedenstruppen je hatten. Um zu ihren jeweiligen Einsatzgebieten zu gelangen, muss sie zwischen den besiedelten Planeten mit Raumfahrzeugen fliegen. Ein Grund dafür ist der ökologische Niedergang der Erde. Aus diesem Grund hat ein großer Teil der Menschheit den Planeten verlassen, um sich auf Raumstationen und anderen Planeten ein neues Leben aufzubauen. Um natürlich die gleichen Fehler wieder zu machen. Der politische Hintergrund wird dürftig erhellt, fehlt in der eigentlichen Handlung und sorgt für Lücken in Chris Moriartys Welt. Die UNO stellt die Regierung der Menschen. Die Regierung steht auf der einen Seite dem organisierten Verbrechen gegenüber in Form von Klonkonstrukten, auf der anderen Seite sind die künstlichen Intelligenzen, die sich immer mehr im Leben der Menschen breit machen und so wichtig geworden sind, dass man sie nicht vernichten kann. Ihnen gelingt es, sich in einem unabhängigen virtuellen Raum, dem Cyberspace, zu entwickeln, ohne dass der Mensch in irgendeiner Form eingreifen kann. Durch Menschen, die sich elektrotechnische Spielereien in den Körper einpflanzen lassen, können die KI mit anderen Menschen in Kontakt treten, indem sie den vermittelnden Menschen übernehmen.
Die Raumreisen und Sprünge - kennt man von alten Perry-Rhodan-Romanen - macht ein seltsamer und nicht ganz erforschter Kristall möglich, der ein wenig dem Technikuniversum der Autorin widerspricht. Der Abbauplanet ist die Welt Compson, die natürlich wie Dune von Frank Herbert im Mittelpunkt aller Interessen liegt.
Die Raumschiffe unternehmen die Reisen mittels Lichtgeschwindigkeit und sogenannten Sprüngen zwischen den Start- und Zielpunkten. Der Nachteil dabei ist, dass jedes Mal das Gedächtnis verloren wird und mühsam wieder hergestellt werden muss. Aber Lis Pflichtgefühl lässt ihr gar keine andere Wahl. Je gefährlicher und aufregender ihre Missionen sind, umso eifriger stürzt sie sich in das vor ihr liegende Abenteuer. Um ihren Auftrag möglichst erfolgreich umzusetzen und zu beenden, hat sie ihren Körper biomechanisch aufgemotzt. Catherine Li ist nicht nur stärker und schneller als normale Menschen, sie ist zudem mit den besten Interfaces ausgerüstet, die auf dem Markt zu haben sind, um mit den künstlichen Intelligenzen Zwiesprache halten zu können.
Ihre eigene Herkunft liegt etwas im Dunkeln. Sie entstand als ein genetisches Konstrukt, wurde mit genetischen Veränderungen menschlicher gemacht und floh mit einer neuen Identität von ihrem Heimatplaneten. Sie stammt aus dem Machtbereich, in dem die genetischen Konstrukte herrschen. Diese hatten einen Krieg gegen ihre Schöpfer angezettelt, um unabhängig zu werden, menschlicher behandelt zu werden. Sie sind bereit, auch ohne Anerkennung der Menschen ihren Machtbereich weiter auszudehnen. Nach einem Krieg besteht zwischen den beiden Parteien ein Gleichstand im Kräfteverhältnis. Verhandlungen gibt es keine mehr und Informationsaustausch und Warenhandel finden nur im rechtsfreien Raum statt. Catherine Li arbeitet nun aber für die Menschen. Sollte man dort erfahren, dass sie ein Konstrukt ist, würde das Arbeitsverhältnis drastisch gelöst. Dabei sind doch die Konstrukte die besseren Menschen geworden. Zumindest genetisch. Und jeder Mensch, der einen genetischen Defekt sein Eigen nennt, macht das nicht lange, weil er ausgesondert wird.
Ihr neuer Auftrag führt Catherine Li nach Compson. Die berühmte Physikerin Hannah Sharifi, nebenbei Catherines Halb-Schwester-Klon und führend auf dem Gebiet der Echtzeitkommunikation, kam unter mysteriösen Umständen ums Leben. Die Entwicklerin des Quantumantriebs hatte auf dem Förderplaneten geheime Forschungen durchgeführt. Li erkennt bald: Ein Grubenbrand war nötig, um den Mord zu vertuschen. Scheinbar hat die UNO, ihr Auftraggeber, doch recht mit der nötigen Untersuchung. Jetzt gilt es, Sharifis gut versteckte Forschungsergebnisse zu finden. Von den Ergebnissen hängt sicherlich ab, ob wieder ein Krieg zwischen dem Syndikat der Klone und den Menschen ansteht. Li kommt zu der Erkenntnis: Wenn die Ergebnisse so wichtig sind, wird ihr Mörder weiterhin danach suchen, so wie sie. Gleichzeitig nimmt die Gefahr zu, ein schnelles Ableben in Betracht ziehen zu müssen, wenn Sharifis Mörder es für nötig erachtet, Li ebenfalls umzubringen. Chris Moriarty bietet jetzt eine Menge zwielichtiger Gestalten auf, um den Leser zu verwirren. Ich fürchte, vor allem bei ihr selbst ist es ihr gelungen. Im Vordergrund steht sicherlich der Minenboss Hauss der Anaconda Mining Company. Auf der Höllenwelt Compson lässt er Menschen mit Hammer und Schaufel arbeiten, um die eingangs erwähnten Kristalle abzubauen. Warum, so muss sich die Autorin die Frage gefallen lassen, werden auf diesem Planeten in ihrer hochtechnisierten Welt immer noch menschliche Arbeitskräfte eingesetzt? Maschinen wäre in jedem Fall erfolgreicher. Hauss arbeitet nicht nur für die Company, sondern auch für die eigene Tasche.
Dies ist der Anfang eines Science-Fiction-Krimis. Personen kommen und gehen, ebenso die Zahl der Verdächtigen. Undurchsichtig bleibt alles. Die Lektüre ist nicht einfach und verlangt viel vom Leser. Vor allem Toleranz.
Der Roman ist für einen alten Cyberpunk-Fan wie mich sicher fesselnd. Die Ausflüge zu den Künstlichen Intelligenzen und in den virtuellen Raum sind etwas, das für mich persönlich den Roman positiv aus der Vielzahl anderer Romane heraushebt. Auch die Liebesgeschichte zur KI Cohen ist gelungen, erinnert aber dann sehr an Philip K. Dick und seinen Blade Runner. Wie überhaupt vieles an Dicks Welten erinnert. Was mir nicht so gefallen hat, war der Schreibstil. Er wirkte holprig, unfertig, ungelenk. Zwar hat sie bereits etliche Kurzgeschichten geschrieben und auch der Nachfolger "Lichtjagd" ist fertig, doch erscheint mir noch ein wenig Stilkunde von Nöten. Der gelegentliche Leser phantastischer Literatur wird mit dem Roman nicht viel anfangen können. Es gibt eindeutig zu viel Technik, die nur angerissen wird, aber nicht richtig erklärt. Da hilft das angegliederte Glossar mit den Erklärungen und den Literaturhinweisen wenig. Wenn ich unterhalten werden will, lege ich mir kein wissenschaftliches Werk daneben, um die Technik der Autorin erklären zu können. Wenn die Autorin das nicht schafft, hat sie ihr Ziel verfehlt.