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Reihe: Dean Koontz Frankenstein, Band 1 ( weitere Rezensionen von Thomas Backus auf fictionfantasy findet man hier – besucht auch seinen Blog: Absurdes & Phantastisches )
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Bei Frankenstein denkt man vor allen Dingen an die Filme mit Boris Karloff. Seine Gesicht (okay, seine Maske), prägt das Bild, das man von Frankenstein hat. Wobei viele vergessen, dass Frankenstein der Wissenschaftler war, und nicht das namenlose Monster.
Alles begann mit einem Roman von Mary Shelly Wollenstein.
Ich dachte, das Thema sei ausgelutscht. Nach unzähligen Verfilmungen mutierte das Frankensteinmonster mehr und mehr zu einer Karikatur, die ihr Abbild in Herman Munster fand. Aber soviel zu Anfang: Ich habe mich geirrt – und wie ich mich geirrt habe!
Das Frankenstein-Monster hat Frieden gesucht und in einem tibetischen Kloster auch gefunden. Es ist nun nicht mehr das namenlose Ding, es nennt sich nun Deucalion (Der Sohn des Prometheus – und Shellys Roman hatte den Untertitel Der moderne Prometheus).
Nun erreicht ihn die Nachricht, dass sein Widersacher noch lebt.
Sein Widersacher, das ist natürlich Victor Frankenstein, der sich nun Victor Helios nennt. in Er betreibt in New Orleans eine Unternehmen namens Biovision, wobei dieses Unternehmen nur die Spitze eines riesigen Eisberges darstellt, hinter dem sich der Plan verbirgt, die unvollkommene Menschheit durch eine Neue Rasse zu ersetzen. Die Revolution ist bereits geplant, seine neuen Geschöpfe werden nun nicht mehr aus Leichenteilen zusammengenäht, sondern in Massen in Tanks herangezüchtet. Wobei die Gesellschaft aber schon infiltriert wird.
Neben dem großen Plan nimmt sich Victor nebenbei noch Zeit für einige Experimente. Und he, dabei bleibt einem oft die Spucke weg.
Soweit der Background. Nun zur aktuellen Geschichte. Ein Serienmörder geht um in New Orleans. Er tötet Frauen und nimmt sich als Souvenir Körperteile mit.
Die Morde sind so bizarr, dass man das Dreamteam der Mordkommission auf seine Spuren hetzt: Detective Carson O’Connor (eine Art Dirty Harriet) und ihr Partner Michael Maddison (der sich für einen Witzbold hält). Die beiden stehen kurz vor einer Affäre, wollen sich jedoch nicht darauf einlassen, weil das in ihrem gefährlichen Job unverantwortlich wäre.
Obwohl sie ein echt harter Knochen ist, kümmert sie sich um ihren autistischen Bruder, der im späteren Verlauf der Geschichte noch eine größere Rolle spielen wird.
Tja, jetzt muss ich einen Spoileralarm aussprechen. Ich habe nicht vor, die gesamte Geschichte darzulegen, aber ich möchte gerne einige der Charaktere näher beleuchten. Wer sich sicher ist, dass er das Buch lesen möchte, der sollte jetzt gier nicht weiterlesen!
Victor Frankenstein ist in dieser Trilogie der große Visionär. Er verachtet die Menschheit. Er ist mitten dabei, eine Neue Rasse zu erschaffen. Wesen, die er körperlich verbessert hat (u. a. zwei Herzen, bessere Reflexe, größere Kraft, ein Schmerzempfinden, das man ausschalten kann). Zugleich ist er der uneingeschränkte Boss (alle seine Geschöpfe haben eine Sperre implantiert und können ihren Schöpfer weder hintergehen, noch ihn angreifen). Er kommt gar nicht auf den Gedanken, dass seine Befehle hinterfragt werden könnten (was noch eine große Rolle spielen wird). Und im Ehebett ist Frankenstein ein echtes Monster.
Exakt auf seine Bedürfnisse zugeschnitten hat sich Frankenstein Erika erschaffen. Erika vier, um genau zu sein. Der gute Victor ist nämlich immer noch auf der Suche nach der perfekten Frau.
Erika vier ist eine perfekte Gastgeberin, wenngleich sie sich schon mal in der Wahl des Weines vertut. Aber sie ist willig, sich zu bessern. Schließlich wartet Erika fünf bereits im Tank auf ihren Einsatz.
Wie alle der Neuen Rasse ist Erika vier mit einem robusten Körper und enormen Selbstheilungskräften ausgestattet. Die braucht sie auch, denn wenn Victor seine ehelichen Bedürfnisse stillt, geht es heftig zu. Um das auszukosten darf sie ihr Schmerzempfinden natürlich nicht abstellen – und außerdem gestattet er ihr Scham und Demut, damit sie seine Bemühungen auch zu schätzen weiß. Das jedoch, in Verbindung mit ihrer Vorliebe für romantische Literatur wird noch eine Wendung nehmen, die der Schöpfer nicht vorausgesehen hat.
Der Killer Nummer 1 ist ein schpöner Mann, der auf eine ausgewogene Ernährung und ein ausgeprägtes Sportprogramm steht. In seiner Jugend wollte er die Welt zu einem schöneren ort machen, indem er alle hässlichen Menschen tötete. Am liebsten, nachdem er ihnen sachlich erläutert hat, warum sie sterben mussten, und dass dieser Akt nun wahrlich nichts persönliches darstellte. Nun hat er aber gemerkt, dass es zu viel Hässliches auf der Welt gibt, und so hat er beschlossen, eine perfekte Frau zusammenzustellen. Deswegen tötet er nur ganz besondere Frauen. Der Hände wegen, oder ihrer schönen Augen. Die werden dann in hochwertige Tupperware eingeschlossen und eingefroren. Doch dann hat er seine Frau komplett...
Dem Killer Nummer 2 fehlt irgendetwas zum Glücklichsein (eine Umstand, der alle Geschöpfe der Neuen Rasse plagt – insbesondere, weil sie ihrem sinnlosen Leben selbst kein Ende bereiten können). Er tötet also Menschen, um sie aufzuschneiden. Durch vergleichende Anatomie sollte er schon finden, was ihm fehlt, um glücklich zu sein...
Eine sehr kleine Rolle spielt ein Mitglied der Neuen Rasse, der einen Geistlichen ersetzt hat. Er fragt sich, ob Gottes Gesetze auch für sie gilt, da sie ja nicht zu Gottes Kindern zählen, und sie demnach auch keine unsterbliche Seele besitzen. Und die theologischen Diskussionen dieses verwirrten Geschöpfes haben etwas an sich, das mich sehr nachdenklich machte!
Okay, es gibt noch Karloff. Der ist eines der Experimente des Doktors. Sein Kopf, und viel mehr ist er nicht) schwimmt in einer Nährlösung. Doch vielleicht steckt mehr in ihm, als man meint. Frankenstein möchte, dass er auf telepathischem Weg mit einer ebenfalls körperlosen hand interagiert...
Ein weiteres Experiment Randolf sechs. Den hat sein Schöpfer als Autist geschaffen. Denn wenn er ins einer eigenen, abgeschlossenen Welt lebt, kann ihn nichts von der Arbeit ablenken. Da Fleisch billig ist, findet Frankenstein die Vorstellung von menschlichen Robotern (er plant, später die Ernährung komplett durch ein Schlauchsystem zu gewährleisten, ebenso die Entsorgung der Stoffwechselendprodukte) äußerst interessant.
Randalf sechs hat so seine Probleme. So ziemlich alles jagt ihm Angst ein. Doch eines Tages sieht er einen Bericht in einer Zeitung, mit einem Bild von einem autistischen Jungen. Das ist Arnie, O‘Connors Bruder, der glücklich in die Kamera lächelt. Randalf sechs war noch nie glücklich, und so macht er sich auf, dem Jungen das Geheimnis des Glücks zu entreißen...
Damit endet das erste Buch. Spoilerende.
Koontz Frankenstein hat nicht mehr viel mit Shellys Vorlage zu tun, obwohl er sich hervorragend darauf bezieht. Ein weiteres Buch hat einen deutlichen Einfluss auf den Inhalt gehabt: Invasion of the Body Snatchers (die Filme Die Dämonischen und Die Körperfresser kommen werden mehrfach erwähnt!). Allerdings gelingt es dem Autor selbst diese beängstigende Zukunftsvision zu übertreffen. Weit zu übertreffen.
Ursprünglich hat Dean Koontz das Konzept für eine Fernsehserie entwickelt. Als die Verantwortlichen von USA Network zu viele Veränderungen vornahmen, distanzierte er sich davon und veröffentlichte sie als Buch. Zu unserem Glück!
Ursprünglich eine Trilogie, die sich nun jedoch schon auf einen Umfang von fünf Bänden angewachsen ist:
1. Das Gesicht
2. Das Gesicht
3. Der Schatten
4. Der Schöpfer
5. Die tote Stadt (noch nicht erschienen)