Serie / Zyklus: Star Rigger Universe, Band 6 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Olejok |
Jeffry A. Carver, ein Autor, der in der Szene nicht gerade den Ruf eines exzellenten Stilisten besitzt und mit seinem jüngst bei Heyne neu erschienenen Doppelband Im Hyperraum neue Maßstäbe im Bereich Langeweile gesetzt hat, beweist mit seinem neuesten Roman, daß er es doch noch kann. Auch wenn es nicht gerade ein innovatives Werk geworden ist, besitzt die Story doch soviel Substanz, um das wichtigste Kriterium eines SF-Romanes zu erfüllen - fantastische Unterhaltung.
Vier Jahre schrieb Carver an dieser Geschichte... und man merkt es dem Roman an. Gut ausgearbeitet, mit einer Geschichte gewürzt, die den Spannungsbogen stetig aufrecht erhält und mit Protagonisten ausgestattet, die weder zu flach, noch zu aufdringlich ihre Rolle in der Story spielen. In seinem Vorwort erzählt der Autor, wie oft er Teile der Story umgeschrieben hat, weil "sein" Lesezirkel, der Teile des Romans vorab las, ihn auf Ungereimtheiten im Ablauf hinwies.
Diese Arbeit hat sich gelohnt, denn was Carver mit diesem Werk veröffentlicht hat, ist durchaus in der Klasse von Reynolds oder Hamilton einzuordnen. Ein herausragender Stilist wird Carver wohl nie werden, aber die Handlung von Am Ende der Ewigkeit besitzt eindeutig das Potential, um über diese Schwäche hinweg zu sehen.
Inhalt:
Es sind die Rigger, die mit Hilfe ihrer Gabe, den Hyperraum nach ihren eigenen Bildern zu formen, die Raumschiffe durch den Flux steuern. Der Flux ist alles andere als eine stabile Angelegenheit und das eine oder andere Schiff ist aus diesem Raum nie wieder zurückgekehrt. Das bekannteste Schiff ist die Impiris, die vor 124 Jahren im Flux verschwand und seitdem wie ehemals der fliegende Holländer von anderen Schiffen und deren Riggern gesichtet wurde. Eine Kontaktaufnahme gelang aber nie... die Impiris verschwand immer wieder und viele hielten die Geschichten, die sich die Rigger erzählten, für ausgemachtes "Seemannsgarn".
Aber es gibt noch einen anderen Grund, warum viele Schiffe nicht mehr in ihre Heimatbasen zurückkehren... moderne Freibeuter benutzen den Flux für ihre Kaperfahrten. Gibt es eine Verbindung zwischen den Piraten und dem plötzlichen Auftauchen der Impiris ?
Der Rigger Legroeder begegnet der Impiris im Flux und versucht, Kontakt mit der Besatzung herzustellen. Zu spät merkt er, daß die Impiris als "Köder" benutzt wird, damit Freibeuter leichter an ihr Ziel kommen. Legroeder wird nach dem Überfall der Piraten zum Dienst auf einen Freibeuter gepresst, weil die Alternative sein Lebensalter deutlich verkürzt hätte.
Als er die Möglichkeit nutzt, aus seinem "Gefängnis" zu fliehen und einen Planeten ansteuert, ahnt er noch nicht, daß damit seine Flucht nicht beendet ist. Niemanden war bis dahin der Ausbruch von einem Piratenstützpunkt gelungen und nur seine Flugkünste, gepaart mit Verzweiflung, sorgen dafür, daß es Legroeder bis zum Planeten Eridani schafft. Dort erwartet ihn aber nicht die ersehnte Freiheit, sondern der Vorwurf, er sei für die Auslieferung des gekaperten Passagierschiffes, auf dem er ehemals diente, an die Piraten verantwortlich.
Die Rigger-Gilde verweigert ihm den Schutz und Legroeder bleibt letztendlich nur eine Option, um einem langen Gefängnisaufenthalt zu entgehen... er muss in den Flux, um Beweise für das Vorhandensein der Impiris zu liefern.
Kritik
Piraten? Freibeuter? Kaperfahrten? Flux? - es entsteht der Eindruck, Carver hätte mal auf die Schnelle das Piratentum der letzten 500 Jahre inklusive Bermudadreieck ausgeliehen, um damit eine SF-Story zu füllen.
Hat er im Prinzip auch!
Geschickt benutzt er alte Begriffe, um sie in eine neue Geschichte zu integrieren... und weil sich die Technik geändert hat, aber nicht die Bedeutung, greift der Autor die Elemente der neueren SF, wie Biotechnik, Biomechanik, virtuelle Ralität und Vernetzung auf, um die alten Begriffe im neuen Design zu präsentieren. Das ist ihm ausgesprochen gut gelungen. Zu keiner Zeit ergreift den Leser das Gefühl, olle Kammellen aus Fünfziger-Jahre-Filmen vorgesetzt zu bekommen. Die Technik wirkt durchgestylt und gibt der Geschichte das Maß an Science, die der SF-Leser schätzt.
Carver benutzt die Impiris anfangs als Analogon zum "fliegenden Holländer", jenem sagenumworbenen Schiff, das als Seemannsgarn bis in die Anfangsdekaden des letzten Jahrhunderts hohen Unterhaltungswert besaß. Später weicht er von diesem Vergleich ab, als er die Erklärung für dieses Phänomen im Flux des Hyperraumes gibt. Und damit kommen wir auch zum primären Handlungsort der Geschichte... dem Flux.
Carver beschreibt diesen (Nicht)Raum, der auch schon als Handlungsort für das Buch Im Hyperraum seine Bedeutung bekam, diesmal wesentlich verständlicher.
Bemühte er sich, übrigens für den SF-Fan sehr erfolglos, bei den Vorgängernromanen noch um metapsychische Erklärungen für den Flux, verzichtet er diesmal bewußt darauf und stellt die "technische" Seite zur Überbrückung seiner Version des Hyperraumes in den Vordergrund.
Der Flux selbst wird zum Ort, der (pseudo)physikalischen Gesetzen gehorcht und die "Piloten" der Raumschiffe, die sogenannten Rigger, verlieren den Status des Phantastischen. Die Adaption des Vorgangs, der beim Riggen entsteht, ist für den Leser diesmal nachvollziehbar und fügt sich geschmeidig in die Geschichte ein... eine Geschichte, die auf mehreren Handlungsebenen gestaltet, eine beeindruckende Dichte besitzt.
Immer gern benutzte Elemente, die in der Mainstreamliteratur ihre Wurzeln haben, wie Intrigen, politisches Fehlverhalten, im Untergrund agierende Gruppen, aber auch Unschärfen im Bereich von Gut und Böse, benutzt Carver, um seine Geschichte zu erzählen. Das gelingt ihm deshalb gut, weil er diese Elemente geschickt mit fremden Wesen (und deren fremdartiges Verhalten) verbindet.
Wer weiß schon so genau, was im Kopf eines Alien so vorgeht und der Autor verweigert eine eindeutige Antwort. Der Leser wird dadurch lange über den Ausgang der Geschichte im Unklaren gelassen und das erhöht gemeinhin den Lesespaß enorm. Das Ende der Geschichte ist gelungen und besitzt das Potential, nahtlos an eine Fortsetzung anzuschließen. Bewußt werden einige Randhandlungen nicht abgeschlossen, die aber für die primäre Story des Romanes nicht ausschlaggebend sind.
Alles in Allem ist Carver's Am Ende der Ewigkeit eindeutig sein bester SF-Roman. Flüssig zu lesen, unterhaltsam und spannend, ein Werk, das sich hinter den großen Space-Operas wahrlich nicht verstecken muß. Auf Seitenschinderei hat der Autor diesmal verzichtet und die Geschichte durchgängig spannend gestaltet. Wer das Abenteuer im Weltraum liebt und Science Fiction nicht ausschließlich als Extrapolation zukünftiger Entwicklungen versteht, der wird dieses Buch mögen. Den einen oder anderen stilistischen Ausrutscher kann man auf Grund der soliden Story verzeihen und der geneigte Leser wird sie auch gerne überlesen... für den Gegenwert, einen Trip in die abenteuerliche (und gefährliche) Welt von Übermorgen erlebt zu haben.
Jürgen Olejok - 05/2005
Am Ende der Ewigkeit - Rezensionsübersicht