Titel: Welt aus Stein Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Hohlwelttheorien sind nicht neu, eine Welt wie die von Chris Wooding auch nicht. Trotzdem ist sie ungewöhnlich genug, um mich als Vielleser neugierig zu machen. Eine Auswahl weiterer Hohlweltbücher: Brian Stableford - „Vorstoß in die Hohlwelt“, Jules Verne - „Reise zum Mittelpunkt der Erde“, Roderick Gordon und Brian Williams - „Der Tunnel“, Rudy Rucker - „Hohlwelt“, Colin Kapp - Reihe „Cageworld“ und andere mehr. Sehr schön gefällt mir, dass die üblichen Verdächtigen - die unterirdischen Rassen wie Zwerge, Gnome etc. - nicht in der Erzählung vorkommen. Dafür gibt es riesige Höhlen mit ganzen Meeren und Städten, Kristallwälder und anderes mehr und jede Menge leuchtende Pilze, Moose, Tiere. Und natürlich jede Menge Menschen, die ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Kriegsspielen, nachgehen. Die Menschen leben in einem exotischen Höhlensystem unter der Oberfläche eines Mondes, der um einen Gasriesen seine Bahn zieht. Die Welt sieht genau so aus, wie man sich Höhlen vorstellt, nur viel - und ich meine viel - größer. Es bestehen keine engen Gänge, daher entfallen auch die erzählerischen Spannungselemente von Dunkelheit und engen Räumen. Es ist durch all die bestehenden Leuchtmittel nie richtig dunkel und auch nur dort hell, wo Lava durch das System flutet.
Die Oberfläche des Mondes ist nicht gerade lebensfreundlich zu nennen. Dort leben die Sonnenkinder, Nomaden, die in riesigen Pilzen leben und in der Lage sind, sich für kurze Zeit auf der Oberfläche ungeschützt aufzuhalten. Die Doppelsonne des Planetensystems überschüttet die Welt mit harter Strahlung. Ein Leben auf der Oberfläche ist daher nicht anzuraten und eigentlich nicht möglich.
Die Hauptfigur in Chris Woodings Erzählung ist die Assassine und Elitekämpferin Orna, Kader vom Clan Caracassa. Bei einem Einsatz der Eskraner gerät ihre Einheit in eine Falles des Gegners, der Gurta. Schwer verletzt kommt sie in einem Gefangenenlager wieder zu Bewusstsein. Ihr Mann Rynn starb in der Schlacht und nur der Gedanke an ihren Sohn hält sie in der Gefangenschaft aufrecht. Vor allem der Gedanke an ihren Sohn lässt sie eine Flucht aus dem Sicherheitslager wagen, wo sie Zwangsarbeit leisten muss. Sie flieht mit Feyn, einem Angehörigen der Oberirdischen (einem sogenannten „Sonnenkind“), und dem Spion Nereith. Endlich in ihrer Heimat angekommen, erfährt sie von einer Intrige, der sie und ihre Einheit zum Opfer fielen. Der Krieg zwischen den Eskranern und den Gurtas dauert bereits zu lange. Die oberste Leitung hat eine Möglichkeit in Betracht gezogen, dadurch eine Wende zu erreichen. Für die Eskraner sind die Gurta religiöse Fanatiker; die Gurta hingegen behaupten, die Eskraner seien käuflich und unmoralisch. Die Beschuldigungen der beiden Völker sind haltlos und falsch oder genauso richtig, denn in Wirklichkeit sind sich die beiden Gegner viel ähnlicher, als sie glauben.
Chris Wooding erzählt auf zwei Handlungsebenen: einmal in der Ichform aus der Sicht von Orna mit all ihren Sehnsüchten, Wünschen und Loyalitäten. Zwar beginnt die Rahmenhandlung mit dem Krieg, doch der wichtigste Teil ist der, wo Chris Wooding auf die Zeit in der Gefangenschaft eingeht. Er lässt die Leser ebenso im Unklaren wie die Heldin. Erst nach und nach finden die Leser heraus, wo sie sich befinden. Während sich die Handlung langsam weiterbewegt, stellt man überrascht fest, dass zwar keine große Spannung da ist, der Roman sich aber trotzdem gut und unterhaltsam lesen lässt. Der zweite Handlungsstrang erzählt von der Vergangenheit Ornas und Rynns, hauptsächlich von ihrer Familie. Und als Orna wieder in ihre Heimatstadt Veya zurückkehrt, finden Vergangenheit und Gegenwart zu einem Ganzen zusammen.
Die Umgebung scheint nicht sonderlich wichtig zu sein für den Autoren. Ich als Leser hätte gern mehr davon erfahren. Stattdessen erfahre ich mehr über ein Planetensystem und seine - zugegebenermaßen gelungene - Umsetzung. Mir fehlt ein wenig die Stimmung der Welt. Auch die Kulturen, die sich in einem ewigen Krieg (keiner weiß, wann er begann) befinden, hätten ein wenig besser ausgearbeitet sein können. Zwar finden wir Menschenversuche, Zwangsarbeit, Frauenfeindlichkeit, kriminelle Vereinigungen, des Menschen Gier nach Macht und Geld und anderes mehr, doch ist das wirklich genug für eine Erzählung?
Die Geschichte ist bis auf die Idee eher Durchschnitt. Einige ihrer Ideen in der Handlung und bei den Höhlenbewohnern heben die Bewertung wieder an.