Titel: Spektrum Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Die Erde erhält Besuch von Nicht-Irdischen. Auf der Erde werden Tore aufgebaut, die als Transportsystem zu anderen Welten dienen. Die Fremden, die sich Schließer nennen und die Tore bewachen, sind ein wahrer Segen für die Menschheit. Hunger und Krankheiten, Rassismus und Krieg gehören seit gut sechzig Jahren der Vergangenheit an. Die Fremden gehen sogar soweit und zahlen den Ländern Pacht, wo sie ihre Tore aufbauten. Die Schließer, die sehr schnell die Gewohnheiten der Menschen annahmen und rauchen und Wein trinken, fordern für die Benutzung der Tore nichts als eine gute Geschichte. So können die Menschen reisen, wohin sie wollen, und treffen auf ähnliche Lebewesen oder solche, die ihnen gänzlich fremd sind. Lediglich eines können die Schließer nicht leiden, Gewalt im Bereich ihrer Tore. Wer Gewalt anwendet verschwindet. Spurlos, und niemand ist bereit, darüber zu sprechen.
Der Russe mit dem so untypischen Vornamen Martin und Nachnamen Dugin ist einer der begnadetsten Geschichtenerzähler. Während sich andere Reisende mühsam eine Erzählung aus den Fingern saugen müssen oder sich von Ghostwritern eine Geschichte schreiben lassen, fällt Martin eine Geschichte nach der anderen ein. Dabei ist Martin mit seinem Vornamen nie sehr glücklich gewesen. Als waschechter Moskauer der x-ten Generation gefiel ihm der Name nie. Er hat sich inzwischen aber damit abgefunden und freut sich darüber, dass er als Erwachsener anerkannt wird, da er mit Vatersnamen angesprochen wird. Seine Kunst, Geschichten zu erzählen und während des Erzählens neu zu erfinden, macht ihn für viele Leute nützlich. Daher ist Dugin Privatdetektiv geworden. Er wird engagiert, um entlaufene Kinder oder verschwundene Eheleute zu suchen, Geschäftsverbindungen aufzubauen oder Raritäten zu suchen. Seine Erfolge sprechen sich rum, und sein Vorname ist inzwischen ein Begriff geworden. Da naht auch schon der nächste gewohnheitsmäßige Auftrag. Ernesto Semjonowitsch Poluschtin sucht ihn auf, weil er seit drei Tagen seine Tochter vermisst. Das siebzehnjährige Mädchen Irina stammt aus einem sogenannten begüterten Verhältnis. Ein wenig verwöhnt und gelangweilt, reißt das Mädel von zu Hause aus. Sie benutzt das Tor zur Bibliothek der Schließer. Hier soll alles Wissen der Nicht-Menschen gesammelt sein. Martin nimmt die Verfolgung zur menschlichen Forscherkolonie auf diesem Wüstenplaneten auf. Gerade als er glaubt, das Mädchen nach Hause bringen zu können, stirbt Irina. Zu allem Überfluss schreibt sie ihm den Namen eines anderen Planeten, Prärie 2, in den Sand. Da er nicht sagen kann, was dieser Hinweis sein soll, beschließt er, ihm zu folgen. Nicht umsonst hat das Mädchen im Angesicht des Todes diesen Namen geschrieben. Denn als Martin der Fährte folgt, lernt er eine zweite Irina kennen. Ein Zwillingspärchen? Wenn ja, warum hat ihm der Auftraggeber nichts davon erzählt? Auf dem Planeten, der Ähnlichkeit mit dem Wilden Westen Amerikas hat, trifft er zwar auf die Zwillingsschwester von Irina, doch die stirbt bei einer Schießerei. Die nächste Spur führt ihn auf den Planeten Arank, wo das Mädchen Galina Groschewas genannt wird. In der Stadt Tirianth befindet sie sich im Zentrum für globale Forschung. Gerade als er sich vom Informationsterminal entfernt, das ihm eben noch half, Galina zu finden, explodiert es. Hinter Martin ist ein Attentäter her, nur weiß Martin nicht warum.
Für mich persönlich ist der russische Autor Sergej Lukianenko etwas ganz Besonderes. Nach der WÄCHTER-Reihe, dem Jugendbuch DAS SCHLANGENSCHWERT und dem neuen Science-Fiction-Roman SPEKTRUM fällt es mir schwer, ihn irgendwie einzuordnen. Ist er nun ein Autor, der für Erwachsene schreibt, oder eher jemand, der für Jugendliche schreibt. Ein Blick auf seinen Internetauftritt macht mich auch nicht schlauer, denn dort ist er genau so vielseitig wie in den bisher auf deutsch erschienenen Büchern. Habe ich nun einen reinen phantastischen Abenteuerroman vor mir oder doch eher ein Werk, in dem Herr Lukianenko Gott spielt und seinen eigenen Kosmos entwirft? In vielfältiger Weise lässt er seine Leserschaft an seinem Schöpfungsakt teilhaben. Personen und Persönlichkeiten begleiten eine Zeitlang den Helden, den es immer wieder nach Moskau zieht, wo er sich mit seinem Großvater über Gott und die Welt unterhält. In diesen Gesprächen spiegelt sich durchaus das Leben im heutigen Moskau wieder. Herr Lukianenko macht sich in Gestalt seines Handlungsträgers Martin Gedanken über den russischen Geheimdienst KGB, über den amerikanischen Fast-Food-Giganten McDonalds, zu Revolution und Evolution, Religion, Kultur und anderem mehr. Es gelingt mir weder das Buch noch den Autor treffend zu beschreiben. Zu viele Aspekte zeigen sich in seinen Werken. Obwohl die Unterhaltung im Vordergrund steht, bleibt er doch immer wieder kritisch und gleichzeitig respektlos.
Die Spektrum-Rezensionsübersicht