Titel: Im Jahre Ragnarök Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Timo Kümmel erweist sich einmal mehr als ein sehr guter Zeichner, der auf die Geschichte des Buches eingeht und nicht nur irgendetwas hinzeichnet. Das stimmungsvolle Bild erinnert sehr an die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Sehr passend zum Roman.
Nach Stalins Tod zu Beginn des Jahres 1945 zerfällt die Sowjetunion. Ein blutiger Bürgerkrieg zerreißt das Land. Währendessen besetzen die Alliierten Deutschland. Konrad Adenauer wird Präsident einer Rheinischen Republik von französischen Gnaden. Die britische und amerikanische Planung sorgt dafür, dass Deutschland ausgeplündert wird. Von deutschem Boden wird auf Jahrzehnte hinaus kein Krieg mehr ausgehen. Verwüstet, verarmt, entvölkert, in die "Steinzeit" zurückgeführt. Die komplette Infrastruktur wird zerstört. Deutschland wird zum Armenhaus Europas, vor allem weil nach einigen Seuchen die Bevölkerungszahl ziemlich abnahm.
Das ist der Hintergrund für die Geschichte von John Tubber. 1962 wird der britische Geheimdienstler ausgerechnet nach Deutschland strafversetzt. Er soll den scheinbar einfachen Fall eines illegalen Kunsthändlers und des schwungvollen illegalen Kunsthandels aufklären. Der Tod des Mannes scheint jedoch nur vordergründig einfach und stellt sich immer mysteriöser dar. An der Seite des Briten steht ein deutscher Kriminalkommissar, der ziemlich nervig ständig den Griechen Homer oder den englischen Shakespeare zitiert. Dazu kommen zwei junge Damen des eher horizontalen Gewerbes. Ein seltsames Quartett, wie es unterschiedlicher nicht sein könnte, das sich aber auf genauso seltsame Art ergänzt, kommt einer Verschwörung auf die Spur. Mit von der Partie sind Alt-Nazis, die der Entnazifizierung durch Elektroschocks entkamen. Sollten deren Pläne durchgeführt werden, könnte dies die bestehende Weltordnung verändern.
Ein schnell zu lesender Roman, überlegt geschrieben, der sich nicht lange mit überflüssigen Beschreibungen aufhielt. Der Hintergrund von Oliver Henkel wirkt auf mich etwas oberflächlich ausgearbeitet, wenn es darum geht, den Nazi-Hintergrund zu beschreiben. So erscheint mir die britische Besatzungsmacht genauso heruntergekommen wie das geplünderte Deutschland. Eine "Weltmacht" so darzustellen wirkt zu einfach konstruiert. Hier hätte man noch ein wenig nachbessern können. Im Ganzen gesehen ist die Alternativwelt jedoch durchaus gelungen. Die meisten Hintergründe erschließen sich nach und nach, was mir deshalb gefällt, weil eine fertige Welt, in der es nichts zu erkunden gibt, uninteressant wird. Es gibt allerdings einige Anspielungen, die ich nicht ganz verstehe, weil ich den richtigen Zusammenhang nicht herstellen kann. Das macht das Buch zu einem nachdenkenswerten Werk. Ich grübele daher noch immer ein wenig nach. Die Zeitreisegeschichte, die sich langsam entwickelt, wird von Oliver Henkel sehr gut gehandhabt. Gut, auch in diesem Buch gibt es viele Klischees. Ohne die kommt in der heutigen Zeit wohl keiner aus.