Reihe: Die Barock-Trilogie, 3. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
„Principia“ beginnt mit dem 15. Januar des Jahres 1714. Daniel Waterhouse, Naturphilosoph und Querdenker, kehrt als alter Mann auf Geheiß von Prinzessin Caroline zurück ins britische London. Er entkommt nur knapp einem Anschlag auf seine Kutsche und hat doch nur eines im Sinn: Er möchte in seiner Heimat in einem erbittert geführten Streit zwischen Sir Isaac Newton, dem Leiter der staatlichen Prägeanstalt, kurz "Münze" genannt, und Gottfried Wilhelm Leibniz vermitteln. Newton ist dem Geldfälscher Jack auf der Spur, und womöglich galt der Anschlag nicht Daniel Waterhouse, sondern ihm. Dieses Ziel vor Augen, sieht sich Daniel Waterhouse sehr schnell in ein Ränkespiel verwickelt. Politisch stehen die Whigs und die Torys sich in unversöhnlichen Lagern gegenüber, und auch die englische Thronfolge ist nicht geklärt. Daniel versucht einen Mordanschlag aufzuklären und den Anschlag auf ein russisches Schiff. Dabei ist der russische Zar, der einen kurzen Auftritt in England hat, auf jedes Schiff angewiesen.
Der Gegenspieler Jack Shaftoe, der König der Vagabunden, ist wieder dabei und versucht auf die Münze einen Anschlag durchzuführen. Seine Absicht liegt darin, ganz modern, wie für die heutige Zeit geschaffen, das Kapitalsystem des weltumspannenden Empire zu stören.
Und es gibt noch Jacks große Liebe, die einzigartige Eliza. Ihr Lebensweg führte von einem türkischen Harem über den Hof des Sonnenkönigs Ludwigs des XIV. als Ränkespielerin, Agentin und Finanzgenie bis hin zu einer eigenen Grafschaft als Gräfin de la Zeur. Und doch ist es der Sonnenkönig, der Eliza als Druckmittel verwendet.
Neal Stephenson ist mir bereits längere Zeit als Autor bekannt, als guter Autor, und er war noch nie einer, den ich mal eben nebenbei lesen konnte, sondern er hat immer meine ganze Aufmerksamkeit gefordert. Diese Eigenschaft habe ich bislang nie bereut. Seine Romane sind immer ein kompliziertes Gefüge. Ob es Zukunftsvisionen sind, Rückkehr in die Vergangenheit oder anderes. In jedem spielt der Begriff Abenteuer eine wichtige Rolle. In seiner Barock-Trilogie, deren gelungenes Ende ich heute vorstelle, bringt er seine abenteuerliche Erzählung zu einem gelungenen Abschluss. Er schuf eine wissenschaftliche spekulative Erzählung, die aus historischen Personen, beginnender Wissenschaft und spannender, abwechslungsreicher Handlung besteht. Manch einer wird jetzt nach dem Begriff ‚beginnender Wissenschaft’ fragen. Gerade zur Zeit von Newton und Leibniz, um die häufiger genannten Personen zu nennen, beginnt die faszinierende Entwicklung der Wissenschaft. Es geht nicht nur darum, etwas mit mystischen Mitteln zu erklären, sondern beginnt damit, einen Versuch wiederholbar zu machen und damit einer Erklärung näher zu kommen. Der Übergang von Aberglauben und Alchemie über Hexenverbrennungen zur Aufklärung und der Entwicklung des Finanzwesens ist die vorherrschende Geisteshaltung.
Es wird sehr viel Lob über Neal Stephenson ausgeschüttet. Auch ich nehme mich nicht aus, versuche aber gerade dies, zumindest bei mir, zu verhindern, zumindest zu verringern. Niemand ist damit geholfen, wenn immer nur gelobt wird. Es gibt sicherlich auch Punkte bei ihm, die Abstriche erfordern: etwa, dass er tatsächlich viel schreibt und sich lange mit der Erzählung, Handlungsfäden, aufhält. Nicht dass sie langweilig wären, ich habe keine Seite bereut. Vielen Dank übrigens an dieser Stelle an die Übersetzer Juliane Gräbener-Müller und Nikolaus Stingl. Der Autor schreibt lang, seine typisch Stephensonschen Irrungen und Wirrungen sind an einigen Stellen zu häufig. Manchmal wäre mir eine kürzere Darstellung lieber gewesen.