Reihe: Die Erben der Nacht, 1. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Bevor ich zu diesem Buch griff, hatte ich den Hamburg-Vampir-Krimi gelesen und war etwas vorsichtig, was diesen Roman betrifft. Als ich den Klappentext von Nosferas:
Europa, 1877: die Macht der letzten großen Vampir-Clans ist am Schwinden. Um das Überleben der Vampire zu sichern, beschließen die Altehrwürdigen, ihre Nachkommen fortan gemeinsam auszubilden.
Beim römischen Clan der Nosferas sollen die Erben der Nacht von den Fähigkeiten der anderen lernen und so zu ihrer einstigen Stärke zurückfinden. Doch in den düsteren Katakomben der Ewigen Stadt lauert ein schrecklicher Feind ...
...gelesen hatte, erwartete ich einen historischen Rom-Vampir-Krimi. Es verblüffte mich dann doch, etwas völlig Eigenständiges und vom vorhergehenden Buch Unabhängiges zu lesen. Das Buch ist der Beginn einer Trilogie. Der Hintergrund des ausgehenden Jahrhunderts ist die beginnende Industrialisierung, die nicht nur den Menschen einiges abverlangt, sondern auch den Vampiren. Die sechs Clans beschließen, nicht ohne Druck der Druidin Tara, sich mehr um ihren eigenen Nachwuchs zu kümmern und nicht nur Babys zu Vampiren zu machen, die fortan als Babyvampir ihr Unleben fristen müssten. Nein, es geht um den eigenen Nachwuchs, der nicht nur Leben soll, sondern auch eine Zukunft haben.
Bislang sorgten die sechs Klans, die Dracas aus Wien, die Lycana aus Irland, die Valmara aus Hamburg, die Pariser Pyras, die Vyrad aus London und die römischen Nosferas dafür, dass ihre 'Blutlinien' rein blieben. Man heiratete nur untereinander. Die Druidin Tara bringt die Vertreter der Vampire auf einem geheimen Treffen zum Nachdenken. Zuerst soll der Nachwuchs gemeinsam bei den Nosferas ausgebildet werden. Hier wurde gerade Viktor Emanuel II. zum König des Vereinigten Königreichs Italien gekrönt. Damit ist er der erste weltliche König, der den Papst als Oberhaupt über Italien ablöst.
Die Hauptpersonen des Buches sind Alisa aus Hamburg, in Begleitung ihrer beiden jüngeren Brüder, der etwas ungeschickte Luciano von den Nosferas und die geheimnisvolle Ivy. Ihnen gegenüber stehen die hochnäsigen, angeberischen Dracas aus Wien, die gern die Gelegenheit nutzen, die drei Freunde zu piesacken. (Das erinnert doch irgendwie an Harry Potter - drei Freunde müsst ihr sein - und diesen blonden Fiesling, dessen Name mir entfallen ist). Die Schule des Lebens heißt nicht Hogwarth, aber unsere Vampire müssen trotzdem für sich selbst lernen und zurechtkommen. Das Zusammenleben der unterschiedlichen Clanvertreter ist nicht einfach. Jahrhundertelanger Hass, Neid und Feindschaft können nicht von heute auf morgen über Bord geworfen werden. Hinzu kommen all die kleinen Geheimnisse, die jede Figur, jeder Clan hat und die niemand sonst erfahren soll.
Ulrike Schweikerts Stärken liegen eindeutig bei der Geschichte und den geschichtlichen Ereignissen. Wie schon bei den historischen Romanen und dem Hamburg-Krimi sind ihre Nachforschungen für die Erzählungen farbenfroh wiedergegeben. Ob das nun Chillon in der Nähe des Genfer Sees oder die Ruinen des Palatins in Rom sind - Ulrike Schweikert kann mit wenigen Zeilen eine entsprechende Stimmung erzeugen, die notwendig ist, die Leser für die Handlung zu sensibilisieren.