| Titel: Das dritte Zeitalter der Menschheit Titel: Nanina - Die Nebel der Apokalypse Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |

Ich bin immer etwas skeptisch, wenn jemand ein Essay schreibt, das sein eigenes Werk betrifft. Gerade das machte die Autorin Jenni Flieg (laut Lektor ein Pseudonym) zu ihrem eigenen Werk Nanina. Wenn zudem das Essay (laut Bertelsmann Wörterbuch der deutschen Sprache: literarische Abhandlung in allgemein verständlicher geistvoller Form) vor dem Buch erscheint, erweckt es für mich den Anschein, dass das Buch erklärt werden muss. In diesem Fall hätte die Autorin mit dem Roman selbst ihr Ziel verfehlt. In ihrem Essay geht sie zudem soweit, dass sie sagt, in einer von Frauen beherrschten Gesellschaft ginge allein durch die Nichtexistenz der Männer der Unfalltod zurück und die Gefängnisse würden zu 99 % überflüssig. Soll mit dieser fraulichen Betrachtung angedeutet werden, dass damit auch kulturelle und soziologische Fehler ausgemerzt sind. Der Mann ein Fehler der Evolution?
Der Roman Nanina spielt nach einer nicht näher benannten menschlichen Apokalypse. Er beginnt mit Tomas, dem sich bald Bert und Kevin anschließen. Bert und Kevin wollten sich, aufgefordert durch schwerbewaffnete Frauen, nicht der menschlichen Gemeinschaft anschließen und allein in den Wäldern leben. Als sie sich weigern, wird Kevin auf der Flucht angeschossen. Später zeigen die Frauen ihre Gewaltbereitschaft (die im Gegensatz zum Essay steht), indem sie das Haus, in dem die drei Zuflucht gefunden hatten, mit einem Hubschrauber angreifen und die Männer ohne Fragen töten.
Gut tausend Jahre später geht die Erzählung weiter. Die Männer sind inzwischen ausgerottet, so eine Art genetischer Massenmord, da männliche Gene nur noch im Labor bestehen. In künstlichen Gebärmüttern werden Kinder herangezogen und Jungen nur so lange am Leben gelassen, bis man ihnen neue Spermien entnehmen konnte. Danach erfolgt eine zwangsweise Kastration und Operation zu einer Frau. Da selbst die Frauen so gezüchtet wurden, dass sie kaum Merkmale einer Frau aufweisen, haben wir nun eine Gesellschaft, deren Mitglieder eher geschlechtslosen Wesen ähneln denn Menschen.
Auf einer unbekannten Insel im Atlantik wird daran weiter geforscht, einen vollkommen monogeschlechtlichen Menschen zu erzeugen. Gleichzeitig werden aber auch Kinder gezeugt, die abgeschottet von den anderen Menschen aufwachsen. Eines der drei Kinder, die dort aufwachsen, ist Nanina. Sie gehören zu einem Genpool, der vernichtet werden soll. Hier beginnt die eigentliche Erzählung. Unterschiedliche Gruppierungen sind an den Kindern und den damit verbundenen Genen interessiert.
Auf der einen Seite steht Ana, die Chefin auf der Atlantikinsel, die nur noch ein kleines Forschungsinstitut unterhalten kann. Sie will einen gewissen Prozentsatz an ihrem Genpool, der einmal größer war, aufrechterhalten. Ihr gegenüber steht Hilda, die der Meinung ist, dass diese Aufzuchtstation so überflüssig ist wie eine Zuchtstation für überflüssige Schweine. Ana muss vor einer Kommission der Hochkommissarin zu ihrer Arbeit aussagen. Sie erhält schließlich den Auftrag, alles zu vernichten. Es soll nichts übrig bleiben, das auch nur den kleinsten Hinweis auf die Arbeit des Institutes gibt. Damit wäre der letzte männliche Genpool der Menschheit vernichtet.
Nanina wächst mit Rona und Sika in einem Haus auf, in dem ihre Mutter Ema sowie Hela und Alina, die Mütter der anderen Kinder, leben. Wir lernen mit den Augen von Nanina ihre kleine, abgeschiedene Welt kennen. Angefangen vom Tagesablauf, bis hin zum Jahreskranz mit den entsprechenden Jahreszeiten. Ein kleines, glückliches und beschauliches Leben. Nur langsam wird klar, dass die drei Kinder Knaben sind.
Nachdem wir Nanina eine Zeit lang begleitet haben, wird zu Lisa und Gertrud umgeblendet. Gertrud lernte Lisa kennen, als diese zwölf Jahre alt wurde. Es wird dabei berichtet, dass Gertrud mit der Zwölfjährigen ihre ersten Liebesabenteuer hatte. Beide arbeiten auf der Insel, wo Ana ihr Forschungslabor betreibt. Mit der Zeit werden die Handlungsstränge zusammengeführt mit einem glücklichen Ende.
Wir haben keinen ausgesprochenen Science-Fiction-Roman in den Händen, auch nicht annähernd einen Abenteuerroman, wie es vielleicht den Anschein hat. Es ist ein Buch, das eine neue Gesellschaft beschreibt und letztlich auf ein gutes Ende hinausläuft. Eine Zukunftsgesellschaft, die doch wieder auf Männer aufbaut, und vorher dem gescheiterten Versuch einer reinen Frauengesellschaft entspringt. Das Titelbild, von der Autorin, die sich hinter dem Pseudonym Jenni Flieg versteckt, ausgesucht, hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit einem SF-Roman. Positiv wäre zudem gewesen, wenn man beide Bücher mit dem üblichen einzeiligen Zeilensatz versehen und in einem Band veröffentlicht hätte. Das Buch wäre dann immer noch fünfzig Seiten dünner gewesen.
Nanina - Die Nebel der Apokalypse - zur Rezension von Rupert Schwarz