Titel: Helixaka Welten und Zeit genug Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Einleitung
Eine Einleitung ist für mich immer dann interessant, wenn ich Kurzgeschichtensammlungen lesen kann. Entweder erfährt man mehr über denjenigen, der die Sammlung zusammenstellte oder aber über den Autor, der seine eigenen Erzählungen beschreibt. Allerdings sollten sich diese einleitenden Worte auf die Einleitung beschränken. Die Einführungen vor der Kurzgeschichte selbst empfinde ich als eher störend. Allerdings hält sich Dan Simmons nicht an seine eigenen Worte, wenn ich seine Einleitung lese.
Auf der Suche nach Kelly Dahl
Dan Simmons war bis 1987 selbst Englischlehrer. Aus dieser Sicht ist die Erzählung "Auf der Suche nach Kelly Dahl" sicherlich sehr persönlich. Er erzählt aus dem Leben eines alkoholkranken Ex-Lehrers. Inwieweit Simmons selbst davon betroffen war, ist nur Spekulation. Der Ex-Lehrer wird nach dem Unfalltod seines Sohnes von seiner Frau verlassen. Dem Mann, dem Ich-Erzähler, wird klar, dass sein Leben so nicht weitergehen kann. Er beschließt, seinem Leben ein Ende zu setzen, indem er mit seinem Fahrzeug in eine Minengrube fährt. Er will keinen Selbstmord mit einer Schusswaffe durchführen, weil er es den Menschen nicht zumuten will, sein Hirn von einer Wand zu putzen oder Ähnliches. Er findet das widerlich. Dummerweise klappt sein Vorhaben nicht, denn er findet sich in einem Traum wieder, der seiner ehemaligen Schülerin Kelly gehört, deren Vater bei einem Autounfall ums Leben kam. Damit ist zumindest eine Erzählschleife geschlossen. Als Lehrer, der sehr gern lehrte, aber noch lieber lernte, überträgt er all seine Erfahrungen mit seinen Schülern und Schülerinnen auf eine einzige Person.
Die verlorenen Kinder der Helix
Wie schon in der Einleitung des Buches, so auch hier noch einmal der Hinweis darauf, dass die Erzählung in Dan Simmons Hyperion-Universum spielt. Das ist auch schon die positive Eigenschaft. Ansonsten ist die Erzählung mit dem von einer Künstlichen Intelligenz gesteuerten Raumschiffs eher untere Mittelklasse. Man trifft auf eine Ringwelt um eine rote Riesensonne - allein der Begriff lässt mich an Larry Niven denken. Die zwei Lebensformen, Sauerstoffatmer und Vakuumangepasste, haben Probleme mit einem Phänomen, das in regelmäßigen Abständen ihre Welt heimsucht und zerstört. Ich weiß nicht, wie es anderen Lesern ergangen ist, aber ich halte das Schriftstück eher für ein Fragment, an dem geübt wurde und das später einfach fallen gelassen wurde.
Der neunte Av
Pinchas und Petra sind zwei Altmenschen in einer zukünftigen Welt, in der es Biozeppeline und Kalmarsubs gibt. Dan Simmons lässt allein schon mit diesen Begriffen der Phantasie freien Lauf. Dabei stellt sich erst langsam heraus, dass die Altmenschen gar nicht mehr als Originalkörper bestehen, sondern lediglich eine elektronische Kopien sind.
Mit Kanakaredes auf dem K2
Gary Sheridan, Paul Ando Hiraga und Jake Richard Pettigrew wollen den K2 besteigen, weil sie die Besteigung in der Lotterie gewannen. Aber dann kommen sie ein paar Tage früher, um den Mount Everest zu besteigen. Sie werden jedoch geschnappt und erhalten plötzlich den Befehl, ein Insekt der Spezies Mantispa mit dem Namen Kanakaredes zu finden. Man erhofft sich einige Aufschlüsse über den Fremden, der auf der Erde landete. Die Erzählung verbindet eine Bergsteigergeschichte, wie sie Luis Trenker hätte erzählen können, mit der Idee eines Außerirdischen in Form eines Insekts. Warum allerdings sollte der auf einen Berg klettern?
Das Ende der Schwerkraft
Die letzte Geschichte handelt wiederum von einem alkoholabhängigen Mann, der diesmal als Autor über das russische Raumfahrtprogramm berichten soll. Auch diese Erzählung wirkt seltsam unfertig. Als ehemaliges Drehbuch fehlt hier die Würze einer Kurzgeschichte, und Dan Simmons verheddert sich in Regieanweisungen. Daher bleibt die Geschichte eine Aneinanderreihung von Kapiteln. Leider.
Die Erzählungen sind für einen Autor seiner Klasse gut genug. Es gibt allerdings einiges zu bemängeln. Manch eine Erzählung wirkt unfertig, hölzern oder von der Idee her schlicht abgekupfert. Trotzdem hätte ich gern gewusst, wie die Erzählungen im Original heißen und wann sie veröffentlicht wurden. Auch wäre ein Hinweis auf den Nachdurck der Festa-Ausgabe angenehm gewesen. In der Zusammenfassung bleibt mir nur ein "Nicht überall, wo Simmons draufsteht, ist auch etwas Gutes drin". Auch Autoren haben ihre Schwächen.