Reihe: God's End, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Der Weltuntergang wurde in Film und Buch schon unzählige Male geschildert. Grundlage der jeweiligen Plots waren Kriege, Krankheiten (auch Zombies) oder Naturkatastrophen. Bekanntestes Beispiel der Neuzeit ist der Film "2012", in dem Roland Emmerich die Welt, so wie wir sie kennen, regelrecht unterpflügt. Basis der jeweiligen Geschichten ist meist die Apokalypse, wie sie in der Bibel geschildert wird. Sich herleitend aus dem babylonischen bzw. mesopotamischen Kulturkreis, fand sie schlussendlich Einzug in die "Offenbarung des Johannes", in der das Endgericht Gottes über die Menschen und die Welt eindringlich geschildert wird. Michael McBride baut mit seiner Trilogie direkt auf der "Offenbarung" auf, orientiert sich in seiner Struktur an den einzelnen Visionen der Johannes-Bildfolge.
Der Arzt der US-Armee Adam Newman steckt mit seinen Kameraden inmitten eines Krieges gegen den Iran, die Lage ist alles anderes als aussichtsreich. Tausende von Flüchtlingen überqueren die Grenzen, Newman versucht so vielen Menschen wie möglich medizinisch zu helfen. Unter den Geflüchteten befindet sich auch der Araber Mûwth, der das unglaubliche Talent besitzt, Wunden nur durch Handauflegen zu heilen. Newmans Basis wird jedoch gewaltsam aufgelöst, als sich auch Syrien in das militärische Geschehen einmischt und die amerikanischen Kräfte mehr oder weniger überrollt werden. Dabei werden Newman, einige seiner Kameraden sowie Mûwth vom Rest der flüchtenden Gruppe getrennt.
Gleichzeitig wird die USA von einer Serie nie erwarteter Terroranschläge heimgesucht, augenscheinlich zünden arabische Fundamentalisten in mehreren Großstädten Nuklearsprengkörper und richten so die amerikanische Infrastruktur zugrunde. Dies ist jedoch alles nur der Beginn, die Einleitung der Apokalypse, denn Gott hat sich von seiner Schöpfung abgewandt.
Irgendwo im Iran entdecken Adam und seine Begleiter eine Felsenstruktur, in die sie sich zum Schutz vor den angreifenden Armeen zurückziehen. Damit leiten sie einen Prozess ein, der seit Jahrtausenden vorbereitet scheint. Antike Malereien auf den Felswänden künden von einer Umwandlung, und Mûwth sowie drei amerikanische Soldaten beginnen sich tief im Inneren des Felslabyrinthes zu verändern, werden neu geboren. Newman kann nur schemenhaft verfolgen, was die Felsenstruktur verlässt: die vier Reiter der Apokalypse, Tod, Hunger, Pest und Krieg.
Diese beginnen sogleich mit ihrem Vernichtungswerk und führen die Menschheit an den Abgrund ihrer Existenz. Schwärme von tödlichen Heuschrecken und Moskitos überfluten das Land, Tod und Verderben bestimmen den Tag.
Wir begleiten als Leser nicht nur Adam auf seinem beschwerlichen Weg zurück in die USA, sondern auch eine Gruppe von College-Studenten unter der Führung des Mädchens Jill, welche in ihren Träumen diesen Tag vorausgesehen und von einem Weg zu einer Zuflucht erfahren hat.
McBride bedient sich in seiner Beschreibung des Weltuntergangs allerlei Vorlagen, zum Beispiel sind Elemente aus Stephen Kings "The Stand" deutlich zu erkennen. Überhaupt scheint der Autor eine Vorliebe für sehr ausführliches Beschreiben von vor allem grausamen Begebenheiten zu haben, denn vor allem der Mittelteil des Buches ist bestimmt von herumspritzendem Blut, herausfallenden Gedärmen und wegrollenden Körperteilen. Unter dieser alptraumhaften Splatterorgie leiden dann auch die Spannung und der weitere Aufbau der Rahmenhandlung, denn McBride gefällt sich darin, viele Dutzend Seiten inmitten dieses grauenhaften Strudels zu verbringen und sich darin zu suhlen, bevor er gegen Ende des Romanes wieder auftaucht und sich am roten Faden der Handlung herauszieht. Erst am Ende kann der deutsche Leser im Übrigen überrascht feststellen, dass es sich hier um einen Fortsetzungsroman handelt, denn dieser Umstand ist ledliglich in 10-Punkt-Schriftgröße im Impressum versteckt.
Die Charakterentwicklung gerät in dem ersten Teil der Trilogie etwas außer Acht, was insofern schade ist, als der Autor zumindest in der vorliegenden Ausgabe über 500 Seiten Platz hätte, den vielen vorgestellten Charakteren doch etwas mehr Tiefe zu verleihen. So bleibt die College-Gruppe sehr blass - lediglich die Protagonisten Adam und der als Messias fungierende Phoenix werden näher betrachtet.
Grundsätzlich fand ich den Roman gut - nicht weil er, wenn man ihn zusammenpresste, etwa zwei bis drei Liter Blut absondern würde, sondern weil er einige interessante Ideen aufgreift. McBride verlagert die "Offenbarung des Johannes" sozusagen in die Jetztzeit und produziert ein Gemenge aus Fantasy, Horror und Thriller. Trotz aller Schwächen des Romans gebe ich ihm aufgrund der guten Ansätze, die hoffentlich in den beiden nächsten Bänden mehr ausgearbeitet werden, 5,5 von 10 Punkten.
Reiter der Apokalypse - die Rezension von Erik Schreiber