Titel: Das Graveyard Buch Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Wer sich dem Buch nähert, wird erst einmal überrascht. Statt eines Buchs hält der interessierte Leser eine Metallschachtel in der Hand, und erst wenn man diese öffnet, findet man Neil Gaimans Buch. Und das Titelbild richtig betrachtet findet man einen alten Bekannten wieder: Chris Riddell, den Haus und Hofzeichner von Paul Stewart, dem Autor der Klippenlandchroniken. Das sind erst einmal zwei Überraschungen.
Die dritte Überraschung ist das Buch selbst. Wer jetzt ein Buch erwartet wie sein ebenfalls im Arena Verlag erschienenes, preisgekröntes Buch „Coraline“, wird leider etwas enttäuscht werden. Die Geschichte beginnt mit dem Mörder Jack und der Beschreibung, wie er eine ganze Familie im Schlaf umbringt. Nur der jüngste Spross der Familie kann wie durch ein Wunder der Mordserie entgehen. Er klettert aus seinem Bettchen und macht sich auf den Weg durch die offen stehende Tür hinaus auf den nahen Friedhof. Dort wird er von der alten Frau Owens und ihrem Mann aufgenommen und erzogen. Die beiden haben nur einen kleinen Nachteil: Sie sind Geister. Auch die Spielgefährten, Freunde und sonstigen Bewohner des Friedhofs haben das Problem, alle schon einmal gestorben zu sein. Da das Ehepaar Owens keinen Namen für den kleinen Scheißer, keine zwei Jahre alt, hat, wird er kurzerhand in die Familie aufgenommen und heißt nun Owens. Durch Fürsprache durch seine Mutter wird er auf dem Friedhof als Ehrenbürger aufgenommen. Als Vornamen erhält er den schicken, alles ausdrückenden Begriff Nobody, kurz Bod genannt. Er wächst auf dem Totenacker auf, liebevoll umsorgt von den schrillsten Babysittern der Welt. So lange er auf dem Friedhof bleibt, passiert ihm nichts, denn die Bewohner passen auf den heranwachsenden Jugendlichen auf. Doch außerhalb des Friedhofs ist er auf sich allein gestellt. Dort muss er auf sich selbst aufpassen, denn hier lauert das Böse in Form des Mörders Jack immer noch auf ihn.
Wer geglaubt hat, ein Buch von Neil Gaiman in der Hand zu halten, das alle Altersstufen anspricht, irrt sich. Ich für meinen Teil halte es für ein Buch, das sich ganz gezielt an ein sehr junges Publikum richtet, mit dem Hinweis, dass Mama und Papa das Buch zahlen müssen. Das Taschengeld der Zielgruppe reicht bestimmt nicht aus. Und das ist die dritte Überraschung, von der ich ingangs sprach: ein Buch für eine jugendliche Leserschaft, das mit einer bizarren Erzählung zu punkten weiß. Leider sehen ältere Leser das Buch nicht so. Dabei gelingt es dem Autor, die Geister und Untoten in all ihren Spielarten neu und abwechslungsreich zu beschreiben. Sicherlich werden die jungen Leser oder Zuhörer der Geschichte intensiv beiwohnen und erst das Buch verlassen, wenn Owen seinen Friedhof verlässt, um die Welt zu erkunden. Aber vielleicht kommt er noch einmal wieder.
Ein besonderer Hingucker ist das in Form eines Grabsteins gestaltete Metallkästchen. Erhabene Schrift, von Efeu umrankt, sieht die Verpackung schon fast edel aus.
Hugo Award - Aufstellung