Titel: Dark Delicacies - Leckerbissen des Bösen Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Es gibt gute Anthologien und es gibt schlechte Anthologien. Die Anthologien, die im Festa Verlag erscheinen, sind schlicht und ergreifend hervorragend. Egal, ob Frank Festa den Inhalt der jeweiligen Textsammlungen selbst zusammenstellt oder ob „fertige“ Anthologien ins Deutsche übersetzt werden. Die Originalität und die Auswahl ist jedes Mal beeindruckend und sorgt für beste Unterhaltung. Dasselbe gilt auch für die aktuellste Textsammlung, die im Festa Verlag erschienen ist und den Titel "Dark Delicacies" trägt. Dieser Titel ist zugleich der Name eines Buchladens in den USA, der sich auf Horrorliteratur spezialisiert hat. Del Howison, der Inhaber dieses Ladens, ist mit so ziemlich allen bekannten Horrorautoren befreundet und lädt sie regelmäßig zu Lesungen und Autogrammstunden in seinen Laden ein. Daraus entwickelte sich irgendwann einmal eine Idee, eine Anthologie herauszubringen, die Texte der befreundeten Autoren enthält.
Del Howison und Jeff Gelb erhielten dadurch Geschichten von Clive Barker, Ray Bradbury, Ramsey Campbell, Whitley Strieber, Richard Laymon oder auch Brian Lumley und einigen anderen. Wahrscheinlich denkt man nun: ok, mal wieder Texte von Autoren, die sowieso in jeder neuen Anthologie vertreten sind. Darauf lässt sich erwidern: die Autoren schon, aber nicht ihre Geschichten. Und darin liegt das Besondere an dieser Anthologie. Denn Howison und Gelb veröffentlichten nicht Storys, die bereits mehrmals veröffentlicht wurden. Vielmehr schrieben die jeweiligen Horrorautoren speziell für diese Sammlung neue Geschichten. Somit kommt der Leser in den Genuss von 19 bisher unveröffentlichten Kurzgeschichten derzeit bekannter Horrorschriftsteller.
Der Inhalt der einzelnen Geschichten reicht dabei von Untoten, die nachts eine Kleinstadt heimsuchen (Ray Bradbury „Der Wiedergeborene“) über unheimliche Serienmörder (Lisa Morton „Die Black Mill Bucht“) und groteske Kriminalfälle (F. Paul Wilson „Ein Teil des Spiels“ oder auch Steve Niles „Blutige Angelegenheiten“). Aber auch satirische Elemente finden sich darunter, wie z.B. „Kaddisch“ von Whitley Strieber, in der es um ein christianisiertes Amerika geht, oder auch „Des Verstandes beraubt“ von Roberta Lannes, die von einem Psychiater erzählt, der zunehmend besessen wird. Zwischendurch aber klingen auch klassische Elemente durch, wie z.B. bei „Die Turmspringerin“ von Richard Laymon, einer wundervollen Geistergeschichte. Den krönenden Abschluss bildet eine Geschichte von Clive Barker mit dem Titel „Haeckels Erzählung“. Diese Geschichte spielt in Deutschland im frühen 19. Jahrhundert und weist teils ebenfalls Elemente der klassischen Schauerliteratur auf (dass er den Namen Haeckel mit „ae“ schreibt ist wahrscheinlich auf die englische Tastatur zurückzuführen). Die Anthologie, die mit dem Bram Stoker Award ausgezeichnet wurde, weiß durch ihre Vielfalt und Originalität sehr zu gefallen. Es sind keine Geschichten, die sich die Autoren halbherzig ausgedacht haben, nur damit das Buch mit ihren Namen besser verkauft wird. Nein, es sind hervorragende Geschichten, die mit viel Spannung, Witz und unheimlichen Elementen aufwarten. - Sehr zu empfehlen.