Serie / Zyklus: Atevi Trilogie, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Bren Cameron ist Vermittler zwischen einer Menschenkolonie und den eingeborenen Atevi. Als sogenannter Paidhi (eine Mischung aus Botschafter und Übersetzer) ist es seine Aufgabe, den recht brüchigen Frieden zwischen den Menschen und Atevi zu wahren.
200 Jahren zuvor erreichten die Terraner die Welt und es brach ein Krieg aus. Obwohl die Terraner den Atevi technisch gesehen überlegen waren, hatten sie doch kaum eine Chance aufgrund der zahlenmäßigen und körperlichen Überlegenheit der Atevi. Diese sind schwarzhäutig und ca. 2,20 m groß und ihre Körperkräfte übersteigen die der Menschen bei weitem. Zu Beginn der Handlung leben die Terraner auf einem klar definierten Bereich der Welt und es existiert ein stabiler Status quo.
Die Dinge ändern sich, als ein Attentat auf Bren verübt wird und er nur knapp mit dem Leben davonkommt. Er wird von den Atevi in Sicherheit gebracht und für Bren beginnt eine Reise in eine Welt, die er in seinen 15 Jahren als Paidhi nicht annähernd erahnen konnte. Es ist vor allem die Atevi-Killerin Jago, wohl nach menschlichen Begriffen am ehesten als Agentin zu bezeichnen, die Bren mit Rat und Tat zur Seite steht und ihm bei dem Attentat das Leben gerettet hat. Kein Mensch vor ihm hat jemals so viel über die Atevi erfahren, die über 200 Jahre hinweg nur sehr wenig ihrer Kultur den Menschen offenbarten. Lediglich dem Paidhi erlaubte man kleine, selektive Einblicke in die Atevi-Kultur. Doch Bren gegenüber scheinen Grenzen zu fallen. Der Grund für dieses Vertrauen wird offenbar, als Bren erfährt, dass sich ein terranisches Raumschiff in dem Orbit befindet.
Das seit vielen Jahrzehnten währende Gleichgewicht droht nun zu kippen. Die Tatsache, dass sich die Crew des Schiffs zunächst neutral verhält, kann nicht verhindern, dass die Spannung zwischen beiden Seiten stetig wächst und einzig Bren Cameron in der Lage ist, eine Eskalation zu verhindern.
Bei diesem Roman teilen sich die Meinungen. Hard-SF-Fans dürften mit diesem Roman und den Folgebänden ihre Probleme haben. Im Zentrum stehen Kultur, Interaktion und Gedanken. Wer jedoch C. J. Cherryh als Autorin kennt, den mag dies nicht überraschen. Was die einen vielleicht als Schwäche des Romans identifizieren, ist jedoch die Stärke des Werks.
Man erlebt Brens Eintauchen in eine selbst für ihn fremde Welt fast hautnah mit und erkundet mit ihm die Kultur der Atevi. Diese stellt man sich am besten wie das Japan zu Beginn des letzten Jahrhunderts vor, wobei die Atevi über die Terraner Zugriff auf modernere Technik bekamen und diese einsetzen. Dennoch ist die Kultur nach wie vor von einem Feudalsystem mit einem Kriegerkodex (ja, man mag fast sagen von einem Samurai-Kodex) geprägt.
Was aber den Roman aus der Masse der SF hervorhebt, ist die Perspektive: Man erlebt das Ganze nicht aus Sicht der Menschen, sondern aus Sicht der Atevi. Der Titel Fremdling bezieht sich also nicht auf die Atevi, sondern auf die Terraner, die einem alles andere als sympathisch sind. Meisterhaft führt die Autorin den Leser durch eine Welt der fremdartigen Diplomatie, in der jede Tat meist mehr als eine Bedeutung hat. Genau wie für Bren, der ständig auf der Hut sein muss, nicht einen falschen Schritt in der Krise zu unternehmen und sein eigenes Leben in Gefahr zu bringen, tappt auch der Leser über weite Strecken des Romans im Dunklen.
Foreigner ist Auftakt der ersten Atevi-Trilogie, die mit den Romanen Eroberer und Erbe fortgeführt wird. Ganz ohne Zweifel ist diese Trilogie eine der besten Neuveröffentlichungen der SF in den letzten 10 Jahren.
Leider ist die deutsche Ausgabe vergriffen und wird - wen wundert es - zu hohen Preisen gehandelt. Ich kann diesen und die Folgebände jedem SF-Fan empfehlen, der nicht ausschließlich Hard SF liest.
10 von 10 Punkten.
Eine Übersicht der Trilogie gibt es auf der Autorenseite.
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