Serie/Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Oliver Faulhaber |
Wenn sich bei einem Buch die Literaturhinweise auf rein akademische Werke beziehen, das Glossar selbst den mathematisch Geschulten stellenweise schlucken lässt und der Autor auf seiner Homepage sogar versucht, die von ihm entwickelten Ideen zu visualisieren - dann kann man wohl guten Gewissens von Hard-SF in Reinkultur sprechen: Sowohl die Charaktere als auch die eigentliche Handlung treten bei Egan in den Hintergrund, machen Platz für seine Visionen und Gedankenspiele. Dabei lässt er nicht nur alles Körperliche, sondern auch das uns bekannte Universum hinter sich und nimmt den Leser mit auf eine faszinierende Reise:
Alles beginnt recht friedlich auf der Erde des dritten Jahrtausends, als sich die Menschheit zum größten Teil bereits in unterirdische Großrechner (sogenannte "Poleis") hochgeladen und sich so des lästigen Körpers entledigt hat. Doch eine unerwartete kosmische Katastrophe macht den Polis-Bewohnern plötzlich bewusst, dass auch ihrer neuen Existenzform Grenzen auferlegt sind. Aus ihrer Lethargie gerissen, schicken die "Bürger" Tausende Klone auf den Weg zu den Sternen, um Antworten auf die kosmischen Fragen zu suchen, von denen ihre weitere Existenz abhängt - die Diaspora beginnt.
Wie schon erwähnt, konzentriert sich Egan voll und ganz auf die Entwicklung seiner Ideen. Doch solange diese gut sind (wie im vorliegenden Fall), schadet das dem Lesegenuss kaum - man muss nur Gefallen an der Thematik finden.
Zugegeben, stellenweise übertreibt der Autor etwas, und sein Stil driftet ins Dozieren ab, doch im Großen und Ganzen überwiegt ein Gefühl der Faszination über die Art und Weise, wie Egan spekulative wissenschaftliche Theorien in die Wirklichkeit überträgt und mit ihnen experimentiert: angefangen von der Bewusstwerdung eines Bürgers bis hin zu dem Leben in der sechsdimensionalen Raumzeit. Ich kann mir vorstellen, dass Diaspora nicht für jedermann geeignet ist, aber wer sich von der Rezension angesprochen fühlt, sollte unbedingt mal einen Blick hineinwerfen (und sich nicht wundern, wenn er nicht alles versteht).
Bewertung: 7 von 10 Punkten