| Serie: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Was wäre, wenn im amerikanischen Bürgerkrieg die Nordstaaten die entscheidende Schlacht von Gettysburg verloren hätten und der Süden sich dem Einfluss des Nordens durch eine permanente Teilung der Vereinigten Staaten für immer entzogen hätte? Dieses Szenario spielt Ward Moore in seinem Alternative-Timeline-Roman „Der große Süden“ durch.
1938 ist Hodge Backmaker siebzehn Jahre alt, als er beschließt, dem Elend der verarmten Landstädte den Rücken zu kehren, um nach New York zu gehen. Auch hier ist die Armut spürbar, die der Süden den einstmals reichen Nordstaaten aufgezwungen hat, doch es offenbaren sich neue Möglichkeiten. Er kommt in einem Buchladen unter und kann gegen freie Kost und Logis so viel lesen, wie er will. Zwar hatte Hodge von einem Studium geträumt, aber dieses Angebot war besser als nichts. Er liest über die Geschichte des Landes und wird durch Selbststudium Historiker. Nach Jahren des Selbststudiums fasst Hodge den Mut, sich für ein Universitätsstipendium zu bewerben, doch eine Antwort erhält er von einer ganz anderen Seite: Die Physikerin Barbara Haggerwells bietet ihm an, sich einer freigeistigen Wissenschaftskommune anzuschließen. Dort findet Hodge, was er immer gesucht hatte, aber erst die Erfindung einer Zeitmaschine ermöglicht Hodge, endlich Antworten auf Fragen zu finden, die ihn von jeher beschäftigt hatten.
Eines muss man Moore lassen: Er schrieb verdammt gut. Obwohl das Buch bald 60 Jahre auf dem Buckel hat, liest sich die Geschichte sehr frisch. Frei von Längen, aber auch ohne sich zu kurz zu fassen, erzählt der Autor vom Leben des Hodge Backmaker. Der Roman enthält für einen Zeitreiseroman interessante Details wie z. B. die Tatsache, dass der zweite Weltkrieg nie stattgefunden hat. Allerdings beschränkt sich die Erzählung - wie so oft bei einem amerikanischen SF Autor - auf Nordamerika. Ich hätte mir als Leser mehr Hintergründe zu dieser Entwicklung gewünscht. Kritik muss allerdings angebracht werden an dem Zeitreiseplot, das zu guter Letzt nicht mehr als den Versuch darstellt, dem Roman ein rundes Ende zu geben. Da aber die Zeitreise-Geschichte nur in den letzten beiden Kapiteln thematisiert wird, wirkt das Ganze aufgesetzt. Mag sein, dass in dieser Hinsicht der Roman doch ein wenig gealtert ist und im Erscheinungsjahr dieser Aspekt recht interessant gewesen sein mag, aber aus Sicht des 21. Jahrhunderts ist dies keine Offenbarung. Aus diesem Grunde sei der Leser vor dem wahrhaft irreführenden Klappentext gewarnt, der vermuten lässt, es handle sich bei diesem Buch auch um einen Zeitreiseroman. Aber man sollte nicht zu kritisch sein: „Der große Süden“ ist ein gelungener und unterhaltsamer Roman, der einige Stunden gelungene Unterhaltung beschert.
7 von 10 Punkten
Der große Süden - die Rezension von Rainer Skupsch