Reihe: Abarat, Band 2 Eine Besprechung / Rezension von Thomas Backus
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Dieses Buch schließt nahtlos an Abarat an, bitte den Band 1 zuerst lesen!
Candy Quackenbush hat im Abarat schon das eine oder andere Abenteuer bestanden. Sie sagt dann immer „Ich bin nichts Besonderes, ich bin doch nur ein Mädchen“, aber ein Mädchen, von dem man spricht. Ihr Ruf eilt ihr voraus, denn allein durch ihre Anwesenheit im Abarat löst sie Ereignisse aus, die sich auf die gesamte Welt auswirken!
Das Gerede um dieses Mädchen, das aus dem Hernach (unserer Welt, der Welt in der die Zeit immer weiter fließt) kommt, erregt die Aufmerksamkeit von Christopher Carrion, dem Fürst der Mitternacht. Er setzt Otto Houlihan, den Kreuz-und-quer-Mann auf sie an. Doch das Mädchen entkommt ihrem Jäger immer wieder. Meist durch einen glücklichen Zufall, aber auch durch die Hilfe von Freunden, die sie sich während ihrer Abenteuer gemacht hat.
Dass gefällt dem Carrion gar nicht. Er lässt den Kreuz-und-quer-Mann an einem Geschehen teilhaben, das ihn ein wenig motivieren soll: Die Fütterung seiner Gestalt gewordenen Albträume
»Daher belohne ich sie hin und wieder mit einer schönen, üppigen Angsmahlzeit. Sie mögen einfach jede Art von Angst. Mir selbst fällt es mittlerweile ziemlich schwer, irgendetwas in dieser Richtung zu empfinden. Da habe ich zu viel Schreckliches gesehen. Also besorge ich ihnen jemanden, der noch Angst verspürt.«
(Seite 16)
Der Albtraum spuckte und zischte. (Seite 18). Und das, was daraufhin mit einem einfachen Bergarbeiter geschieht, ist sehr motivierend.
Candy ist immer noch auf der Flucht. Sie ist in Begleitung von Malingo, einer Gesh-Ratte, welche sie aus der Sklaverei des Zauberers Kaspar Wolfswinkel gerettet hat. Die beiden schlendern über einen Markt der Insel Qualm Hah (neun Uhr morgend) und lassen sich dort fotografieren. Das Angebot,für das Foto in bessere Kleidung zu schlüpfen (den ihren sieht man die bestandenen Abenteuer an), lehnt sie ab:
»Nein danke, das geht schon. Ich möchte mich später an alles so erinnern, wie es wirklich war. Sie lächelte Malingo zu. Zwei Streuner in Tazmagor; erschöpft aber glücklich.«
(Seite 24)
Die Gesh-Ratte hat im Haus des Zauberers in einigen magischen Büchern gelesen und weiß einiges über Zauberei. Da diese auf der Flucht vor dem Bösen nützlich erscheint, will Candy von ihm lernen, wie man zaubert. Und sie hat auch eine erstaunliche Begabung für Magie ... dieses Talent (das sich scheinbar nicht erklären lässt) kommt ihnen im weiteren Verlauf der Geschichte sehr zu Gute!
Im Laufe dieses Buches lernen wir den Abarat besser kennen. Candy erkundet einige der Inseln. Sie bekommt es mit neuen Gegnern zu tun, gewinnt aber auch neue Freunde.
Und dann steht sie plötzlich dem Fürst der Mitternacht gegenüber. Der findet sie interessant, denn sie erinnert ihn ein wenig an seine alte Liebe, Prinzession Boa (die er an ihrem Hochzeitstag mit einem anderen von einem Drachen töten ließ). Er macht ihr ein verlockendes Angebot, das Candy jedoch nicht annehmen kann ... deswegen kommt es zum Krieg. Einen Krieg, der von langem vorbereitet ist – und an dem vor allen Dingen Mater Motley großes Interesse trägt. Sie ist nämlich von Grund auf Böse, während Carrion sich vor allen Dingen für die erlittene Schmach der verschmähten Liebe rächen will (nun kann man darüber streiten, was verwerflicher ist). Nun, Candy jedenfalls empfindet für Carrion sogar Mitleid, was diesen jedoch noch mehr erzürnt!
Die Prüfungen für Candy werden schwerer. Allerdings sind die Entscheidungen des Mädchens oftmals sehr überraschend. Sie zeigt Mitgefühl und Großmut, wo dies als große Schwäche erscheint, und sich dann doch als Stärke erweist.
Hier finden wir wieder das Märchenhafte in der Geschichte, aber es wird auch wieder heftig. Die Bösen Wesen des Abarat sind nichts für Kinder, gegen die sieht die Hexe in Hänsel und Gretel blass aus – und am heftigsten ist des Teufels Großmutter, Mater Motley, die ihrem Enkel den Mund zunähte, weil er es wagte, in ihrer Gegenwart das Wort Liebe auszusprechen...
Wieder enthält das Buch unzählige schwarzeiß Ilustrationen von Clive Barker – und am Ende befindet sich wieder der farbige Auszug aus Klapps Almanach(identisch mit dem aus Band 1). Und das alles zum freundlichen Taschenbuchpreis!
Dieses Buch und sein Vorgänger sind mit Abstand die besten Bücher, die ich dieses Jahr gelesen habe. Allerdings wird klar, dass diese Geschichte noch nicht zu Ende erzählt wurde!
1: Abarat
2: Tage der Wunder, Nächte des Zorns
3: In der Tiefe der Nacht
4: The Dynasty of Dreamers (noch nicht auf deutsch erschienen)
5: ???
Zum Schluss mag ich noch auf einen neuen Charakter hinweisen, der sich in Carrions Gefolge befindet, den insektenfreundlichen Leeman Vol:
An Vol war nichts Angenehmes oder Ansehnliches. Ihm war nichts an der Gesellschaft seiner Mitzweifüßer gelegen; vielmehr bevorzugte er die Gemeinschaft mit Insekten. Allein schon diese Tatsche hatte ihn auf der gesamten Inselwelt einigermaßen in Verruf gebracht, nicht zuletzt auch deshalb, weil sein Gesicht diverse Spuren dieser Freundschaft zeigte. Seine Nase war vor vielen Jahren einer Spinne zum Opfer gefallen, nachdem diese ein so starkes Gift ins einen Rüssel gespritzt hatte, dass Haut und Knorpel in wenigen qualvollen Minuten abgestorben waren und Vol mit zwei schleimigen Löchern mitten im Gesicht dastand.
(...)
Er suchte die Nähe zu Insekten so leidenschaftlich, dass er seinen Körper zu einer Art Hotel für Angehörige dieser Spezies machte. Sie wimmelten über seinen Leib, ohne im Mindesten eingeschränkt zu sein: unter dem Hemd, in der Hose, auf der Kopfhaut. Sie waren überall.
(...)
Manchmal bissen sie ihn im Zuge ihrer Gebietsstreitigkeiten, und nicht selten gruben sie sich in seine Haut ein, um dort ihre Eier abzulegen, aber das waren eben die kleinen Unannehmlichkeiten, die es mit sich brachte, derlei Geschöpfen ein heim zu bieten.
(Seite 109+110)
Bombastisch, oder?