Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Im Oktober erschien eine neuer Kurzgeschichtenband mit Stories von Christian van Aster und Boris Koch. Bereits im letzten Jahr erschien mit Das Goldene Kalb eine Gemeinschaftsproduktion, die großes Aufsehen erlangte, da einige der dort verlegten Stories für die bundesdeutschen SF-Preise nominiert wurden. Dies könnte ich mir zumindest auch für einige Stories aus BALD vorstellen.
Der Band ist zweigeteilt. Während im ersten Teil insgesamt 9 Stories präsentiert werden, die oftmals vor dem gleichen Hintergrund spielen, sind im zweiten Teil, der mit der Überschrift "Die Z-Bar Chroniken" betitelt ist, 5 Stories vertreten, die von Filmen wie Plan 9 from outer space oder Die Zeitmaschine inspiriert wurden und von den beiden Autoren quasi als Vorfilm zu den nachfolgenden Filmaufführungen verfaßt wurden. Sie lesen sich zwar recht amüsant, sind aus meiner Sicht aber nicht nomminierungswürdig. Das Hauptaugenmerk möchte ich deshalb auf die ersten 9 Stories legen.
"Ein fast vegetarisches Verbrechen" von Christian van Aster
Ein Computerhacker versucht sich vordergründig nach 10 Jahren Gefängnis einen schönen Lebensabend zu verschaffen, indem er mittels des Mannes, der ihm damals verriet, und dessen Verbindungen einen unmöglich erscheinenden Bankraub durchzuführen. In der hier prognostizierten Zukunft ist die Gentechnik sehr weit fortgeschritten und da fast die Menschen dank ihrer Körperhinterlassenschafften jederzeit gentechnisch identifiziert werden können, erscheint solch ein Vorhaben als wirklich unmöglich. Aber den im Gefängnis zum Vegetarier gewordenen Mann geht es gar nicht um den Bankraub, sondern um einen in seinen Augen viel schlimmeren Gegner.
Eine gut verfaßte Geschichte, deren Ende so nicht vorhersehbar war. Ein Seitenhieb auf die Gentechnik und ihre Auswüchse.
"Kindsbehandlung" von Boris Koch
Hier unterhalten sich zwei Frauen in einer nahen Zukunft über ihren Kinderwunsch. Ein Wunsch, der aufgrund der vorhandenen gentechnischen Möglichkeiten, mit dem perfekten Kind erfüllt wird. Kinder ohne gentechnische Anpassungen erscheinen nicht mehr wünschenswert.
Eine nachdenkliche, kleine Story, die aus meiner Sicht durchaus nicht so weit weg erscheint. Welches Ehepaar würde nicht teures Geld für ein perfektes Kind, dem eine glänzende Zukunft bevorsteht, ausgeben?
"Inkompatibel" von Christian van Aster
Ebenfalls eine sehr kurze Story. Der Protagonist, bei dem es sich um einen der letzten noch voll zeugungsfähigen Männern handelt, muß sich als Außendienstler mit einem minderwertigen Posten über Wasser halten, da er kein Klon ist, kein Mensch, der nach Plan gefertigt wurde und somit über keine Schwächen verfügt.
Die Story ähnelt von der Intention her der vorangegangenen und bietet eine andere Perspektive zu dieser Thematik.
"Heimflug" von Boris Koch
Dies ist eine etwas längere Geschichte, die bereits oft verwendete Motive benutzt. Ein Wissenschaftler wacht aus dem Tiefschlaf an Bord eines Raumschiffes auf. Es gelingt ihm einen weiteren Mann aufzutauen. Ein weibliches Mitglied stirbt anschließend bei dieser Prozedur und nur noch ein weibliches Besatzungsmitglied befindet sich lebend im Tiefschlaf. Alle anderen wurden anscheinend durch Fehlfunktionen in ihren Kammern getötet. Während der Techniker versucht die Gründe für die Computerfehler herauszufinden und darüber langsam paranoid wird, richtet sich der zuerst aufgewachte Wissenschaftler in der Nähe der noch schlafenden Frau ein. Letztlich, um sie vor dem langsam wahnsinnig werdenden Techniker zu beschützen. Dieser bringt das Raumschiff unwiederbringlich auf einen Kurs, der direkt zu einem erdähnlichen Planeten führt, und tötet sich dann selbst, um so seinen Gedankengespenstern zu entkommen und den anderen beiden einen Neuanfang für eine menschliche Zivilisation zu ermöglichen.
Adam und Eva im Weltraum auf dem Weg zu einer neuen Erde. Wirklich kein neues Thema. Zwar gut erzählt, aber für mich nicht nominierungswürdig.
"Das Ambrag d/n Debakel" von Christian van Aster
Piraten plündern die Vorräte einer abgelegenen Kolonie und bringen noch einen kleinen Versorger auf. Während sie ihren Rausch ausschlafen, werden sie von ihren Gegner entdeckt, die Gefangenen werden befreit und kurz nach dem Start explodiert ihr Raumer. Wären sie nicht so gierig gewesen und hätten sie sich nicht so sicher gefühlt, wäre ihr Untergang vermeidbar gewesen.
Die Story ist mit knapp 7 Seiten sehr kurz geraten. Der Autor hätte die Geschehnisse ausführlicher darstellen können. So wirken sie wie eine Aufzählung aneinandergereiht.
"Die Gedanken sind frei" von Boris Koch
Philip Z. Nesta wächst als Jugendlicher in einer Zukunft auf, in denen Telepathen real sind. Um den weitaus größten Teil der Bevölkerung vor ihnen zu schützen und um ein weiteres Funktionieren der Gesellschaft zu sichern, werden sie in den Staatsdienst übernommen und fürstlich entlohnt. Philip verkracht sich häufig als Jugendlicher mit seinem Vater, der diese Vorgehensweise gut findet, während Philip als Freigeist die Regierungspolitik ablehnt. Eines Tages stellt er fest, dass er selbst ein Telepath ist. Nach dem Verlust seiner Ehefrau entscheidet er sich für ein Leben weitab der menschlichen Gesellschaft.
Eine Story, die die Thematik der Andersartigkeit von Menschen und den dadurch entstehenden Ängsten anderer aufgreift. Boris Koch schildert hier in einigen Abschnitten das Seelenleben und die -qualen Philips, der letztlich nicht die Kraft hat gegen einen übermächtig erscheinenden Staat zu kämpfen, sondern seinen eigenen Ausweg wählt.
"d:" von Christian van Aster
In einer nahen Zukunft ist es möglich mittels Gehirnimplatate z. B. Spiele zu laden, die dann so realistisch wie nur irgend möglich erscheinen. Der Autor benutzt bekannte Elemente der Cyberpunkstories und verbindet sie mit einem Horrorszenario. Dank der illegalen Aufrüstung erkennt der Protagonist schnell, dass die d:chips untereinander vernetzt sind und eine Droge names Turidium eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Die d:chips und das Turidium scheinen eine Verbindung zu ermöglichen, deren Sinn und Zweck dem Leser verborgen bleibt. Eine Lösung des ganzen wird nicht geboten, so dass das ganze geheimnisvoll bleibt.
"Roboterliebe" von Boris Koch
Erzählt die Story eines Mannes, der bei der Ausübung seiner sexuellen Neigungen entmannt wird. Er treibt es nämlich mit Industrierobotern und bei der heftigen Ausübung seines Triebs kommt es zu einem Unfall.
Es gibt sicherlich nichts was es nicht gibt, so dass mir diese Story durchaus real erscheint, auch wenn sie in einer nahen Zukunft spielt.
"Neue Wege" von Christian van Aster
Hier wird die Zukunft der Religionstechnik beschrieben. Wieso nicht Roboter als Priester benutzen? Die als Interview aufgebaute Story nimmt sich dieser Weiterentwicklung der Ausübung von Religionen mit Ironie an, da peinliche Pannen zum scheitern des Projektes führten.
Insgesamt betrachtet fällt der Gesamteindruck des Storybands etwas schwächer aus, als die letzte Zusammenarbeit Das Goldene Kalb. Es finden sich zwar auch hier einige lesenswerte Stories, aber bei weitem nicht so viele wie in Das Goldene Kalb. Dennoch sollte auch diese Zusammenarbeit ihre Leser finden.