| Serie / Zyklus: Shadowrun, Band 44 Besprechung / Rezension von Eine Besprechung / Rezension von Frank Drehmel |
Zeit in Flammen ist nach Am Kreuzweg (Heyne, 06/6136) und Ragnarock (Heyne, 06/6142) der mittlerweile dritte Shadowrun-Roman um den Magier Talon und seine kampferprobten Chummer: Boom, Hammer, Trouble, Val und - nicht zu vergessen - Arcos.
Das Team der Runner muss auch diesmal wieder tief in die Schatten tauchen, um an mehreren Fronten seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Gallow, Talons Nemesis, der mit Blutmagie beschworene todbringende Feuerelementar ist zurückgekehrt, um seinen "Vater" zu vernichten. Geisterhafte Visionen von Jase, Talons ermordetem Mentor, verfolgen den Magier und wollen ihn scheinbar vor irgendetwas oder irgendwem warnen. Eine angeblich harmlose chemische Substanz, die die Schattenläufer im Auftrag einer irischen Untergrundorganisation aus den Labors des Biotech-Unternehmens Cross Applied Technologies (CAT) erbeuteten, stellt sich im Nachhinein als tödliches Biozid heraus, mit dem ein Massenmord begangen werden soll. Ein fähiger Konzerndecker von CAT, Roy Kilaro, ist sowohl dubiosen Machenschaften seines Konzerns als auch dem Team auf den Fersen, wobei seine Unbedarftheit die Seraphim, das Elite-Schattenteam des Unternehmens, auf den Plan ruft und im Hintergrund zieht die bösartige Mama Iaga ihre Fäden.
Kenson belegt mit diesem Roman, dass er zu den routinierten Shadowrunautoren gehört: die Story ist zwar kein Meisterwerk, aber dennoch spannend, temporeich, atmosphärisch dicht und für - SR-Verhältnisse - unkompliziert. Selbstverständlich werden auch alle jenen Klischees bemüht, die die meisten Leser und Spieler so zu lieben scheinen: harte Männer(innen), coole Sprüche, Cyberware, Matrixtrips, (mächtige) Magie und obligatorische Runnerparanoia. Allerdings gelingt es dem Autor, diese "elementaren" Zutaten auf eine relativ unaufdringliche Weise, quasi en passant, in die Geschichte einzuarbeiten, so dass sie nie übertrieben wirken und mehr als nur reiner Selbstzweck sind, der lediglich den Kenntnisstand des Autors nach dem Motto belegen soll: "Hey, Drekhead, ich hab' den Durchblick!".
Auch wenn den Protagonisten bis auf Talon, Kilaro und - mit Abstrichen - Trouble lediglich Statistenrollen zugestanden werden, sie nicht viel mehr als bloße Namen bleiben, so hat der Leser dennoch nie das Gefühl, er verpasse dadurch etwas entscheidendes. Das für die Handlung notwendige erfährt er über die Teammitglieder; alles anderen wäre in diesem actionbetonten Roman überflüssiger psychologischer und/oder soziologischer Ballast.
Ein paar Worte noch zum generellen Hintergrund der Story: sie spielt "Im Jahr des Kometen", also zu einer Zeit als der Halleysche Komet dicht an der Erde vorbei zieht und dadurch massive Änderungen in der magischen Aura der Erde bewirkt. Kenson ergreift die Gelegenheit, den Leser durch mehr oder weniger vage Andeutungen über die Konsequenzen dieser Annäherung für die Sechste Welt neugierig auf die nächsten Shadowrunromane zu machen; bleibt zu hoffen, dass die in Gang gesetzten Ereignisse dort auch wirklich von ihm und seinen Mitautoren fortgeschrieben werden.
Ein kleines Negativum zum Schluss: Es fehlt - mal wieder - ein Glossar. Dieses sehe sich bei Romanen über komplexe und präzise ausgearbeitete (Rollenspiel)Welten - Shadowrun, Rad der Zeit, DSA, Battletech, Warhammer, usw. -, als elementaren Service am Leser an.
Fazit: Zeit in Flammen gehört zu jenen Shadowrun-Romanen, bei denen man das Gefühl hat, für sein Geld einen fairen Gegenwert in Form solider Unterhaltung bekommen zu haben. Ein actionbetonter Roman, der sowohl für SR-Spieler als auch Nur-Leser interessant sein dürfte.
PS: Ein Lesen der beiden schon erschienenen Talon-Romane schadet nicht.
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