| Titel: Who wants to be a superhero Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Es gab ja schon manche Castingshow, aber Who wants to be a superhero? ist schon einer der exotischsten Vertreter: Zwölf Kandidaten liegen im Wettbewerb und dem Sieger winken als Belohnung ein eigener Comic sowie ein Fernsehfilm. Nun geht es aber nicht um Übersinnliches in der Sendung - also kein "Next Uri Geller" -, sondern um die Darstellung der Superhelden an sich. Dies zu bewerten oblag niemand Geringerem als Stan Lee höchstpersönlich.
Da man nun aber nicht die Helden an ihren angeblichen Superkräften (die sie natürlich nicht haben) messen kann, wurden nur die inneren Werte getestet. Es ging um Hilfsbereitschaft, Aufopferung, Durchhaltevermögen etc. Also um all die wahren Tugenden der Superhelden. Das begann schon so mit der ersten Aufgabe, die zu bewältigen war: Nach Erhalt eines Signals sollte sich der Superheld in ziviler Montur heimlich umziehen und schnellstmöglich zu Punkt X laufen. Auf dem Weg zu Punkt X war ein kleines Mädchen, das nach seiner Mutter rief. Dies war die eigentliche Aufgabe, aber es ist wohl unnötig zu erwähnen, dass die meisten versagten, sondern nur versuchten, möglichst schnell und superheldenmäßig zum Ziel zu kommen . Es gab aber auch echt harte Aufgaben: Die schwerste war wohl, das Vertrauen eines Schwerverbrechers zu gewinnen und im Vier-Augen-Gespräch ihn dazu zu bewegen, etwas zu machen, das vorher vereinbart wurde. Zwar waren die Schwerverbrecher offensichtlich Schauspieler, aber das machte sie nicht weniger Furcht einflößend. Gut war auch der Test mit den beiden Wachhunden. Die Helden mussten es in einer Schutzmontur bis zu einer Tür schaffen. Für manche war die Aufgabe, sich von Zivilisten ein Kleidungsstück auszuleihen, um sich in der Menge zu tarnen.
In diesem Stil war die gesamte Serie: ein wenig naiv und trashig, aber dann doch irgendwie unterhaltsam. Für uns Europäer ist die Serie besonders witzig, weil sie durch und durch amerikanisch ist und man sich also immer wieder fragt, warum denn alles so emotional sein muss. Da wird vor Kamera fast immer geweint, wenn Stan Lee das Fehlen von Superheldentugenden bemängelte und sich anschickte, einen Helden aus der Show zu verweisen. Dass dies natürlich in den Superheldenuniformen besonders komisch wirkte, versteht sich von selbst. Übrigens erhielt jeder Superheld nach der ersten Folge einen Facelift seines Kostüms und das war ein Segen, denn alle waren nicht gleich begabt beim Nähen und Gestalten.
In der zweiten Season gab es wieder zwölf Kandidaten, aber viel gelernt hatten sie von ihren Vorgängern nicht. Wieder gab es köstlich abgedrehte Fans und Nerds zu sehen, aber auch ein paar, die es wirklich drauf hatten. Die Aufgaben wurden härter und Stan Lee stellte geschickter seinen Fallen: Die Aufgabe, mal schnell Abendessen (im Kostüm) zu holen, wurde zum Willenstest, denn der Verkäufer verstrickte den Helden in ein Gespräch und versuchte die Geheimidentität zu ergründen. Hier wurde natürlich wieder im großen Stil versagt.
Insgesamt ist die Serie für Genrefans eine gute Unterhaltung, die oft unfreiwillig komisch ist. Stan Lee erst macht das Ganze interessant, denn wer weiß mehr über Superhelden? Mit diebischer Freude erlebt man, wie die Superhelden in die Fallen der alten Comic-Ikone stolpern und dann die Kritik beim finalen Voting über sich ergehen lassen müssen. Stan Lee hat sichtlich Spaß an der Sache und dies macht diese Casting-Show sehenswert, sofern man sich darauf einlässt und keine tiefschürfende Unterhaltung erwartet.