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1982 war ein Jahr des Aufbruches in der Computerindustrie. Auf einer Messe wurde der Commodore C64 vorgestellt, der in der nächsten Dekade die Jugendzimmer auf dem Globus bestimmen sollte. Spielkonsolen aller Arten und Leistungsfähigkeiten wurden auf den Markt geworfen, da die Computergrafik langsam Einzug hielt in die Konsumgesellschaft des "Ottonormalverbraucher". So ist es kein Wunder, dass der zu dieser Zeit noch experimentierfreudige Disney-Konzern ein Filmkonzept förderte, das unter der Leitung von Steven Lisberger - der dann auch für die Regie verantwortlich war - die allgemeine Computerisierung der Gesellschaft auf die Kinoleinwand übertragen sollte.
Zugrunde gelegt wird hier ein normaler Betrugsfall. Ed Dillinger, ein eher lausiger Programmierer, verstand es, die Früchte der Arbeit von Kevin Flynn für sich zu ernten und sich zum CEO von ENCOM hinaufzuarbeiten. Dabei geht es vor allem um die Idee und die grundlegende Programmierung eines Arcade-Spieles, welches ENCOM viele Millionen Dollar Einnahmen verspricht. Flynn wird aus der Firma geworfen und hält sich mehr schlecht als Recht als Spielhallenbesitzer über Wasser. Dabei nutzt er jedoch jede Gelegenheit, in das Hauptsystem von ENCOM einzudringen. Das Master Control Programm - MCP - beherrscht ENCOM auf digitaler Ebene und verwaltet und überwacht alle Datenströme in der Firma. Unbemerkt von der Außenwelt ist das MCP jedoch im Laufe der Zeit immer mächtiger geworden und hat eine Art künstliche Intelligenz entwickelt. Dabei versucht es auch in der realen Welt über Dillinger Einfluss zu nehmen.
Alan Bradley, einer der Angestellten ENCOMs, ist frustriert, da man aufgrund der Hackerversuche Flynns allen unteren Programmierern den Sicherheitszugang gestrichen hat. Sein eigenes Projekt wird vom MCP jedoch auch mit Argusaugen beobachtet - das Programm namens TRON soll unabhängig vom MCP andere Programme überwachen. Zusammen mit Lora, einer wissenschaftlichen Assistentin, geht er zu Flynn, um mit ihm zusammen eine Strategie gegen das Master-Control-Programm zu entwickeln. Lora arbeitet an einer auf Laser basierenden Abtastvorrichtung, die reale Gegenstände in ihre Bestandteile zerlegen und digitalisieren kann. Dabei ist dieser Vorgang sowohl in der einen als auch in der anderen Richtung möglich.
Flynn willigt sofort ein, in der Hoffnung, etwas gegen Dillinger unternehmen zu können. Jedoch hat er nicht mit dem Widerstand des MCP gerechnet - über den Arbeitsrechner im Labor versucht Flynn einen Zugang ins System zu erlangen, jedoch aktiviert das MCP den Laserscanner und überträgt Kevin Flynn in die digitale Welt.
Dort angekommen sieht er sich einem völlig neuen Kosmos gegenüber. Die Programme werden als Alter egos ihrer Programmierer dargestellt, sie wirken wie Menschen und handeln in ihren vorgegebenen Rahmenbedingungen auch entsprechend. In der digitalen Welt ENCOMs herrscht das MCP wie ein Diktator und unterdrückt alle anderen Programme. Mittels seines Stellvertreters Sark - mit dem Gesicht Dillingers - regiert er mit harter Hand und verleibt sich immer mehr Kommandozeilen anderer Programme ein. Das so mächtiger und mächtiger werdende MCP bekommt jetzt jedoch in diesem digitalen Kosmos zwei ernst zu nehmende Gegenspieler: den User Flynn und ein rebellisches Programm namens TRON ...
Der mit leichtem Kult behaftete Film aus den Achzigern kann von zwei verschiedenen qualitativen Seiten gesehen werden. Zuerst die negative: Tron leidet an der Story und der Umsetzung. Eine recht platte Gut-Böse-Geschichte kann man ja noch verschmerzen, schließlich ist das im selben zeitlichen Rahmen gestartete "Star Wars" auch nicht tiefgründiger. Jedoch machte "Star Wars" Spaß, während "Tron" ohne eine Möglichkeit blieb, wie sich der Zuseher mit den Protagonisten identifizieren könnte. Blasse Charaktere und eher dünne Dialoge machen die Interaktion zwischen den einzelnen Handlungsträgern nicht unbedingt zu einem cineastischen Vergnügen. Die Story ist in dieser Form weitgehend vorhersehbar und kaum ein Klischee bleibt ungenutzt - unlogische Küsse, Slapstickeinlagen und pseudobösartige Gegner, die niemanden zum fürchten bringen.
Auf der anderen Seite ist die Umsetzung des digitalen Kosmos - die Idee an sich und die Musik. Bleiben wir gleich bei Letzterem. Wendy Carlos, Pionierin in der Synthy-Szene, packte für "Tron" einen der damals neuen Analog-Synthesizer von Moog aus und kombinierte diesen Sound mit Kirchenorgeln und dem Klang eines Symphonieorchesters. Heraus kam ein Soundtrack, der sich durchaus sehen lassen kann.
Die Idee, auf der digitalen Ebene Programme wie Menschen herumlaufen zu lassen, erinnert irgendwie an "Der Zauberer von Oz". Dreimal mit den Füßen zusammengeschlagen - und schon befindet man sich in einer anderen Welt mit teils ähnlichen, teils unterschiedlichen Verhaltensmustern wie in unserer Realität. Natürlich hat die Festlegung auf menschliche Protagonisten auch praktische Gründe, einerseits eine einfachere Herstellung des Filmes und andererseits eine größere Akzeptanz des Filmpublikums. Die Umsetzung jedoch ist grandios. So wurden für das Design zwei bekannte Künstler verpflichtet. Jean Giraud alias Moebius entwarf die Sets und die Kostüme für den Film. Wer seine alten Comics aus der Zeitschrift "Schwermetal" noch kennt, wird die Ähnlichkeiten sofort bemerken. Die berühmten Light-Cycles - die Motorräder, mit denen Tron und Konsorten gegen ihre Feinde antreten müssen, stammen aus der Schmiede von Syd Mead. Von ihm stammt auch das Design des Filmes "Blade Runner".
"Tron" setzte, was die Computergrafik in einem Film betrifft, neue Maßstäbe. Über 20 der etwa 90 Minuten stammten aus dem Rechner. Unter Einbindung verschiedenster Zeichentrickszenen schuf man hier einen neuen Peak, was digitale Grafik im Film und ihren Einfluss auf den Streifen betrifft. Heute ist man eigentlich durchgehend der Meinung, dass "Tron" die Entwicklung des Animationsfilmes entscheidend beeinflusst hat. John Lasseter, Kopf von Disneys und Pixars Animationsabteilung meinte: "Without 'Tron' there would be no 'Toy Story'".
Verschiedenste Elemente des Filmes beschäftigen die Populärkultur noch heute. So wurden im Laufe der Jahre mehrere Comicreihen veröffentlicht, verschiedenste Computerspiele führten die Geschichte weiter oder stützten sich auf einzelne Elemente des Filmes. Zum Beispiel wird mit "Armagetron" derzeit ein immer beliebteres Netzwerk-Light-Cycle-Rennspiel vertrieben. Disney etnschloss sich aufgrund der anhaltenden Erinnerung an den Film, 2010 ein Sequel zu drehen, und kündigte ebenso eine Miniserie für das Fernsehen an.