| Serie/Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Es ist eine regnerische Nacht, als Staubfinger vor dem Haus auftaucht und die zwölfjährige Maggie und ihren Vater Mo in ein Abenteuer entführt, von dem sie nicht einmal zu träumen gewagt hätte.
Maggies Vater reagiert seltsam auf den Besuch und es scheint, dass beide eine gemeinsame Vergangenheit haben. Der Name Capricorn fällt und bald wird offenbar, dass dieser Mann ein bestimmtes Buch von Mo haben möchte. Am nächsten Tage brechen Maggie, Mo und auch Staubfinger sehr früh auf und verlassen das Haus, in dem Maggie mit ihrem Vater seit einiger Zeit wohnt, fast fluchtartig. Maggie kann sich einfach keinen Reim auf die Ereignissen machen, und erst als sie bei ihrer Tante Elinor ankommen, wird alles klarer. Capricorns Männer tauchen auf und nehmen Mo und das Buch mit. Maggie ist verzweifelt und will alles daran setzen, Mo zurückzubekommen. Doch die Wahrheit, warum Staubfinger ihren Vater immer "Zauberzunge" nennt, ahnt sie noch nicht.
Was wie eine Mafiageschichte beginnt, wendet sich mehr und mehr dem Phantastischen zu. Spätestens als man von der Verbindung zwischen Mo und Staubfinger erfährt, ist klar, dass dieses Werk der phantastischen Literatur zuzuordnen ist.
Tintenherz ist ein wunderbar geschriebenes Buch, das sich viel Zeit lässt. Autorin Cornelia Funke legt sehr viel Augenmerk auf Beschreibungen der Gefühle und der Umgebung und setzt mit diesem Jugendbuch entschieden ein Zeichen gegen die heutige schnelllebige Zeit. Jedem Kapitel vorangestellt wird ein Zitat aus einem berühmten Klassiker der Literatur und so kann der Leser sich Tipps holen für die Bücher, die er nach Tintenherz lesen möchte.
Das ganze Buch ist ein Plädoyer für das Lesen und manche Beschreibung in dem Buch ist eine Metapher aus der Welt der Bücher. Dennoch: Das Buch ist nicht perfekt. Zu Beginn benötigt es ein wenig Zeit, um an Fahrt zu gewinnen und ich selbst, als Kind der schnelllebigen Zeit, fühlte eine gewisse Ungeduld in mir aufsteigen. Sicherlich liegt das am Leser, aber für einen Jugendlichen mag der Beginn eine Zerreißprobe sein. Man gewinnt den Eindruck, es handle sich um ein Jugendbuch, geschrieben für Erwachsene, die gerne Jugendbücher lesen. Im Mittelteil stellt sich dieses Gefühl nochmals ein, als die Handlung irgendwie nicht so recht voranschreiten möchte und sich Ereignisse fast widerholen. Doch zum Schluss hin gewinnt das Buch wieder deutlich an Fahrt und fesselt den Leser bis zur letzten Seite. Das Ende ist ein wenig offen und einige Fragen bleiben.
Es ist angedeutet worden, Tintenherz sei das erste Buch einer Reihe oder Trilogie. Gut, das ist nach dem Ende durchaus vorstellbar; vor allem wenn man den Erfolg des Buchs betrachtet: Die englische Übersetzung Inkheart verkaufte sich so gut, dass sie sich auf dem ersten Platz der New-York-Bestseller-Liste für Kinder- und Jugendbücher wiederfand. So liegt ein Vergleich zu Joanne K. Rowling nahe, doch Cornelia Funke schreibt ganz anders und ihre Intention ist ebenfalls eine gänzlich andere.
7 von 10 Punkten.
Die Hörbuchproduktion ist mit 16 CDs richtig umfangreich und das Werk dürfte ungekürzt umgesetzt worden sein. Einzig die Romanzitate immer zu Beginn eines Kapitel wurden weggelassen und durch Musikstücke von einer zweiminütigen Dauer ersetzt. Ich persönlich konnte mit den Musikstücken wenig anfangen (was bestimmt nicht an der Qualität der Stücke lag - diese waren stimmungsvoll und abwechslungsreich). Ich bin der Typ Leser, der nach einem Kapitel gleich die Seite umblättert und weiterliest und nicht erst verweilt und möglicherweise reflektiert.
Der Erzählfluss ist in Tintenherz ohnehin so geruhsam, dass man alles sofort verarbeitet und keine Pause benötigt. Außerdem ist es schade, dass die Zitate weggefallen sind. Dadurch verliert das Buch.
Erzähler Rainer Strecker macht seine Sache jedoch sehr gut. Seine Stimme führt den Hörer sicher und mit einer permanenten Spannung durch das Buch. Wenn er den einzelnen Protagonisten seine Stimme verlieh, so geschah das stets behutsam, aber immer eindeutig - man wusste immer, wer gerade sprach. Doch der Erzähler ging noch ein Stück weiter: Da die Kapitel aus der Sicht von unterschiedlichsten Protagonisten geschrieben wurden, variierte er auch kaum merklich seine Stimme, je nachdem, wer erzählte. Das ist Vortragskunst auf höchstem Niveau und man wünscht sich, dass alle Produktionen in dieser Weise vorgetragen würden. Leider ist dies nicht immer der Fall ist.
8 von 10 Punkten.
Themenbereich "Phantastik für Kinder und Jugendliche"
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