Titel: The Raven Eine Besprechung / Rezension von Max Pechmann |
Ulli Lommel ist einer derjenigen Regisseure, bei dem sich eindeutig die Geister scheiden. Für die einen gehört er mit in die Riege der Begründer des Slasher-Movies, für die anderen ist und bleibt Lommel ein Debütant. Sicher ist, dass der in Deutschland geborene Regisseur, der zu Beginn seiner Karriere mit Fassbender zusammenarbeitete, mit "Boogie Man" einen Klassiker des 80er-Jahre-Horrorfilms ablieferte. Danach tauchte er gelegentlich mit unterdurchschnittlichen Filmen auf. Seit etwa 2006 befindet sich Lommel in einer Schaffensoffensive und liefert pro Jahr bis zu zwei Filme ab.
Als Beispiel seiner neuen Schaffensperiode sei hier "The Raven" genannt, ein Film, in dem Lommel versucht, dem Werk Edgar Allan Poes gerecht zu werden. Doch mit den wunderbaren Roger-Corman-Filmen aus den 60er Jahren, die ihre Beliebtheit einem unvergleichlichen Vincent Price verdanken, hat Lommels Film rein gar nichts zu tun.
Die Story handelt von einer jungen Frau namens Lenore, die seit ihrer Kindheit von Poes Werken begeistert ist und sich für die Leonore aus Poes gleichnamigem Werk hält. Daher fürchtet sie sich, dass sie bald vom Tod heimgesucht werden wird. Doch niemand nimmt ihre Ängste ernst. So bleibt ihr nichts anderes übrig, als selbst zu versuchen, ihrem Schicksal zu entgehen ...
Bei der Deutung von Lommels Filmen tut man sich seit jeher schwer, besonders dann, wenn sie wie in "The Raven" in Form eines Amateurvideos daherkommen. Das heißt, für Equipment und Schauspieler stand kaum Geld zur Verfügung. Lommel zieht sich dabei aus der Affäre, indem er versucht, seinem Film eine traumartige und damit surreale Atmosphäre zu geben. Zu Beginn des Filmes gelingt ihm das auch, und für einen Kurzfilm von 20 Minuten könnte man sein Vorhaben sicherlich befürworten. Allerdings versucht Lommel, 80 Minuten voll zu bekommen, und muss daran scheitern. Denn Aufnahmen, die zunächst nicht ohne Wirkung sind, wiederholen sich ständig und wirken langweilig. Trotzdem kann man Lommel keine Halbherzigkeit vorwerfen, da er ja in der Tat versucht, eine gewisse Dichte in seinen Film zu bekommen. Die Frage jedoch ist: Was wollte Lommel eigentlich? Einen Kunstfilm oder einen Null-Budget-Trash-Film? Eine Antwort darauf zu finden ist schwer. Einzelne Szenen sprechen für Ersteres, die schauspielerische Leistung sicherlich für den zweiten Punkt.
Wie dem auch sei, Lommel schwankt zwischen Intellektualität und Flachheit hin und her. Es wäre sicherlich besser gewesen, er hätte sich für eines von beidem entschieden.