| Titel: Supernova Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Charles Stross schreibt und veröffentlicht schon seit Ende der achtziger Jahre Science Fiction. Er begann wie so viele angloamerikanische Autoren mit Kurzgeschichten und Novellen, bis er dann mit "Singularität" seinen ersten SF-Roman veröffentlichte und es damit gleich auf die Nominierungsliste für den HUGO AWARD schaffte. Bei "Supernova" handelt es sich um einen direkten Nachfolgeroman, der im selben Universum spielt und in dem der Leser einigen bekannten Figuren aus dem ersten Roman wieder begegnet.
Charles Stross' Setting baut darauf auf, dass eine für die Menschheit unbegreifliche Macht einen Großteil der Erdbevölkerung mittels einer Überraumtechnologie auf Planeten der gesamten Milchstraße verteilte. Vierhundert Jahre sind seit diesem Ereignis vergangen, wobei viele Zivilisationen bereits seit Jahrtausenden bestehen, da Eschaton nicht nur eine räumlich, sondern auch eine zeitliche Verteilung vorgenommen hat.
So konnten sich getrennt voneinander ganz unterschiedliche Zivilisationen entwickeln, die erst mit dem Erfinden der Überlichtraumfahrt wieder Kontakt zueinander fanden. Es entstand ein interstellares Handelsnetz und ein reger Austausch von Gütern, Lebewesen und auch Gesellschaftsformen.
Die Handlung setzt mit der Vernichtung des Planeten Moskau ein, einer abgelegenen Welt, die sich gerade in einem Handelsdisput mit Neu-Dresden befand. Die Sonne des Systems wurde mittels einer verbotenen Waffe zur Supernova angeregt und vernichtete somit alles Leben innerhalb des Systems. Seitdem dehnt sich die Strahlen- und Partikelwolke immer weiter aus und bedroht auch die umliegenden Sonnensysteme.
Waffen mit solch einem Vernichtungspotential sind überaus illegal und rufen normalerweise Eschaton auf den Plan. Dieses Wesen greift aus der Zukunft heraus in Entwicklungen ein, die zu einer Bedrohung für es werden könnten.
Aber nicht nur ein Avatar Eschatons versucht die Hintergründe der Vernichtung eines ganzen Planeten aufzudecken, auch Rachel Mansour, eine Sonderagentin der Vereinten Nationen, und ihr Ehemann Martin Springfield, der diesmal als eine Art Berater fungiert, versuchen zu klären, ob tatsächlich die Regierung von Neu-Dresden sich für diesen Massenmord verantwortlicht zeigt. Ihr eigentlicher Auftrag besteht aber darin, Botschafter und andere hohe Regierungsfunktionäre, die sich zum Zeitpunkt der Zerstörung auf anderen Planeten befanden, vor einem Attentäter zu schützen und sie gleichzeitig dazu zu bringen den Rückzugsbefehl für mindestens drei Raumbomber, die wahrscheinlich mit Unterlichtgeschwindigkeit Neu-Dresden ansteuern, zu geben. Kein einfaches Unterfangen, zumal sich beide alsbald mitten in einer Entführung eines Touristenraumschiffes durch Übermenschen wiederfinden, die ihr eigenes politisches Süppchen kochen. Erschwerend hinzu kommt, dass diese scheinbar von einem ebenfalls in der Zukunft existierenden Wesen gelenkt werden, welches weitaus übergeordnetere Ziele verfolgt.
In Stross' Welten-Flickteppich finden sich alle politischen und gesellschaftlichen Formen wieder, die wir von unserer Erde her gewohnt sind. Im Vordergrund von "Supernova" stehen die Übermenschen, die versuchen, mittels wirtschaftlicher und politischer Tricks langfristig ein eigenes Imperium aufzubauen. Ihre Gesellschaftsform könnte man als überzeichnete Nazi-Herrschaft bezeichnen, wobei der Autor die parodistischen Elemente in den Vordergrund stellt, ohne hierbei in eine reine Parodie abzugleiten. "Supernova" zählt eindeutig zur Space Opera, die bekanntlich vor allem durch britische Autoren eine Wiederauferstehung erlebte und sich hierzulande ebenso blendend verkauft wie im englischsprachigen Raum. So entwickelt Stross sein eigenes Universum und vernachlässigt auch nicht die technischen und naturwissenschaftlichen Aspekte seiner Ideen. Auch dieser Roman ist mit einigem Hintergrundwissen angereichert, welches sehr allgemeinverständlich formuliert ist, so dass es nicht zum Technogebubble ausartet.
Zum Glück sehen sich die deutschsprachigen Verlage außer Stande, alle Werke der laufenden Space-Opera-Welle zu veröffentlichen. So erhält der hiesige Leser in deutschsprachiger Übersetzung lediglich die vermeintlich verkaufsträchtigsten und interessantesten Werke zu lesen. Dass Charles Stross mit seinen beiden Romanen dies geschafft hat, spricht schon für die Eigenständigkeit seiner Ideen und sein schriftstellerisches Ausdrucksvermögen. Beides hebt ihn von einer Vielzahl von Autoren ab, die ebenfalls im Genre der Space-Opera publizieren, und lässt seinen Roman zu einem überdurchschnittlichen Lesevergnügen werden.
Gespannt darf man sein, ob auch seine Fantasy-Trilogie, deren erster Band bereits erschienen ist, ihren Weg über den Kanal finden wird.
Supernova - die Rezension von Erik Schreiber