Reihe: Stravaganza, 1. Band Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Lucien ist ein schwerkranker Junge, der zu Hause im Bett liegt und mit einer tödlichen Krankheit kämpft. Die Chemotherapie, der er unterzogen wurde, hat ihm alle Haare ausfallen lassen und er ist matt und müde. Sein Vater liest ihm Bücher vor, weil er zu schwach ist, ein Buch zu halten. Eines Tages hat der Vater aber nur ein seltsam buntes, marmoriertes Buch dabei. Er schenkt es seinem Sohn, damit der es als Tagebuch nutzen kann.
Das Sonderbare an diesem Buch tritt zu Tage, als Lucien damit einschläft. Er wacht in der Stadt Bellazza auf. Diese Stadt erinnert an das irdische Venedig, doch Bellazza ist eine Stadt in der Parallelwelt. Dort gibt es ein Land, das Italien ähnlich ist, aber Talia heißt, etwas anders aufgebaut ist und in dem Romula die Hauptstadt ist. Es ist die Zeit, die dem 16. Jahrhundert der Erde entspricht.
Lucien landet in dieser wunderschönen, schillernden Stadt mit ihren leider stinkenden Kanälen und anderen Wasserwegen. Doch der Schein trügt. In der Stadt treiben Mörder, Verbrecher und anderes lichtscheues Gesindel ihr Unwesen. So wird Lucien ungewollt in einen Anschlag auf die Herzogin von Bellazza, durchgeführt von einem Beauftragten des Botschafters von Remora, verwickelt. Botschafter Rinaldo di Chimici gehört einer Familie an, die im Hintergrund in den Stadtstaaten, aber auch ganz offiziell an den Fäden der Macht ziehen. Die Herrscherin von Bellazza ist bei ihrem Volk sehr beliebt, doch die Familie di Chimici will die Stadt in ihr Herrschaftsgebiet eingliedern und die Macht übernehmen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht. Als Rinaldo di Chimici erfährt, dass Lucien, oder besser Luciano, wie er jetzt genannt wird, zu den Zeitreisenden gehört, ist er hinter dem knapp 16-jährigen Jungen her. Mit dem Wissen von Luciano will er die Herzogin um ihre Stadt bringen. Die Stravaganti, wie die Zeitreisenden genannt werden, werden daran erkannt, dass sie keinen Schatten haben.
Die Stravaganti gibt es, seit ein gewisser William Dethridge, 450 Jahre vor Luciens Geburt, das erste Mal eine Zeitreise antrat. Mehr durch Zufall geriet er nach Talia. Und seit diesem Zeitpunkt gelang es mehrmals Stravaganti, diese Reise durchzuführen.
Luciano trifft in Bellazza auf die gleichaltrige Arianna und den Wissenschaftler Rodolfo, der ihm ein Lehrmeister in Wissenschaft und Alchemie ist. Lucien schläft nachts in seinem Bett ein und wacht tags in Bellazza auf. Das Leben dort ist so ganz anders als im England des 21. Jahrhunderts. Eines Tages wird er dann von den intriganten Gegenspielern der Herzogin gefangen genommen und in einen Kerker gesperrt. Damit kann er nicht mehr nach London zurück und sein Körper stirbt.
Die Autorin Mary Hoffman, in Großbritannien eine bekannte und erfolgreiche Kinderbuchautorin, schreibt sehr ideenreich und unterhaltsam. Ihre Personen sind wie aus dem Leben gegriffen, wirken sehr natürlich und sind hervorragend beschrieben. Ihre sympathischen Helden nehmen die jungen Leserinnen und Leser sofort gefangen. Die spannende Handlung ist sehr unterhaltsam und beeindruckt durch Ideen und Stil. Habe ich früher die Jugendbücher aus dem Bereich der Phantastik immer ein wenig stiefmütterlich behandelt, so hat sich meine schlechte Meinung dazu sehr bald gewandelt. Gerade im Arena Verlag erscheinen immer häufiger Bücher, die ich als erwachsener Leser ebenso gern lese wie die Kinder aus meinem Bekanntenkreis. Gerade auf deren Meinung lege ich viel Wert, und so überrascht es mich nicht, dass auch dieses Buch wieder mit Attributen wie „supertoll", „klasse“ und Ähnlichem belegt werden.