Serie/Zyklus: Nocturno Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Die aktuelle Ausgabe von NOCTURNO hat einige Zeit auf sich warten lassen. Gut ein Jahr ist meines Wissens ins Land gezogen bis sich die beiden Herausgeber mit einem wirklich dicken Taschenbuch/Paperback zurückgemeldet haben. Die vorliegende Ausgabe soll vorerst auch die letzten sein, wobei beide nicht von einem endgültigem Aus für dies Magazin gesprochen haben. Ein Wiedersehen mit NOCTURNO ist also nicht ausgeschlossen. Der Schwerpunkt liegt einmal mehr auf den Kurzgeschichten, die manchmal sehr umfangreich geraten sind. Zu Beginn finden sich einige Leserbriefe und Rezensionen zur vorherigen Ausgabe und am Ende dann einige Seiten Rezis zu Romanen und Kurzgeschichten, die seit der letzten Ausgabe erschienen sind. Teilweise sind diese Bücher schon über ein Jahr auf dem Markt und somit fehlt es dieser Sparte doch an Aktualität. Da ausschließlich deutschsprachige Autoren mit ihren Werken besprochen werden, die zumeist bei Kleinverlagen erschienen sind und deshalb nicht allgemein bekannt sein dürften, ist dies nicht ganz so dramatisch.
Insgesamt finden sich 20 Kurzgeschichten von mehr oder weniger bekannten Autoren in diesem Magazin. Aufgrund dieser Anzahl dürfte allein schon für jeden Freund der dunklen Phantastik etwas lesenswertes dabei sein.
Viele dieser Werke bewegen sich sowohl vom schriftstellerischen Ausdruckvermögen als auch von der Idee her auf Fanniveau und so möchte ich mich auf die Geschichten konzentrieren, die mir ein wenig ungewöhnlicher erschienen sind.
Den Reigen eröffnet Malte S. Sembten, dessen Story „Maskenhandlungen“ bereits aus dem Jahre 1997 stammt. Sembten präsentiert den Leser eine Mischung aus Kindesmissbrauch, Selbstjustiz und Wiederauferstehungsymbolik, die in ihren Beschreibungen durchaus als sehr detailliert bezeichnet werden kann. Das Vermischen dieser verschiedenen Thematiken und ihre schriftstellerische Ausarbeitung lässt einem diese Story nicht so schnell vergessen. Eine Entdeckung ist Sebastian Mander mit seiner Geschichte „Die Bilder des Irren“. Der neue Besitzer eines alten Gutshauses, das seit Jahren leer stand und davor eine Irrenanstalt beherbergte, findet in dem verlassenen Büro des ehemaligen Leiters der Anstalt eine Mappe mit Zeichnungen, die ihm sofort in den Bann schlagen. Die Bilder stammen von ehemaligen Insassen, die tief in den Wahnsinn des Hauses hinabsteigen konnten und hier Dinge sahen, die das Pflegepersonal nicht wahr nahm. Die Geschichte besticht durch ihren eindringlichen Stil und durch ihre etwas ungewöhnliche Idee. Wer die gothic novel mag, der wird auch diese Kurzgeschichte mögen.
„Rinaldinis Hände“ stammt von Eddie M. Angerhuber, die für mich bereits seit längeren zu den besten Phantastikautoren des Landes zählt. Ihr Stil hebt sich deutlich von dem der meisten Beiträge ab. Ihre Geschichte verfügt weder über Ort noch Zeit und entzieht sich somit einer möglichen Einordnung durch den Leser. Die Geschichte alleine steht im Vordergrund und wird in einer ausgereiften Sprache präsentiert. Gerade die etwas ruhigeren Geschichten in denen nicht vordergründige Gewaltdarstellungen vorzufinden sind, zählen zu ihren Stärken und lassen einem dennoch einen Schauer über den Rücken jagen.
Andreas Gruber zählt ja mittlerweile zu den bekannten Autoren verschiedener phantastischer Genres. Sein im letzten Jahr erschienener Roman „Der Judas Schrein“ hat sehr gute Kritiken erhalten, so dass es nicht verwundert, wenn im kommenden Jahr zwei weitere Romane von im beim Festa-Verlag eingeplant sind. Das er auch ein Meister der Kurzgeschichte ist, hat er bereits mit diversen Kurzgeschichten unter Beweis gestellt. Die nun vorliegende mit dem Titel „Ristorante Mystico“ beleuchtet die Zusammenhänge von Menschen, die zusammen in einem Mietshaus wohnen. Aus der Sicht Miros, Koch im Ristorante Mystico, wird beschrieben, wie sich die Lebensfäden der Hausbewohner untereinander kreuzen und beeinflussen. Dabei stellt der etwas tumbe Miro so etwas wie einen guten Engel dar, der mit einer großen Portion Glück und Lebenserfahrung das Leben einiger Bewohner zum Guten wie zum Schlechten wendet. Die Geschichte kommt ganz ohne phantastische Elemente aus, besticht aber durch ihre Ideen, die einer schwarzen Komödie entnommen sein könnten. Einfach unterhaltsam zu lesen.
Außergewöhnlich ist die Kurzgeschichte von Horst Hoffmann, da es sich hier um eine SF-Story handelt und sie somit allein schon thematisch aus dem Rahmen fällt. Bekannt ist Horst Hoffmann nicht nur als Perry Rhodan-Autor, sondern auch durch sein Fanzine WATCHTOWER, welches er vor einigen Monaten reaktiviert hat. „Mr. Cochrans wunderbare Welt“ hätte auch gut in sein eigenes Fanzine hineingepasst, denn die nicht besonders tiefgründig verfasste Story, ist der humorvollen SF zuzurechnen.
Boris Koch läst in seiner Story einen ganz normalen Tag an sich vorbeiziehen. Einen Tag, an dem so alles schief geht, was schief gehen kann. Zwar handelt es sich hier ebenfalls nicht um eine phantastische Story, aber sie ist überaus amüsant zu lesen und mit der nötigen Selbstironie verfasst.
Zum Schluss steuerte Thomas Wagner seine aus dem Jahre 2000 stammende Kurzgeschichte „Nocturnalien“ bei, die für mich zu den besten Werke dieses Magazins zählt. Die Atmosphäre der gesamten Geschichte ist düster, regenverhangen und ein wenig traurig. Wagner erzählt von einem Mann, der in eine Stadt zurückkehrt, die er vor einiger Zeit verlassen hat. Eigentlich wollte er nie zurückkehren, aber Lebenszeichen einer verschollen geglaubten Freundin läst ihn zurückkehren. Der Hinweis führt ihn in ein Hotel, welches eigentlich gar nicht existieren dürfte. Hier findet er seine Freundin wieder, die dem Hotel anscheinend genauso verfallen ist, wie viele vor ihr. Thomas Wagner gelingt es eine erdrückende Atmosphäre aufzubauen, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Die Geschichte ist von einer Traurigkeit durchwirkt, die für den Leser greifbar erscheint.
NOCTURNO bietet somit eine ausreichende Anzahl an ungewöhnlichen und gut verfassten Kurzgeschichten, so dass man das Magazin guten Gewissens einmal mehr empfehlen kann. Als Schluss möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass viele der Geschichten mit extra dafür angefertigten Zeichnungen versehen sind, die mir teilweise sehr gut gefallen haben. Zeichnungen und Stories ergänzen sich in vielen Fällen sehr gut und dies trägt mit zu dem positiven Gesamteindruck bei.
Die Lektüre von NOCTURNO kann ich jedem nur empfehlen, der sich für die dunkleren Seiten der Phantastik interessiert und eine Vielzahl guter Autoren mit ihren Geschichten entdecken möchte.
Bezug: www.nocturno-mag.de.vu oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Insgesamt finden sich 20 Kurzgeschichten von mehr oder weniger bekannten Autoren in diesem Magazin. Aufgrund dieser Anzahl dürfte allein schon für jeden Freund der dunklen Phantastik etwas lesenswertes dabei sein.
Viele dieser Werke bewegen sich sowohl vom schriftstellerischen Ausdruckvermögen als auch von der Idee her auf Fanniveau und so möchte ich mich auf die Geschichten konzentrieren, die mir ein wenig ungewöhnlicher erschienen sind.
Den Reigen eröffnet Malte S. Sembten, dessen Story „Maskenhandlungen“ bereits aus dem Jahre 1997 stammt. Sembten präsentiert den Leser eine Mischung aus Kindesmissbrauch, Selbstjustiz und Wiederauferstehungsymbolik, die in ihren Beschreibungen durchaus als sehr detailliert bezeichnet werden kann. Das Vermischen dieser verschiedenen Thematiken und ihre schriftstellerische Ausarbeitung lässt einem diese Story nicht so schnell vergessen. Eine Entdeckung ist Sebastian Mander mit seiner Geschichte „Die Bilder des Irren“. Der neue Besitzer eines alten Gutshauses, das seit Jahren leer stand und davor eine Irrenanstalt beherbergte, findet in dem verlassenen Büro des ehemaligen Leiters der Anstalt eine Mappe mit Zeichnungen, die ihm sofort in den Bann schlagen. Die Bilder stammen von ehemaligen Insassen, die tief in den Wahnsinn des Hauses hinabsteigen konnten und hier Dinge sahen, die das Pflegepersonal nicht wahr nahm. Die Geschichte besticht durch ihren eindringlichen Stil und durch ihre etwas ungewöhnliche Idee. Wer die gothic novel mag, der wird auch diese Kurzgeschichte mögen.
„Rinaldinis Hände“ stammt von Eddie M. Angerhuber, die für mich bereits seit längeren zu den besten Phantastikautoren des Landes zählt. Ihr Stil hebt sich deutlich von dem der meisten Beiträge ab. Ihre Geschichte verfügt weder über Ort noch Zeit und entzieht sich somit einer möglichen Einordnung durch den Leser. Die Geschichte alleine steht im Vordergrund und wird in einer ausgereiften Sprache präsentiert. Gerade die etwas ruhigeren Geschichten in denen nicht vordergründige Gewaltdarstellungen vorzufinden sind, zählen zu ihren Stärken und lassen einem dennoch einen Schauer über den Rücken jagen.
Andreas Gruber zählt ja mittlerweile zu den bekannten Autoren verschiedener phantastischer Genres. Sein im letzten Jahr erschienener Roman „Der Judas Schrein“ hat sehr gute Kritiken erhalten, so dass es nicht verwundert, wenn im kommenden Jahr zwei weitere Romane von im beim Festa-Verlag eingeplant sind. Das er auch ein Meister der Kurzgeschichte ist, hat er bereits mit diversen Kurzgeschichten unter Beweis gestellt. Die nun vorliegende mit dem Titel „Ristorante Mystico“ beleuchtet die Zusammenhänge von Menschen, die zusammen in einem Mietshaus wohnen. Aus der Sicht Miros, Koch im Ristorante Mystico, wird beschrieben, wie sich die Lebensfäden der Hausbewohner untereinander kreuzen und beeinflussen. Dabei stellt der etwas tumbe Miro so etwas wie einen guten Engel dar, der mit einer großen Portion Glück und Lebenserfahrung das Leben einiger Bewohner zum Guten wie zum Schlechten wendet. Die Geschichte kommt ganz ohne phantastische Elemente aus, besticht aber durch ihre Ideen, die einer schwarzen Komödie entnommen sein könnten. Einfach unterhaltsam zu lesen.
Außergewöhnlich ist die Kurzgeschichte von Horst Hoffmann, da es sich hier um eine SF-Story handelt und sie somit allein schon thematisch aus dem Rahmen fällt. Bekannt ist Horst Hoffmann nicht nur als Perry Rhodan-Autor, sondern auch durch sein Fanzine WATCHTOWER, welches er vor einigen Monaten reaktiviert hat. „Mr. Cochrans wunderbare Welt“ hätte auch gut in sein eigenes Fanzine hineingepasst, denn die nicht besonders tiefgründig verfasste Story, ist der humorvollen SF zuzurechnen.
Boris Koch läst in seiner Story einen ganz normalen Tag an sich vorbeiziehen. Einen Tag, an dem so alles schief geht, was schief gehen kann. Zwar handelt es sich hier ebenfalls nicht um eine phantastische Story, aber sie ist überaus amüsant zu lesen und mit der nötigen Selbstironie verfasst.
Zum Schluss steuerte Thomas Wagner seine aus dem Jahre 2000 stammende Kurzgeschichte „Nocturnalien“ bei, die für mich zu den besten Werke dieses Magazins zählt. Die Atmosphäre der gesamten Geschichte ist düster, regenverhangen und ein wenig traurig. Wagner erzählt von einem Mann, der in eine Stadt zurückkehrt, die er vor einiger Zeit verlassen hat. Eigentlich wollte er nie zurückkehren, aber Lebenszeichen einer verschollen geglaubten Freundin läst ihn zurückkehren. Der Hinweis führt ihn in ein Hotel, welches eigentlich gar nicht existieren dürfte. Hier findet er seine Freundin wieder, die dem Hotel anscheinend genauso verfallen ist, wie viele vor ihr. Thomas Wagner gelingt es eine erdrückende Atmosphäre aufzubauen, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Die Geschichte ist von einer Traurigkeit durchwirkt, die für den Leser greifbar erscheint.
NOCTURNO bietet somit eine ausreichende Anzahl an ungewöhnlichen und gut verfassten Kurzgeschichten, so dass man das Magazin guten Gewissens einmal mehr empfehlen kann. Als Schluss möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass viele der Geschichten mit extra dafür angefertigten Zeichnungen versehen sind, die mir teilweise sehr gut gefallen haben. Zeichnungen und Stories ergänzen sich in vielen Fällen sehr gut und dies trägt mit zu dem positiven Gesamteindruck bei.
Die Lektüre von NOCTURNO kann ich jedem nur empfehlen, der sich für die dunkleren Seiten der Phantastik interessiert und eine Vielzahl guter Autoren mit ihren Geschichten entdecken möchte.
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