| Titel: Nacktes Ziel Besprechung / Rezension von Wiebke Schiefelbein (ElvenArcher). |
Inhalt:
Antoni Suchary sitzt nichts ahnend in einem Flugzeug, gerade eben hat er sich noch mit dem freundlichen aber doch etwas seltsamen jungen Mann, Ibrahim Nuzan, neben sich unterhalten, als dieser sich als Flugzeugentführer entpuppt.
Man kommt dessen Forderung nach und bringt das Flugzeug auf eine Höhe von 12 000 Metern, doch statt weitere Forderungen zu stellen, nimmt der junge Mann seine Pistole und schießt sich eine Kugel in den Kopf, leider hat die Waffe genug Durchschlagkraft, daß das Projektil noch in einen weiteren Kopf fliegt, in den von Suchary...
Positiv überrascht muß Suchary nun feststellen, daß er nicht tot ist, das heißt in seiner alten Welt ist er das schon, aber nun ist er hier in der Zukunft im Jahre 9591, in 12 000 m auf dem Dach der Welt. Das ist das Dach des Gebäudes, welches die gesamte Erde umspannt. In den unteren Stockwerken lebt die Menschheit mit allen erdenklichen Luxus und Genüssen, doch da das auf Dauer langweilig wird, gibt es ganz oben sogenannte Stereonen - holografische Bühnen. Hier werden Szenarien aus allen Epochen der Vergangenheit gespielt und man kann entscheiden ob man Spieler oder Zuschauer ist. Als Bonus wirkt das ganze lebensverlängernd, weil des Öfteren der Körper ausgetauscht wird, denn nur der Tod ermöglicht die Rückkehr auf das Dach der Welt.
Es ist Nuzans Lebensziel so viel Zeit wie möglich in den Stereonen zu verbringen, denn das ist nicht ganz so langweilig, wie das Leben in den unteren Stockwerken, bisher ist ihm das auch gut gelungen, wenn auch mehr oder weniger illegal und nun muß ihm der völlig verwirrte Antoni Suchary erstmal folgen und landet im Jahre 1957, wo italienische Terroristen damit drohen eine Atombombe in einer nicht genannten italienischen Großstadt zu zünden, wenn nicht ihre Gesinnungsgenossen freigelassen werden.
Suchary und Nuzan, in dieser Welt bekannte Popstars, sollen nun helfen den Ort der Bombe herauszufinden und es zeigt sich, daß die Wahrheit nicht immer das ist, was sie scheint zu sein und die Bedrohung durch die Bombe letztenendes in den Hintergrund rückt.
Weder Cover noch Titel hätten mich gereizt dieses Buch zu kaufen und lesen. Es lag einer Kiste Bücher meines Bruders, die für ebay bestimmt waren, trivialerweise bewog mich der Name des Autoren die Inhaltsangabe durchzulesen. Was ich las klang interessant genug, um das Buch an einem Nachmittag durchzulesen, sind es doch gerade eben 200 Seiten. Und irgendwie muß ich ein déjà vu gehabt oder bereits eine Rezi gelesen haben (hier vielleicht - wer weiß), denn vieles kam mir bekannt vor, aber so als hätte es mir jemand schon einmal erzählt, nicht als hätte ich es bereits gelesen. Was für das Buch spricht ist die Tatsache, daß ich es trotzdem gelesen habe, meist lege ich bei Vorwissen das Druckwerk beiseite und lese lieber etwas was ich noch nicht kenne.
Ein sehr klarer Schreibstil zeichnet dieses Buch aus, der durch und durch europäisch (was sehr erfrischend ist) und irgendwie intellektuell ist. Auf die Charaktere geht Wisniewski-Snerg nicht sehr ein, einzig Antoni Suchary gewinnt etwas an Tiefe, was daran liegen mag, daß das ganze Buch in Form einer Ich-Erzählung geschrieben ist. Über die Stereonen hingegen hat er sich eine Menge Gedanken gemacht und sie erscheinen realistisch und im Bereich des irgendwann Möglichen, so dürfen sich z. B. zwei "lebende" Menschen nicht weiter voneinander entfernen als der tatsächliche Raum der Bühne groß ist, sonst machen sie die schmerzliche Erfahrung einer unsichtbaren Wand, was in einigen Situationen tödlich ausgehen kann.
In der Mitte des Buches wird es dann etwas verwirrend und am Anfang hielt ich es schon für einen Fehldruck, aber nach einigen Seiten klärt sich das Ganze als Fehlfunktion des Stereons auf. Der plötzliche Wechsel war doch gewöhnungsbedürftig, macht aber viel vom Reiz dieses Buches aus, denn bis dahin war es immer ein wenig dabei zu einem typischen, billigen 70er / 80er Jahre Agentenroman abzudriften (kein Wunder er hat es 1980 geschrieben...), aber der Pole schafft es doch noch die Kurve zu bekommen. Alles in allem ist es eine nette Sonntagnachmittag-Lektüre, an der mich die eine oder andere Idee erfreut hat und deren, mit einem Gefühl von Jugendstil behafteten, Schreibstil das Ganze sehr lesenswert macht.
Von mir 7 von 10 Punkten.