Titel: Im Zeichen des Drachen Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Ein eigentlich harmloser Zwischenfall ruft eine weltweite Krise hervor - eine junge Chinesin will ein illegales Kind zur Welt bringen. Davon erfährt die chinesische Polizei und will die Mutter entsprechend bestrafen. Ein europäischer Priester, der der Chinesin helfen will, wird in dem folgendem Handgemenge erschossen. Die Presse filmt dies live, und die Weltöffentlichkeit ist geschockt. Der politische Druck auf die Führungen der westlichen Länder wächst, und so entschließt man sich nach einigen Beratungen zu einem Boykott chinesischer Waren. Dies wiederum führt dazu, dass China kurz vor einem Bankrott steht - passend hierzu erfindet Clancy in Sibirien neue Ölvorkommen, die größer sind als alle bisherigen Funde. Das schaft natürlich Begehrlichkeiten, und so erfährt der US-Präsident Jack Ryan durch einen praktischerweise gut platzierten Spion, dass China Sibirien annektieren will.
Was macht man denn da? Ganz einfach, denkt sich der gemeine Amerikaner - man nimmt die dummen Russen in die NATO auf und platziert amerikanische Soldaten am Amur, an der sibirisch-chinesischen Grenze, um die Asiaten gebührend zu empfangen. Und schon hat man ein deftiges 3. Weltkrieg-Szenario.
Wenn man dann noch Tom Clancy auf dem Buchdeckel stehen hat, kann man zudem mit folgenden Zutaten rechnen:
1. Mit großer Sicherheit das Erscheinen von Jack Ryan. Der erstmals in "Jagd auf Roter Oktober" in Erscheinung getretene CIA-Agent hat sich im Laufe mehrerer Clancy-Romane vom einfachen Schlapphut über einen militärischen Befehlshaber nun zu einem waschechten Präsidenten gemausert. Und immer ist Jack Ryan seinen Feinden einen taktischen Schritt voraus, lächelt alle Schwierigkeiten und Holpersteine in der Handlung weg. Im Zweifel wird der entsprechende Black-Hole-Plot einfach ignoriert.
2. Namen, Namen, Namen und nochmals Namen. Tom Clancy versteht es, mindestens dreihunderteinundvierzig Handlungsträger in nur einem seiner Romane aufzubauen, die man sich eigentlich alle merken sollte, wobei man dazu aber sagen muss, dass hierzu noch mindestens achthundertdreiundsechzig nicht ganz so wichtige, aber immerhin mehrfach erwähnenswerte Nebendarsteller auftreten.
3. Der Roman stellt ein militärisches Fachbuch dar. Selbst vom Fach zu sein, macht es natürlich einfach, mit allerlei Begriffen zu jonglieren und jede Waffe, jedes Flugzeug mit großem Staunen und Ehrfurcht zu beschreiben. Dass man nach manchen Seiten selber in eine F-16 einsteigen und losfliegen könnte, dürfte nicht wundern, hier hat jeder Knopf, jede LED seinen Ehrenplatz.
4. Eine Handlung unter der Walze. Tom Clancy kann schreiben. Und zwar sehr viel sogar. So viel, dass man ein Taschenbuch mit fast 1200 Seiten füllt - dabei versteht der Autor es meisterhaft, die Handlung eines handelsüblichen 300-Seiten Romans auf die vierfache Menge zu verdünnen. Natürlich geht das nicht zu Lasten der Spannung und des Interesses, nein, auf keinen Fall....
5. Übertreibungen. Dass Russland in die NATO eintritt, nun ja. Mag ja vielleicht mit viel Augenzudrücken passieren. Nun, ne, eigentlich eher nicht. Aber lassen wir diesen Bereich - denn auch in sämtlichen anderen Handlungssträngen vermag es Clancy, sich die Handlung so hinzubiegen, dass das gewünschte Ziel auf dem direktem Weg erreicht wird. Höhepunkt ist der Schluss, als Washington von einer einsamen chinesischen ICBM (einer interkontinentalen Atomrakete) bedroht wird - da versteckt sich der Präsident nicht in seinem Bunker, sonder muss im nächstgelegenen Seehafen, auf einer Fregatte, selbst zusehen, wie man verzweifelt das anfliegende Geschoss vom Himmel zu holen versucht. Dankenswerterweise ist der chinesische Überschall viel langsamer als der amerikanische Überschall, und so bleiben Ryan viele Seiten, um seinen mutigen Heldenpatriotismus zur Schau zu stellen und sein Land quasi eigenhändig zu retten.
Ich habe das Buch komplett gelesen. Meine Güte. Welch eine Dummheit.
Meine Bewertung: 3 von 10 Punkten
Themenbereich "Der Dritte Weltkrieg"
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