Titel: Im Sturm Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Arabische Terroristen überfallen eine sibirische Raffinerie samt angeschlossenem Ölfeld und sprengen alles zusammen in die Luft. Die UdSSR hat nun ein sehr großes Treibstoffproblem. Das Politbüro kommt zusammen und berät, wie man aus dieser Versorgungskrise herauskommt. Gegen den Widerstand der Militärs entschließt man sich, auf die Ölfelder des Nahen Ostens zu schielen und diese zu besetzen. Hierzu muss aber zuerst die NATO ausgeschaltet werden - was nur durch einen massiven Krieg in Europa funktionieren kann. Die Führungskräfte der Sowjetunion beschließen die geheime Mobilmachung und organisieren ein ziemlich konstruiertes Attentat eines deutschen Terroristen auf den Kreml, dem einige Kinder zum Opfer fallen. Dies wird als offizieller Grund für einen Einmarsch in die Bundesrepublik verwendet - der Dritte Weltkrieg hat begonnen. Um die NATO in sich zerstritten zu halten - Griechenland und die Türkei verweigern sich der Allianz, da sie der Attentatslegende glauben und die UdSSR durchaus im Recht sehen - verzichtet man aus propagandistischen Gründen auf den Einsatz von ABC-Waffen und beschränkt sich auf einen umfassenden konventionellen Krieg per Land, Wasser und Luft:
Tom Clancy baut in seinem Roman mehrere Handlungsstränge auf, man begleitet sowohl amerikanische als auch sowjetische Militärs während des Krieges. So fahren wir per U-Boot an den Küsten Norwegens entlang, sichern auf einem Zerstörer Handelsschiffe oder - was den breitesten Raum im Buch einnimmt - begleiten einen Militärmeteorologen auf Island, während die Insel von der Roten Armee besetzt wird. Auf sowjetischer Seite wird die Führung der mitteleuropäischen Armee begleitet und ihre Versuche, den heldenhaften Amerikanern den Garaus zu machen. Ja, hier klingt es schon an: Die US-Armee, die Navy und alles andere, was den Sternenbanner auf dem Helm trägt, ist grundsätzlich siegreich, lässt sich nicht unterkriegen und hat trotz großer Verluste immer einen Trick im Ärmel, die Rote Armee an einem weiteren Vormarsch in die norddeutsche Tiefebene zu hindern. Schließlich mündet das Ganze in einen für beide Seiten zermürbenden Grabenkrieg, und am Ende entschließt man sich ziemlich abrupt, das Ganze einfach zu vergessen und sich auf die Vorkriegsstellungen zurückzuziehen. Hui?
Anfangs ist es sehr spannend, auch dank Clancys mitreißendem Erzählstil, der Entwicklung des Krieges zu verfolgen. Atemlos begleitet man die eine oder andere Panzerdivision, verfolgt den Angriff auf Island (der übrigens sehr originell durchgeführt wird) oder schüttelt staunend den Kopf über die Improvisationskunst der Sowjetarmee. Jedoch flacht das Interesse spätestens in der Mitte des Buches ab, als die x-te U-Boot-Attacke durchgeführt wird, der Meteorologe vom Dienst die x-te Anhöhe erklimmt und der Kreuzer den x-ten Fliegerangriff übersteht. Man hätte den Roman durchaus um 300 Seiten kürzen können, und schon wäre das Ganze um ein paar Punkte besser geworden. So ersehnt man sich angesichts der Seitenzahl das Ende des Krieges und ist eigentlich maßlos entäuscht, als dieses sehr rupig auf drei, vier Seiten durchgeführt wird. Man hat den Eindruck, als wäre Clancy ähnlich wie der Leser des Romans überdrüssig geworden und hätte nach einem schnellen Ende gesucht - leider ein Ende mit Schrecken.
Militärisch hält sich Clancy durchaus an realistische Vorgaben der geplanten Kriegsführung beider Seiten - John Hacketts Roman "Der Dritte Weltkrieg" war recht ersichtlich eine ergiebige Quelle des Autors.
Ein spannender Roman, der leider mit fortschreitender Seitenzahl an Anziehungskraft verliert.
Meine Bewertung: 6.5 von 10 Punkten