Serie: Torchwood, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Cardiff, Wales. Es regnet. Grundsätzlich keine gute Voraussetzung für einen Arbeitstag an der frischen Luft, vor allem wenn man auf der einen Seite für die geheimnisumwitterte Organisation Torchwood arbeitet und auf der anderen Seite mehrere grausame Morde untersuchen muss. Captain Jack Harkness, der Leiter von Torchwood Cardiff, ist einer ungewöhnlichen Mordserie auf der Spur, mit an seiner Seite die ehemalige Polizistin Gwen Cooper, die sich in ihrem neuen Job erst so richtig einfinden muss. Was macht die Mordserie so ungewöhnlicht? Nun, es tauchen immer weitere Tote mit den gleichen Verletzungsmustern - ein Biss in den Nacken mit unschönen und blutigen Fressspuren - auf, obwohl der gestellte Täter Selbstmord verübte. Wie kann das sein?
Harkness, selbst ein Mann mit großen Geheimnissen, vermutet einen Außerirdischen, der in Cardiff sein Unwesen treibt, wobei dessen Motivation selbst ihm unklar bleibt. Hängen die Morde mit experimentellen nuklearen Brennstäben zusammen, die aus einem Labor verschwanden? Und warum wird das Wetter in Cardiff immer schlechter, warum regnet es derart viel, dass große Überschwemmungen drohen - während im nahen Umland die Sonne scheint und blauer Himmel zu sehen ist?
"Torchwood" enstand 2006 als Ableger der ein Jahr zuvor von Russel T. Davies wieder ins Leben gerufenen britischen Kult-SF-Serie "Doctor Who". Während sich die Mutterserie vor allem um ein familiäres Publikum bemüht, soll sich Torchwood primär an erwachsene Seher wenden. Entsprechend sind die Dialoge rauer, die Szenen drastischer und die Protagonisten nicht so nett, wie man es aus dem Vorabendfernsehen kennt. Jedoch musste sich "Torchwood" vor allem während der ersten Season mit allerlei Kritik herumschlagen, denn Russel T. Davies konzipierte ein unstimmiges und vor allem klischeebehaftetes Erwachsenendrama ohne besonders hervorhebenswerte Drehbücher. Während in der zweiten Season sowohl Drehbücher als auch die Charakterisierung der Personen besser wurde, konnte vor allem die als Fünfteiler konzipierte dritte Season voll überzeugen. In "Torchwood" geht es um ein von Königin Victoria gegründetes Institut zur Erforschung und Bekämpfung außerirdischer Aktivitäten auf der Erde und insbesondere in England. In der Serie wird die Zweigstelle in Cardiff thematisiert, werden die Erlebnisse des dortigen Teams behandelt, ihre Bemühungen, England und seine Bevölkerung vor der "außerirdischen Gefahr" zu beschützen.
Überrascht hat mich, um sogleich an das Ende des vorliegenden Buches zu rutschen, ein hinter dem Roman angehängtes Interview mit dem Autor Peter Anghelides. "Another Life" schrieb er, nachdem sich die BBC für eine begleitende Buchserie entschied, ohne auch nur eine einzige Folge der Serie vorher gesehen zu haben - denn diese stand zu diesem Zeitpunkt noch vor der Produktion. Da Bücher zu TV-Serien immer sehr nahe an die entsprechenden Produktionen angelehnt sein müssen und auch kaum Möglichkeit für den Autor lassen, sich seine eigenen Gedanken um Protagonisten und Setting zu machen, ist es natürlich umso schwieriger, einen Roman zu einer Serie zu schreiben, die es noch gar nicht gibt. Insofern hat Anghelides einen sehr guten Job geleistet, denn die Beschreibungen der einzelnen Personen passen wunderbar in das für sie bekannte Bild der ersten Season. Denn im Laufe einer Serienproduktion entwickelt sich ein Charakter nicht nur über das Drehbuch, sondern auch über die Aktion des jeweiligen Schauspielers. Namensgebend für den Titel ist nicht nur die Situation des Außerirdischen, der in verschiedene Persönlichlichkeiten schlüpft und sich ihrer bedient. Auch die Probleme des Teams mit ihrem Beruf und ihrem Leben außerhalb von Torchwood werden thematisiert. Vor allem Gwen Cooper hat so ihre Probleme mit ihrer Beziehung, auch wenn diese leider nur immer recht oberflächlich beschrieben werden.
Interessant ist der Wechsel der Sichtweise im Romanstil: Immer wieder beschreibt der gejagte Außerirdische in der Ich-Form seine Motivation und seine derzeitigen Gefühle gegenüber der Umgebung. Das stellt ihn besonders hinaus und hebt ihn über das Niveau einer reinen Monster-of-the-Week-Figur hinaus.
Grundsätzlich ist der Plot des Romans nichts Neues, was einen belesenen Phantastik-Fan überraschen würde. Jedoch die Beschreibung der Interaktion der einzelnen Charaktere miteinander, die geschilderten persönlichen Probleme in und außerhalb von Torchwood machen "Ein anderes Leben" zu einer interessanten Lektüre. Als Begleitbuch zur Serie gut geeignet und besser als jedes Drehbuch der kompletten ersten Staffel ...