Serie / Zyklus: ~ Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Vor genau drei Jahren ist dieser Roman in deutscher Übersetzung bei Heyne in der SF-Reihe erschienen. Vordem sind in den Jahren von 1982 bis 1984 fünf ihrer Romane beim Bastei-Verlag herausgekommen, die nun allerdings nur noch antiquarisch zu erhalten sind. Ebenfalls bei Heyne erschien die XENOGENESIS-Trilogie, die unter dem Titel Die Genhändler als Sammelband noch im aktuellen Verlagskatalog enthalten und somit verfügbar ist.
Die Parabel vom Sämann beginnt im Jahre 2024 und spielt in Kalifornien. Einem Kalifornien, welches geprägt ist von Arbeitslosigkeit, sozialem Elend, dem Zusammenbruch fast jeder staatlichen Ordnung und hoher, brutaler Kriminalität. Die es sich leisten können, leben hinter dicken Mauern, bewacht von privaten Sicherheitsdiensten. Die ehemalige Mittelschicht lebt in abgeschirmten Enklaven und versucht mittels Stacheldraht bewehrten Mauern den Mob draußen zu halten. In solch einer Enklave wächst Lauren Olamina mit ihrer Familie auf.
Die Handlung wird mittels Tagebuchaufzeichnungen dem Leser näher gebracht. Lauren führt dieses über mehrere Jahre hinweg regelmässig. Jahre in denen die Verelendung vor den Mauern ihrer Wohnenklave unaufhaltsam voran schreitet und ihre Bewohner immer mehr von der Gier der Besitzlosen bedroht werden. Eines Tages kommt es dann auch so, wie Lauren es vorhergesehen hat. Drogensüchtige Pyromanen stürmen ihre Enklave, zünden alle Gebäude an und töten diejenigen, die ihnen nicht entkommen können. Lauren entkommt diesem Inferno und begibt sich auf Wanderschaft nach Norden, ohne zu wissen, was aus ihrer Familie geworden ist. Im Norden erhoffen sich viele Kalifornier Arbeit gegen Geld und einen Übergang ins gelobte Land: Kanada.
Butler beschreibt sehr ausführlich die Entwicklung hin zu diesem Inferno und die anschließende Wanderschaft ihrer Protagonistin Richtung Norden. Sie verwendet viel Raum, um Details dieser Wanderschaft, die aus einer nicht enden wollenden Abfolge von kleinen Überlebenskämpfen besteht, darzulegen. Der Leser wird sehr genau über Sachen wie die günstigste Reiseroute und welche Speisen verzerrt werden informiert, was allerdings den Roman ein wenig in die Länge zieht. Obwohl immer wieder rasantere Passagen vorzufinden sind, ist der Roman doch im großen und ganzen eher ruhig geschrieben. Die Autorin hat sich bei der Ausarbeitung des Handlungshintergrundes Zeit genommen, genauso wie bei der Darstellung von „Erdensaat“, Laurens eigens entwickelte „Religion“, von der sie ihre Weggefährten zu überzeugen versucht. Sie, die von der Religion ihres Vaters immer mehr abgestoßen wurde, basteltet sich im Verlaufe der Jahre ihre eigene. Gegründet ist diese auf den Zusammenhalt einzelner Menschen, die bereit sind ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und nicht den Versprechungen von Politikern oder Organisationen trauen.
Religiöse Botschaften in SF-Romanen sind eigentlich ein Thema, dem ich mich nicht großartig erwärmen kann. Zum Glück bleibt diese im Hintergrund und die Suche nach einem stillen Fleckchen Erde, auf dem man neu anfangen kann, bestimmt die weitere Handlung.
Die Parabel vom Sämann ist ein oftmals nachdenklich stimmender Roman, der die gesellschaftlichen Zustände Amerikas weiterdenkt. Der Zusammenbruch der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung lässt ein Chaos entstehen, in dem die Menschen langsam aber sicher untergehen.
Der ganz große Wurf stellt dieser Roman aus meiner Sicht nicht dar. Aber er verfügt über wesentlich mehr Tiefgang als das meiste, was aus den Staaten in den hiesigen Buchläden gelangt.