| Serie / Zyklus: Flusswelt-Zyklus, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Sir Richard Francis Burton erwacht zusammen mit vielen anderen Menschen am Ufer eines scheinbar unendichen Flusses. Neben der Tatsache, dass alle nackt sind, haben sie noch etwas gemein: Sie sind alle gestorben.
Sehr bald fängt der Forschungsreisende und Abenteurer an, das Paradies zu hinterfragen. Warum wurden, wie es scheint, alle Menschen gleichzeitig wiedererweckt? Wohin führt der Fluss? Wer hat das Ganze erschaffen und warum sind alle Menschen hier? Denn Burton ist überzeugt: Das Paradies ist das hier nicht und schon bald brechen die menschlichen Schwächen durch. Es bilden sich unzählige Herrschaftsgebiete entlang des Flusses und Menschen werden versklavt. Zwar werden alle Bewohner der Flusswelt über die sogenannten Grale versorgt, doch jedem steht nur ein bestimmter Teil zu und jeder Mensch hat einen Kanister, den er zu bestimmten Zeiten beim Gral deponieren muss. Hat man jedoch den Gral, bekommt man eine Extraration.
Richard fasst den Entschluss, den Fluss entlangzureisen. Weit kommt er nicht und in einem Handgemenge wird er erschlagen. Tags darauf, nun von seiner Gruppe getrennt, wacht er wieder nackt auf. Doch sein Entschluss, hinter die Geheimnisse der Flusswelt zu kommen, wurde eher bestärkt.
Farmers Werk verströmt eine ganz besondere Atmosphäre. Als Leser ist man fast ebenso erstaunt wie der Protagonist selbst. Die Frage "Was soll das Ganze?" steht ständig im Raum. Voller Faszination erkundet man mit Burton die Welt und jede Facette, die sich offenbart, bringt neue Rätsel, die zum Ende des Buchs keinesfalls gelöst wurden. Farmer hat noch eine ganze Reihe von Fortsetzungen verfasst, aber mit diesen eher das Mystische dieses Werks demontiert, als Fragen beantwortet.
Der erste Band des Zyklus jedoch ist ohne Zweifel ein Meisterwerk. Von Beginn an entführt einen diese Geschichte in eine fremde Welt, die genau wie unsere auch ihre Schattenseiten hat. So zeigt sich, dass alle Menschen wiedergeboren wurden, auch Despoten und Massenmörder. Im Buch zeigt sich dies, als Burton auf Hermann Göring trifft, der zu seinem Erzfeind wird. Immer wieder töten sich beide gegenseitig, bis Burton erkennt, dass der Tod die beste Weise ist, um die Flusswelt zu erforschen.
Wie schon oben erwähnt, ist Die Flusswelt der Zeit der Beginn eines Zyklus, doch lesenswert sind nur die ersten beiden Bände. In Auf dem Zeitstrom (The Fabulos Riverboat) wird die Geschichte aus der Sicht einer anderen Person beschreiben. Niemand anderes als Mark Twain selbst will einen Raddampfer bauen, um den Fluss entlangzufahren. Nach diesem zweiten, gelungenen Roman wird der Zyklus wirrer und wirrer. Farmer verzettelt sich, entwickelt in den Romanen Ideen, die er ein paar Kapitel weiter wieder verwirft, und schreibt am Ende Worte nieder, die der Inbegriff der Ideenlosigkeit sind.
Auch wenn man die ultimative Antwort auf all die Fragen wissen möchte, vergeht einem im Verlauf des Studierens von Band 3 und 4 mehr und mehr die Lust daran. Letztendlich muss man sagen, dass Farmer ein unbegabter Autor ist, dem mehrere gute Würfe gelungen sind. Betrachtet man aber Die Flusswelt der Zeit eigenständig, dann liegt ein hervorragender, faszinierender Roman vor, der zurecht 1972 mit dem Hugo Award für den besten Roman ausgezeichnet wurde.
9 von 10 Punkten.