Titel: Die Eisfestung Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Burgruinen sind für Kinder anziehende Orte, da kann ich aus Erfahrung mithalten, und Jonathan Stroud kann eine super Atmosphäre aufbauen, wenn er mal nicht selbst in dieser Ruine herumturnte.
Die erste Person die wir kennen lernen, ist das Mädchen Emily. An einem eiskalten Winternachmittag erkundet sie eine Burgruine. Nichts ist interessanter, als einen Ort zu erkunden, der menschenleer aussieht und wo man sich die tollsten Phantasien ausdenken kann. Die Ruine ist aber nicht so einsam, wie zuerst gedacht. Emily trifft auf einige Kinder, und eine wilde Schneeballschlacht beginnt. Mit den beiden Jungs Marcus und Simon auf ihrer Seite gleicht sich die Schlacht aus. Dabei ist gerade Marcus ein toller Geschichtenerzähler. Er berichtet Simon und Emily von alten Geschichten, die sich mit der Burg beschäftigen. Dabei geht es natürlich auch um Schlachten und Belagerungen. Marcus ist es auch, der den Vorschlag macht, die alte Burgruine zu erkunden, vor allem weil der städtische Wächter nur ab und zu einmal vorbeikommt. Simon und Emily sind ein wenig vorsichtig, lassen sich von Marcus aber doch überreden. Ihre erste Erkundung endet damit, vom städtischen Wächter verjagt zu werden. Das stachelt die drei an, eine zweite Erkundungstour am nächsten Tag vorzunehmen, mit dem Abenteuer, dem Wächter auszuweichen. In ihrer gemeinsamen Phantasie wollen sie die Burg belagern und erobern. Ihr ausgemachtes Ziel, trotz des Winters: eine Nacht in der Burg zu verbringen. Zwar gelingt ihr Plan, doch Marcus hat plötzlich ein Problem. Sie haben die Nacht verschlafen und sein Vater ist sehr gewalttätig. Für ihn heißt das, dass er wahrscheinlich eine Tracht Prügel kassiert.
Es dauert noch einige Zeit, bis sich die drei eher zufällig wieder treffen. Marcus sieht übel aus, er versucht das zu vertuschen, doch die beiden anderen wissen Bescheid. Wieder zieht es sie in die Burg, die Eisfestung, um sich dort zu verschanzen. Allerdings wird aus dem Spiel bald Ernst, denn nicht nur der städtische Wächter taucht auf, sondern auch die alarmierte Polizei, Sozialarbeiter und Marcus' Vater.
Kinder denken, fühlen und handeln ganz anders als Erwachsene. Die Welt mit Kinderaugen zu sehen gefällt mir immer wieder. Wenn ich dieses Buch lese, kann ich Jonathan sehr gut verstehen. Ich habe ihn auf der Buchmesse in Frankfurt kennen gelernt und hoffe ihn in Leipzig dieses Jahr wieder treffen zu können. In einem Interview, das ich mit ihm führte, erzählte er mir ein wenig, wie er ein Kinderbuch sieht und wie er denkt, dass Kinder seine Bücher sehen. Handeln unsere Kinder immer nach ihrem ganz eigenen Sinn für Gerechtigkeit? Sind sie sich über die Auswirkungen im Klaren?! Wann wird aus einem Spiel Ernst? Die Grenzen verschwimmen in einer Art von Empfindungen und Ängsten, die wir als Erwachsene nicht immer nachvollziehen können. Das Buch ist ziemlich aufwühlend geschrieben - ein Kinderbuch und auf Kinder abgestimmt. Wenn jetzt jemand sagt, das ist kein Buch für Erwachsene, dann hat er Recht. Ich persönlich würde bei diesem Buch gern dem lesenden Kind begleitend zur Seite stehen, denn es wird sicher Fragen geben. In diesem Fall möchte ich sie nicht unbeantwortet lassen.