| Titel: Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Dieter von Reeken ist es zu verdanken, das manch ein Roman oder eine Reihe aus der Frühzeit der deutschen Science Fiction Literatur aus den tiefen des Unbekannten wieder ans Tageslicht gebracht wurde. Zusammen mit dem bekannten Kenner und Sammler der phantastischen Literatur, Heinz J. Galle, stellen beide mit diesem Buch einen Auswahlband der Heftromanreihe "Der Luftpirat und sein lenkbares Luftschiff" vor und drucken sechs der Hefte in Neusatz ab - und schaffen so einen Eindruck der Vielfältigkeit der Serie. Ganze 165 Hefte erschienen von dieser abenteuerlichen Romanserie, die genaue Auflistung ist hier zu finden.
Der Held der Serie, Kapitän Moers, ist ein von Gram gebeutelter Ingenieur, dessen Familie Verbechern zum Opfer fiel. Seither will nichts mehr mit den Menschen zu tun haben und sinnt einerseits auf Rache und nutzt andererseits sein Vermögen und sein Wissen, die bislang unbekannten Gefielde der Atmosphäre und später auch des Weltraums zu erforschen. Moers ist eine Mischung aus Kapitän Nemo und Robin Hood - er hilft verzweifelten Menschen und jagt Verbrecher, wo er nur kann.
Dabei wird er immer wieder von Rückschlägen gebeutelt, da ihm die Regierungen der Erde vor Angst über sein Wissen, den Kampf angesagt haben und ihm das Leben schwer machen. Wohnhaft auf einer kleinen und unbekannten Insel, unterstützt von indischen Freunden, durchstreift er das Luftmeer und den Äther, immer auf der Suche nach eigener Rechtfertigung seinerselbst und Befriedigung seines Geistes.
Mit dem Abdruck der sechs Bände istes in diesem Auswahlband nicht getan. Verschönert wird das ganze durch Illustrationen aus der Heftromanreihe - darunter eine Art Risszeichnung des Luft- und des Weltraumschiffes Moers - und den farbigen Abdruck der Titelbilder der sechs Romanhefte. Ebenso lesenswert ist das Vorwort von H.J. Galle, in dem die Nachdrucke mit Hintergrundinformationen über das Phänomen der in der damaligen Zeit neu aufgekommenden "High Tech" der Luftschiffe und der Serie ergänzt werden, deren Autoren leider kaum bekannt sind. Nur Oskar Hoffmann scheint sich unter den Autoren zu befinden - jedoch lassen sich die Hefte den Schriftstellern nicht mehr zuordnen. Heinz J. Galle widmet sich hier nicht nur dem Autor sondern auch zudem den Vorläufern der Serie aus dem In- und Ausland. Insbesondere vergleich Galle den Kapitän Moers mit dem Helden Nemo von Jules Verne, welche einige Parallelen aufweisen. edoch erscheint Moers fatalistischer und - wenn ich das sagen darf - deutscher in seiner Ausprägung.
Band 1: Beherrscher des Luftmeeres
Während einer Ballonwettfahrt wird in den Wolken ein unbekanntes Flugobjekt gesichtet. Die Ballonfahrer sind hellauf erregt und informieren sofort ihre Regierungen über diese Sichtung. Erst mag man den Schilderungen nicht glauben, scheint sich das Objekt entgegen der Windrichtung bewegen zu können - jedoch stützennach und nach Schilderungen weiterer Zeugen die Vermutung, das unerlaubt ein fremdes Fahrzeug den Luftraum diverser Staaten überquert.
Die erste direkte Begegnung mit dem geheimnisvollen Luftschiff machen zwei Ballonfahrer, ihnen zeigt sich der Kapitän Moers kurz. Der Roman macht dann einen zeitlichen Schwenk in die Vergangenheit und widmet sich der Entstehungsgeschichte des Helden. Dessen unschuldige Familie wird von Verbrechern umgebracht, Moers, ein Ingenieur, sinnt auf Rache und baut sein Luftschiff. Schliesslich kann er die Bösewichter in Odessa aufspüren und tötet sie ohne Kompromisse. Als Beschützer der Hilflosen und Unschuldigen beschützt er die Bevölkerung Odessas vor dem Angriff zweier Panzerschiffe, die er mit seinem Luftschiff sprengen kann.
Band 40: Die Empörung im Weltenfahrzeug
Hier macht sich der Autor wieder einmal eine Szenerie zunutze, die auch aus einem Jules Verne-Roman stammen könnte. Moers lebt auf einer abgeschiedenen Insel, auf der er auch sein Luftschiff stationiert und neuerdings sein Weltenfahrzeug, die METEOR, gebaut hat. Nach einem Sturm werden ein knappes Dutzend irische U-Bootfahrer an den Strand der Insel gespült - Moers steht nun vor der Entscheidung, was mit diesen Menschen anzufangen ist. Der Leser des Sammelbandes lernt die Begleiter und Diener des Kapitän kennen, ausnahmslos Inder in deren traditionellen Gewändern, während Moers immerzu in blauer Uniform und Maske auftritt. Hier wird schon ein wenig der Unterschied zwischen Herrenmensch und zwar netter, jedoch trotzdem untertäniger Menschenrasse angeschnitten. Der Autor ist eben ein Kind seiner Zeit.
Die Iren werden in die Gefolgschaft des Kapitän aufgenommen und ergänzen die Besatzung des Weltenfahrzeuges. Das kommt Moers ganz recht, da die Inder den Weltraum physisch nicht ganz vertragen und krank werden. Jedoch haben einige der Neulinge böse Absichten und versuchen den Kapitän zu überreden, dessen technologische Überlegenheit zur Eroberung der Welt und der Errichtung eines Imperiums zu nutzen. Als dieser ablehnt, wollen die Aufständischen die Sache selbst in die Hand nehmen und beginnen während einer Weltraumfahrt eine Meuterei....
In Band 42 - Im Todeskrater des neuen Planeten - landet Moers mit der METEOR, eigentlich auf einer wissenschaftlichen Reise zum Mond unterwegs, auf einem bislang unentdeckten Trabanten der Erde zwischen und beginnt diesen zu erforschen. Durch einen Vulkanausbruch wird die METEOR beschädigt - nun beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, das Raumschiff rechtzeitig zu reparieren, bevor dieses von den immer heftiger werdenden Vulkanausbrüchen gänzlich vernichtet wird. Bei dieser Geschichte wird die immer stärker werdende wissenschaftliche Ausrichtung der Romanserie deutlich. Das damals bekannte Wissen wird konsequent in den Geschichten um Moers angewandt und im gleichen Zuge wandelt sich dieser von einem verbitterten Rächer seiner schlimmen Vergangenheit zu einem edlenund interessierten Forscher. Natürlich hat Moers, wie es sich für klassische Science Fiction Geschichten gehört, auch einen älteren Professor und dessen Tochter dabei - von letzteren geht natürlich eine Verliebtheit in Richtung Moers aus, was dieser als Edelmann natürllich geflissentlich ignoriert.
Band 56 - Die Weltenfahrer auf dem Riesen-Planeten
In diesem Band geht die Reise zum Jupiter. Auf der Reise dorthin begegnet der Kapitän ausserirdischen Wesen - bislang hatte er diese nur im Bereich zwischen Venus und Mars gesichtet. Moers weicht dem unbekannten Raumschiff aus und gerät so in das Gravitationsfeld des Jupiter - die METEOR muss dort notlanden.
Die Moers wieder begleitenden Inder erkennen, nachdem sie das Raumschiff verlassen haben, in dem Planeten Brahmas Paradies bzw. dessen Hölle wieder und vermuten nun in dem für sie jetzt heiligen Riesenplaneten das Ziel ihrer bisherigen Gebete. Nun sind es die bislang loyalen Inder, die sich von Moers lossagen, auf dem Planeten bleiben und des Professors Tochter ihrem Gott Brahma ofern wollen. Jedoch kann auch hier der Kapitän die Verschwörung zunichte machen und alles zum Guten wenden. Die Begegnung mit den ausserirdischen Intelligenzen wird jedoch leider in diesem Band nicht mehr thematisiert.
Band 63 - Die Schreckensreise im Weltenfahrzeug
Durch den Hinweis eines französischen Ingenieurs erfährt Moers, das amerikanische Verbrecher drei weitere Weltenfahrzeuge gebaut haben und sich nun auf dem Weg zum Saturn befinden, um dort den "Urstoff" zu bergen, der eine unglaublich explosive Kraft birgt. Hier hat der Autor die Atombombe vorhergesagt - auch Kapitän Moers erkennt die Gefährlichkeit des Urstoffes und macht sich auf die Verfolgung der drei Schiffe.
In Asteroidenfeldern, im freien Raum und kurz vor dem Saturn kommt es dann jeweils zu erbitterten Schlachten, die weniger an die uns bekannten Weltraumkämpfe erinnern sondern mehr an die klassischen Gefechte verfeindeter Piratenschiffe. Fast glaubt man die Kanonen bollern zu hören.
Band 66 - Das Weltenfahrzeug zwischen den Riesen-Kometen
Mitgerissen durch das Auftauchen des Halley ´schen Kometen widmet sich in diesem Heft der umtriebige Kapitän Moers einem Kometen, der angeblich auf die Erde zuzusteuern droht. Die eigentliche Gefahr entsammt jedoch einem bösartigen Adeligen, der die Massen hinter sich zu versammeln weiss. Die Herrschenden wenden sich in ihrer Verzweiflung trotz der offensichtlichen Abneigung an Kapitän Moers und bitten ihn um Hilfe.
Jedem Liebhaber klassischer Science Fiction sei dieser Auswahlband empfohlen - einerseits, um Dieter Reekens Unterfangen, frühe deutsche SF wieder greifbar zu machen zu unterstützen. Andererseits ist der "Luftpirat" als die erste deutsche SF-Heftromanserie lesenswert und eine unterhaltsame Zeitreise die die technische und gesellschaftliche Welt vor dem zweiten Weltkrieg.
Sehrempfehlenswert!
Deutschsprachige Heftromanreihen der Phantastik
Reihen bis 1949 - Reihen von 1950 bis 1980 - Reihen von 1981 bis 1999 - Reihen ab 2000