| Reihe: Der Geralt-Zyklus, Bände 1 + 2 Eine Besprechung / Rezension von Erik Schreiber |
Es war einmal vor langer, langer Zeit, als die Welt noch klein und überschaubar war, als es noch Fabelwesen gab und die Märchen keine Märchen waren, sondern nur erweiterte Tatsachen. In dieser Zeit gab es auf der Welt Menschen, die den verschiedensten Berufen nachgingen: Bäcker, Bauer, Müller, Fleischer, aber auch so exotische Berufe wie Magier, Zauberer und Hexer. Vor allem über letzteres wird in diesem Buch berichtet. Geralt ist von Beruf Hexer. Zu seinen Aufgaben gehört es, all jene Wesen vom Leben zum Tode zu befördern, die den Menschen den Garaus machen. Dorfgemeinschaften, Edle, Könige rufen ihn und bezahlen ihn dafür, Harpyien, Strigen, Greuel und anderes mutantiges Getier umzubringen. Praktisch ein Jäger auf Fabeltiere.
Das erste Buch besteht aus einer langen Erzählung mit dem Titel "Die Stimme der Vernunft". Unterteilt ist sie in sieben Kapitel. Es ist die Geschichte des Hexers Geralt von Rivien, der nach und nach mit den beiden anderen Hauptcharakteren zusammentrifft. Da ist zum einen der fahrende Sänger Rittersporn, der mit seiner Laute überall auftritt und den guten Geralt mehr als einmal trifft. Die Dritte im Bunde ist die Zauberin Yennefer. Doch aufgemerkt. Zwischen Magier, Hexer und Zauberer gibt es sehr viele Unterschiede. Geralt verliebt sich in Yennefer, aber ihre beiden unterschiedlichen Berufe und ihrer beider Starrsinn bringt sie nicht zusammen. Die lange Erzählung "Die Stimme der Vernunft" kann durchaus auch für sich alleine stehen. Aufgelockert wird sie durch sechs Kurzgeschichten. Diese sind zeitlich durchaus richtig eingeordnet, jedoch können sie jede für sich alleine stehen.
Das zweite Buch, "Das Schwert der Vorsehung", ist ein langer Roman. Geralt setzt seine abenteuerliche Reise durch die Welt fort. Da es jedoch immer weniger böse Fabelwesen gibt, nagt unser Held manches Mal am Hungertuche. Er muss Aufträge annehmen, die er sonst gar nicht gemacht hätte. Auch mit seiner Freundin geht es nicht recht voran. Hexer werden als kleine Kinder entführt, von Eltern, die Kinder unter der Vorsehung gebaren, an Hexer weitergegeben und anderes mehr. Durch ihre Ausbildung mit Giften, Tränken u.a. haben diese Kinder irgendwann keine Gefühle mehr. Sie können keine Liebe geben, wissen nicht, was das ist. So ist auch die Verbindung zwischen Yennefer und Geralt zu sehen. Geralt kann nicht sagen, er liebt sie, und sie kann ihm das nicht sagen, weil sie zwischen ihm und dem Zauberer Istredd hin und her gerissen ist. Daraus ergeben sich natürlich Spannungen. Aber da gibt es noch eine andere Geschichte - die mit der Vorherbestimmung und einem kleinen Mädchen namens Cirill.
Andrzej Sapkowski als einen neuen Star am Fantasy-Himmel zu bezeichnen, wie er auf dem rückwärtigen Buchklappentext genannt wird, ist ein wenig übertrieben. Fakt ist jedoch, dass der polnische Autor sehr vielseitig ist. Er schafft es, eine märchenhafte Stimmung aufzubauen, die irgendwo in dem Dreieck zwischen Märchen, Legende und Sage liegt. Seine Ideen sind durchaus komisch. So zum Beispiel Schneewittchen und die sieben Zwerge, Rapunzel und die sieben Raben, die hier auftreten. Und doch stellt sich heraus, die Märchenfiguren sind in seiner Erzählung real, nur was darum herum erzählt wird, wird zum Märchen.
Der andere Teil des Geralt von Rivien ist ein sehr nachdenklicher. Als Hexer ist er kein Hautot, wie immer dargestellt wird. Er weigert sich, solche Wesen zu erschlagen, die vernunftbegabt sind. Er stellt Nymphen, Doppler, Wassermänner auf dieselbe Stufe wie Menschen, weil sie intelligent sind. Er wird nur dann zum Mörder, wenn es darum geht, Tiere zu töten, die den Menschen oder den anderen Fabelwesen Schaden zufügen. In manch einem Abschnitt ist Geralt sehr philosophisch. Lässt der Leser und die Leserin das Phantastische mal außer Acht, setzt dafür die heutige Zeit, zeigt sich, dass Andrzej Sapkowski durchaus ein Autor ist, der sich mit der heutigen Situation der Menschen auseinandersetzt. So ist zum Beispiel die Wandschmiererei "Elfen raus" durchaus gleichzusetzen mit "Ausländer raus". Und das ist sehr bekannt im Jahre 1998. Sehr empfehlenswert.