Serie / Zyklus: ~ Eine Besprechung / Rezension von Andreas Nordiek |
Die Reihe Festa SF zeichnet sich durch deutschsprachige Erstausgaben wirklich lesenswerter SF-Romane und Kurzgeschichtensammlungen aus. Mit John Barnes wird ein Autor präsentiert, von dem bereits vor einigen Jahren vier seiner Romane bei Heyne und seine beiden Erstlingswerke vor drei Jahren bei Bastei-Lübbe erschienen. Letzteres sicherlich eher zum Nachteil des Autors, denn der vorliegende Roman ist vom schriftstellerischen her um einiges besser als diese beiden Werke. Allesamt sind selbstredend nur noch antiquarisch zu erhalten und so ist es Michael Nagula zu verdanken, dass John Barnes hierzulande erneut verlegt wird.
Die Handlung spielt gut einhundert Jahre in der Zukunft. Die Menschheit hat den ersten Schritt in den Weltraum schon längst hinter sich gebracht und nicht nur den Mars kolonisiert, sondern ist bis zu den äußeren Planeten vorgestoßen. Das Terraforming des Mars schreitet zügig voran und dies ist vor allem jenen Menschen zu verdanken, die wie Terpsichore Melpomene Murray und ihr Vater über die Oberfläche des Mars streifen, diese vermessen, geologisch untersuchen und ständig auf der Suche nach natürlichen Ressourcen wie Wasser oder Gase sind, die sie dann mittels Bohrungen und Sprengungen freisetzen können, um so nach und nach ein Klima entstehen zu lassen. Dank der technischen Möglichkeiten können sie in ihren Raumanzügen Wochen überleben und genießen regelrecht die Freiheiten, die sich ihnen durch diese völlig ungebundene Leben geboten werden.
Terrys Lebensgeschichte erfährt der Leser durch aufgezeichnete Berichte, die ein alkoholkranker Psychiater der örtlichen Ordnungsbehörden nach und nach abspult nachdem ihm Terry kontaktiert und um einen Rat gebeten hat. Worum es sich hier handelt, wird der Leser letztlich nie gewahr und die Situation stellt sich auch ganz anders dar, als sie der Psychiater wahrnimmt.
Auslöser der gesamten Romanhandlung ist OneTrue, ein „Computervirus“ der alle menschlichen Bewusstseine kontrolliert. Einen sogenannten „freien Willen“ gibt es auf der Erde nicht mehr, was die Erdbewohner an sich nicht als Problem sehen, die Menschen auf den anderen Planeten und Monden allerdings als ernsthafte Bedrohung auffassen. Wenn jemand von dem Virus übernommen wurde, kann dieser wieder gelöscht werden, allerdings bedeutet dies zugleich einen Verlust eines Großteils der Erinnerungen. Je tiefer der Virus sich festsetzen konnte, desto mehr Erinnerungen, die teilweise ja die menschliche Persönlichkeit mit bestimmen, müssen gelöscht werden. Um sich später an sein Leben erinnern zu können, zeichnet man vor einem Löschvorgang seine Erinnerungen auf. So wie dies im vorliegenden Roman geschieht.
Obwohl die Idee solch eines Virus sicherlich interessant ist, stehen die beiden Figuren eindeutig im Mittelpunkt des Geschehens. Es gelingt John Barnes mit Leichtigkeit dem Leser aus einer ungewöhnlichen Perspektive den Mars nahe zu bringen. Terry und ihres gleichen sind moderne Pioniere der Wildnis, die abgeschieden von der Zivilisation ihre Tätigkeit nachgehen und nach ihren eigenen Regeln leben. Ein Leben, welches sie mit keinem eintauschen würden, der in einer der vielen Kuppeln oder unter der Marsoberfläche lebt. Sie genießen die grenzenlose Freiheit, die ihnen eine noch lebensfeindliche Umwelt bietet. Wobei deutlich wird, dass sich ihre Lebensweise mit dem Fortschreiten des Terraforming verändern wird. So ist bereits abzusehen, dass die menschlichen Pioniere alsbald nur noch Geschichte sein werden, da man ihre Dienste in einigen Jahren nicht mehr benötigen wird.
Die Charakterisierungen aller Handlungsfiguren tragen entscheidend dazu bei „Der Himmel so weit und schwarz“ zu einem überdurchschnittlichen Roman werden zu lassen. Neben dem stimmigen Setting sind es diese lebendig geschilderten Figuren, die einem den Roman nicht aus der Hand legen lassen.
Der vorliegende Roman reiht sich qualitativ gesehen nahtlos an die bisherigen Veröffentlichungen innerhalb der Reihe Festa SF ein. Einmal mehr zeigt Michael Nagula, was dem deutschsprachigen Leser bislang an guter SF-Literatur entgangen ist.