Titel: Das Grauen in den Bergen Eine Besprechung / Rezension von Carmen Weinand |
Wir schreiben das Jahr 1927 in Neuengland. Roderick Usher wird aus einer Nervenheilanstalt entlassen. Kaum an der Bushaltestelle angekommen, wird er bereits von einem Fahrer erwartet, der ihn zum Notar Mr. Vanderbilt chauffiert. Dort erfährt er, dass er ein beträchtliches Erbe antreten soll, an das eine sonderbare Bedingung geknüpft ist.
Seine Neugier und sein Wissensdurst übersteigen die Freude über das beträchtliche Erbe. So macht er sich auf den Weg in ein kleines Dorf in den Bergen, um seine Wurzeln zu ergründen und damit das unaussprechliche Grauen zu erfahren, das dort bereits auf ihn wartet.
Mit "Das Grauen in den Bergen" hat Fred Ink eine Horrornovelle geschrieben, die in Form und Schreibstil ganz klar an klassische Werke altbekannter Schriftsteller wie Poe und Lovecraft anlehnt. Deswegen war ich auch nicht überrascht, gleich zu Anfang die Widmung "Für Edgar und Howard" zu lesen. Auch im weiteren Verlauf der Novelle treffen wir immer wieder auf altbekannte Namen wie z.B. "Usher", die unmissverständlich klar machen, womit wir es hier zu tun haben.
Trotzdem wurde hier nicht etwa abgekupfert, sondern eine eigene - und wie ich finde - sehr gelungene Hommage an die Altmeister des Horrors geschaffen.
Roderick Usher erzählt seine Geschichte in einem langen Brief an seine Frau Magdalene. Der Schreibstil ist der damaligen Zeit entsprechend altmodisch angehaucht. Dies schadet aber der sich langsam aufbauenden Spannung in keiner Weise. Ganz im Gegenteil. Fred Ink gelingt es ausgesprochen gut, eine Art Lagerfeuerspannung aufzubauen.
Jeder kennt vielleicht diese Momente, in denen jemand mit angstvoll geweiteten Augen und todernster Stimme seinen Zuhörern eine unfassbare Geschichte erzählt. Niemand will sie so richtig glauben, aber trotzdem ist man nicht in der Lage, wegzuhören. Und obwohl einen die Spannung fast auffrisst, will man das Ende kennen - egal wie schrecklich es sein könnte. So in etwa liest sich "Das Grauen in den Bergen".
Die gesamte Novelle ist ein einziges großes Geheimnis, und der Leser selbst wird sich dabei ertappen, wie er versuchen wird, es zu lösen. Es gibt Stellen in der Erzählung, an denen kluge Köpfe ihren Spaß haben werden. Wer aufmerksam liest, wird in der Lage sein, gewisse Rätsel zu entschlüsseln.
Ich persönlich mag interaktive Lektüre sehr gerne. Nur lesen kann jeder, oder?
Insgesamt war diese kurze aber reichhaltige Novelle ganz großes Kino. Es war durchgängig spannend, interessant und unterhaltsam.
Abseits vom Mainstream der momentan vorherrschenden Ekel- und Splatterwelle ist Fred Ink hier ein kleines Schmuckstück gelungen, das dem Leser wieder Lust macht, sich einen heißen Tee zu kochen, sich in eine dicke Decke einzuwickeln und das Licht gerade so weit herunter zu drehen, dass man so eben noch in der Lage ist, zu lesen.
Supergut!
Fazit:
"Das Grauen in den Bergen" kann etwas, das viele andere Romane nicht können: Gänsehaut und Faszination erzeugen. Das war richtig guter Schauer-Horror, fabelhaft erzählt und in eine intelligent gestrickte Geschichte gepackt. Ich gebe dafür gerne eine Leseempfehlung.