Serie/Zyklus: ~ Buchvorstellung von Andreas Nordiek |
Wolfgang Jeschke braucht man dem deutschsprachigen Phantastikleser nicht näher vorstellen. Über Jahrzehnte hinweg war er für das SF-Programm des Heyne-Verlags verantwortlich und für unzählige Veröffentlichungen zuständig. Sein Name ist untrennbar mit der SF-Szene der letzten Jahrzehnte verbunden und sein Rückzug in den "Ruhestand" ist streng genommen gar keiner. Seitdem hat er viel gelesen, ist viel gereist und hat letzte Hand an seinem wohl letzten großen Roman angelegt. Also all die Dinge getan, die aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit über die Jahre hinweg liegen geblieben sind.
Bereits im letzten Spätsommer erschien mit "Das Cusanus-Spiel" sein bisher umfangreichster Roman für dessen Fertigstellung er insgesamt acht Jahre benötigte. Jahre in denen er sehr viel recherchierte und die Schauplätze seines Romans jeweils mehrmals besuchte. Mit einem strengen Auge fürs Detail konzipierte er seine Handlungsschauplätze, was bei der Lektüre nicht zu überlesen ist. Seine Schauplätze sind überaus wirklichkeitstreu in Szene gesetzt und verfügen über weitaus mehr Informationen als die gängigen Reiseführer.
Wolfgang Jeschke entführt den Leser in eine nahe Zukunft, in der die Erderwärmung zu Globalen Flüchtlingsströmen geführt hat. Inselgruppen wie die Malediven sind längst überflutet und die Sahara hat sich bis weit in den Norden und Süden Afrikas ausgedehnt. Europa wurde überrannt von Flüchtlingen und an seinen Grenzen branden weitere an. Mitten im Herzen Europas, in Deutschland führte ein Atomunfall zu einer lebensgefährlichen Verseuchung weiter Teile Mitteldeutschlands. Beides ließen die herrschende Ordnung auseinanderfallen und nationalistisch und kleinstaatliches Europa entstehen.
In dieser Welt lebt die junge Botanikerin Domenica in Rom, einer Stadt, die aufgrund des Klimawandels und der Flüchtlingsströme aus dem Süden vor dem Untergang steht. Der Papst hat sich nach Salzburg geflüchtet und viele andere sind ihm in den Norden Italiens oder nach Österreich gefolgt.
Wie auch ihre Kommilitonen bieten sich nach ihrem Studium nicht viele berufliche Möglichkeiten und so bewirbt sie sich bei einem Institut, welches dem Vatikan nahe steht. Überraschend wird sie nach Salzburg eingeladen und dort mit ihrem zukünftigen Aufgabenfeld vertraut gemacht. Nachdem sie ein langwieriges Auswahlverfahren durchlaufen hat, erfährt sie die volle Wahrheit. Ihr Auftrag wird sie tief in die menschliche Vergangenheit führen, nämlich in 16. Jahrhundert, wo sie Samen der damals noch unverfälscht existierenden Pflanzenwelt besorgen soll.
Ihre Reise in die Vergangenheit gelingt und auch ihre Mission scheint erfolgreich zu verlaufen. Kurz vor ihrer Abreise in die Zukunft wird die Obrigkeit auf sie aufmerksam und stellt sie wegen Hexerei unter Anklage, was in der damaligen Zeit bereits den Tod bedeuten könnte.
Über zwei Drittel des Romans hinweg spinnt Wolfgang Jeschke ein superbes Garn. Stilistisch voll ausgereift entfaltet er eine Zukunft, in der niemand von uns leben möchte, die aber durchaus so eintreffen könnte. Verwoben mit einer Zeitreisegeschichte, einer Thematik, die er schon immer sehr zugetan war, entführt er seine Leser sowohl in eine mögliche Zukunft wie in unsere Vergangenheit. Die jeweiligen Handlungsschauplätze und -fäden sind glaubwürdig aufeinander abgestimmt und kenntnisreich erzählt. In jeder Passage wird deutlich, dass der Autor sich reichlich Gedanken gemacht und umfangreiche Recherche betrieben hat.
Allerdings kann er die aufgenommenen Handlungsfäden zum Schluß hin nicht stimmig zusammenführen. Zwar wird die Zeitreisegeschichte um Domenica schlüssig abgeschlossen. Andere Handlungsfäden hingegen bleiben nur wage ausdifferenziert und unabgeschlossen zurück. Dazu gehört das Auftauchen von Domenicas Vater, den sie erst durch eine Zeitmanipulation vor dem sicheren Tod rettet, danach aber nicht näher kommen kann.
Auch Highgate, der Ort am Ende aller Zeit, und die Wesen, die jenseits aller Zeitlinien existieren, stellen zwei Handlungselemente dar, deren Potential nicht ausgeschöpft wurde und die doch relativ unausgeformt wirken.
Wo Wolfgang Jeschke in den ersten zwei Dritteln seines Romans sehr ausführlich und detailreich seine Gedanken zu Papier gebracht hat, scheint ihm zum Schluß hin die Geduld oder die Zeit verlassen zu haben. Sicherlich kann man den mündigen und erfahrenen Leser mit einigen nicht abgeschlossenen Handlungsfäden am Ende alleine lassen, so dass die Phantasie des jeweiligen Lesers gefragt ist. So wie dies Wolfgang Jeschke dargebracht hat, passt es einfach nicht stimmig zusammen.
Trotz dieser Kritik sei deutlich gesagt, dass Wolfgang Jeschke einen überaus lesenswerten SF-Roman verfasst hat, der sicherlich zu den anspruchsvollsten zählt, die das Genre hierzulande hervorgebracht hat. Dabei ist er weitaus unterhaltender im Stil verfasst als z.B. der Roman "42" von Thomas Lehr, dessen Werk sich bei weitem nicht so einfach für den Leser erschließt.
Stilistische Mängel finden sich bei Wolfgang Jeschke sowieso nicht. Mit einigen kleinen Abstrichen kann man deshalb durchaus von dem "Opus Magnum" Wolfgang Jeschkes sprechen.
Bereits im letzten Spätsommer erschien mit "Das Cusanus-Spiel" sein bisher umfangreichster Roman für dessen Fertigstellung er insgesamt acht Jahre benötigte. Jahre in denen er sehr viel recherchierte und die Schauplätze seines Romans jeweils mehrmals besuchte. Mit einem strengen Auge fürs Detail konzipierte er seine Handlungsschauplätze, was bei der Lektüre nicht zu überlesen ist. Seine Schauplätze sind überaus wirklichkeitstreu in Szene gesetzt und verfügen über weitaus mehr Informationen als die gängigen Reiseführer.
Wolfgang Jeschke entführt den Leser in eine nahe Zukunft, in der die Erderwärmung zu Globalen Flüchtlingsströmen geführt hat. Inselgruppen wie die Malediven sind längst überflutet und die Sahara hat sich bis weit in den Norden und Süden Afrikas ausgedehnt. Europa wurde überrannt von Flüchtlingen und an seinen Grenzen branden weitere an. Mitten im Herzen Europas, in Deutschland führte ein Atomunfall zu einer lebensgefährlichen Verseuchung weiter Teile Mitteldeutschlands. Beides ließen die herrschende Ordnung auseinanderfallen und nationalistisch und kleinstaatliches Europa entstehen.
In dieser Welt lebt die junge Botanikerin Domenica in Rom, einer Stadt, die aufgrund des Klimawandels und der Flüchtlingsströme aus dem Süden vor dem Untergang steht. Der Papst hat sich nach Salzburg geflüchtet und viele andere sind ihm in den Norden Italiens oder nach Österreich gefolgt.
Wie auch ihre Kommilitonen bieten sich nach ihrem Studium nicht viele berufliche Möglichkeiten und so bewirbt sie sich bei einem Institut, welches dem Vatikan nahe steht. Überraschend wird sie nach Salzburg eingeladen und dort mit ihrem zukünftigen Aufgabenfeld vertraut gemacht. Nachdem sie ein langwieriges Auswahlverfahren durchlaufen hat, erfährt sie die volle Wahrheit. Ihr Auftrag wird sie tief in die menschliche Vergangenheit führen, nämlich in 16. Jahrhundert, wo sie Samen der damals noch unverfälscht existierenden Pflanzenwelt besorgen soll.
Ihre Reise in die Vergangenheit gelingt und auch ihre Mission scheint erfolgreich zu verlaufen. Kurz vor ihrer Abreise in die Zukunft wird die Obrigkeit auf sie aufmerksam und stellt sie wegen Hexerei unter Anklage, was in der damaligen Zeit bereits den Tod bedeuten könnte.
Über zwei Drittel des Romans hinweg spinnt Wolfgang Jeschke ein superbes Garn. Stilistisch voll ausgereift entfaltet er eine Zukunft, in der niemand von uns leben möchte, die aber durchaus so eintreffen könnte. Verwoben mit einer Zeitreisegeschichte, einer Thematik, die er schon immer sehr zugetan war, entführt er seine Leser sowohl in eine mögliche Zukunft wie in unsere Vergangenheit. Die jeweiligen Handlungsschauplätze und -fäden sind glaubwürdig aufeinander abgestimmt und kenntnisreich erzählt. In jeder Passage wird deutlich, dass der Autor sich reichlich Gedanken gemacht und umfangreiche Recherche betrieben hat.
Allerdings kann er die aufgenommenen Handlungsfäden zum Schluß hin nicht stimmig zusammenführen. Zwar wird die Zeitreisegeschichte um Domenica schlüssig abgeschlossen. Andere Handlungsfäden hingegen bleiben nur wage ausdifferenziert und unabgeschlossen zurück. Dazu gehört das Auftauchen von Domenicas Vater, den sie erst durch eine Zeitmanipulation vor dem sicheren Tod rettet, danach aber nicht näher kommen kann.
Auch Highgate, der Ort am Ende aller Zeit, und die Wesen, die jenseits aller Zeitlinien existieren, stellen zwei Handlungselemente dar, deren Potential nicht ausgeschöpft wurde und die doch relativ unausgeformt wirken.
Wo Wolfgang Jeschke in den ersten zwei Dritteln seines Romans sehr ausführlich und detailreich seine Gedanken zu Papier gebracht hat, scheint ihm zum Schluß hin die Geduld oder die Zeit verlassen zu haben. Sicherlich kann man den mündigen und erfahrenen Leser mit einigen nicht abgeschlossenen Handlungsfäden am Ende alleine lassen, so dass die Phantasie des jeweiligen Lesers gefragt ist. So wie dies Wolfgang Jeschke dargebracht hat, passt es einfach nicht stimmig zusammen.
Trotz dieser Kritik sei deutlich gesagt, dass Wolfgang Jeschke einen überaus lesenswerten SF-Roman verfasst hat, der sicherlich zu den anspruchsvollsten zählt, die das Genre hierzulande hervorgebracht hat. Dabei ist er weitaus unterhaltender im Stil verfasst als z.B. der Roman "42" von Thomas Lehr, dessen Werk sich bei weitem nicht so einfach für den Leser erschließt.
Stilistische Mängel finden sich bei Wolfgang Jeschke sowieso nicht. Mit einigen kleinen Abstrichen kann man deshalb durchaus von dem "Opus Magnum" Wolfgang Jeschkes sprechen.