Serie: Caprica 1x01 Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
Die sechzehnjährige Zoe Graystone, ihr Freund Ben Stark und ihre Freundin Lacy Rand planen, ihr Zuhause und den Planeten Caprica zu verlassen. Jedoch ist nicht etwa pubertäres Rebellentum der Grund für ihre Flucht vor dem Elternhaus. Die drei haben sich einer neuen Religion angeschlossen, die nur noch an einen einzigen, allwissenden und allmächtigen Gott glaubt. Das widerspricht den Vorstellungen auf Caprica und wird von den Behörden auch entsprechend unterdrückt. Was Zoe nicht wissen kann: Ihr Freund Ben gehört dem militanten Zweig der Bewegung "Soldiers of the One" an und sprengt sich zusammen mit Zoe in einem Zug als Selbstmordattentäter in die Luft.
Zoes Vater, Daniel Graystone, ist tief getroffen von dem Verlust seiner Tochter, verliert aber trotzdem nicht sein berufliches Ziel aus den Aügen. Für die Regierung baut er an einer künstlichen Lebensform, die den Soldaten zukünftig ersetzen soll. Er kommt in Kontakt mit Josef Adama, Vater von William Adama, einem Anwalt mit Verbindungen zum kriminellen Untergrund von Tauron. Auch Adama hat Tochter und auch Frau verloren und macht dafür Capricas Regierung verantwortlich.
Greystone entdeckt, dass Zoe ein virtuelles Gegenstück von sich geschaffen hat, eine perfekte Kopie ihres Ichs - eine eigenständige Persönlichkeit, die im Cyberspace lebt. Dem Wissenschaftler kommt die Idee, mittels eines neu entwickelten Computerchips, den eine Konkurrenzfirma entwickelte und den Josef Adama besorgen soll, das digitale Ich von Zoe in einen seiner robotischen Prototypen herunterzuladen. Adama verspricht er dafür die "Wiedererschaffung" seiner Tochter Tamara.
Caprica spielt 50 Jahre vor den Ereignissen in "Battlestar Galactica" und schildert die Entwicklung, die zu der nahezu völligen Auslöschung der menschlichen Rasse führt. Dabei gestaltet Ronald D. Moore eine Welt, die wie eine Mischung zwischen den 40er Jahren und einer weit fortgeschrittenen Zivilisation wirkt. Gerade dieser Stilbruch - die gezeigte Kleidung, Umgangsformen im Zusammenhang mit einer fortgeschrittenen Robotik oder einer die Freizeit im Cyberspace verbringenden Jugend - wirkt interessant und bindet den Zuseher näher an die Serie, als es eine kalte, hochtechnische Umgebung allein vielleicht könnte. Als bislang einzige Verbindung zur Mutterserie tritt William Adama als gerade in die Pubertät eintretender Junge auf - ohne freilich irgendetwas Sinnvolles zur Handlung beizutragen. Diese wird hauptsächlich von drei Personen getragen. David Greystone und Josef Adama verbindet der Verlust von Familienmitgliedern, sie würden buchstäblich über Leichen gehen, um ihre Liebsten wieder in die Arme schließen zu können. Da ist die Aussicht, dies tatsächlich dank einer neu erschaffenen Version der Tochter tun zu können, äußerst verlockend. Der getriebene Vater ist auch derjenige, der als tragischer Held fungiert - als Erschaffer einer kybernetischen Lebensform, die sich später einmal gegen ihre Schöpfer auflehnen wird. Ein Plot, der fast eins zu eins aus dem dritten Terminator-Film herausgenommen wurde und kaum überrascht. Nett spielt Alessandra Torresani als Zoe Graystone. Sie muss als reale Person und auch als Avatar ihren Charakter entsprechend darstellen und schafft das auch glaubhaft.
Das, was mich den Pilotfim der Serie auf die positive Seite bringen lässt, ist nicht die vorhersehbare Haupthandlung, sondern eher das Nebenher. Auf der einen Seite wird eine große Menge an Handlungsebenen geschaffen. Der Konflikt Capricas mit Taurus, die religiöse Verfolgung der Soldier of the One, der Rassismus der Capricaner gegenüber den anderen Planeten und die - typisch für Moore'sche Produktionen - emotionalen und spannungsgeladenen Momente, in denen tausend Dinge gleichzeitig passieren.
Wunderbar ist die Gestaltung der meist mit Computergrafiken dargestellten Architektur auf Caprica. Natürlich besitzt Moore nicht das Budget von George Lucas und entsprechend grob sieht das Ganze im Vergleich zu den Darstellungen von Coruscant aus. Jedoch merkt man die Liebe zum Detail und den Sinn für Ästhetik bei den Erstellern dieser Hintergründe.
Unterm Strich ein typischer Pilotfilm - er eröffnet viele Möglichkeiten die Geschichte fortzuspinnen, führt in die Charaktere und Kultur der Handlung ein und versucht einen Bogen in die Zukunft, also die Serie Battlestar Galactica, zu spannen. Der Handlungsverlauf ist jedoch etwas zögerlich und droht oftmals in Langeweile umzukippen, bis man wieder genügend Schwung holen kann. Das sollte mehr Drive bekommen, um wirklich gut zu werden. Wenn all diese offenen Punkte konsequent weitergeführt werden, wird Caprica zu einer guten und spannenden Serie. Ob man das auch aufgrund des bisher nur mauen Zuschauerinteresses durchhalten kann, wird sich zeigen.