Titel: 28 Days Later Eine Besprechung / Rezension von Jürgen Eglseer |
London - in der Gegenwart. Mehrere Tierschutzaktivisten dringen in die Universität von Cambridge ein, um Versuchstiere zu befreien. Sie stoßen in einem Keller auf mehrere eingesperrte Schimpansen, die teilweise einer medialen Flut von Katastrophen, Ausschreitungen und Unfällen ausgesetzt sind. Ein Mitarbeiter der Universität überrascht die Aktivisten und warnt sie davor, sie freizulassen - sie seien mit "Rage", Wut, infiziert. Was diese nicht kümmert. Eine Frau wird von einem der Schimpansen plötzlich gebissen und das Rage-Virus überträgt sich in Sekundenschnelle auf sie und verwandelt die Frau in eine unkontrolliert Rasende, die zudem Appetit auf frisches Menschenfleisch hat. Sie stürzt sich auf ihren neben ihr stehenden Mann und das Virus breitet sich aus....
28 Tage später erwacht Jim aus einem Koma, durch das er wegen eines Unfalls mit einem LKW gefallen ist. Das Krankenhaus, in dem er untergebracht wurde, scheint verlassen zu sein. Verwirrt und Patientenkleidung tragend irrt er durch das verlassene und teils zerstörte London - bis er in einer Kirche auf infizierte Bewohner der Stadt trifft, die ihm sofort nach dem Leben trachten. Er wird von Selena und Mark gerettet, einsamen Kämpfern in der sonst verlassenen Stadt. Von ihnen erfährt er auch die Hintergründe - das Virus hat sich nach dem ersten Auftreten rasend schnell ausgebreitet. Maßnahmen der Regierung, wie Blockaden oder Evakuierungen, kamen meist zu spät. England ist nun so gut wie menschenleer, kurz bevor die Medien ihren Betrieb eingestellt haben, meldeten sie erste Infizierte in New York und Paris.
Am nächsten Tag wird die kleine Gruppe von Infizierten angegriffen - Mark erleidet durch einen der Rasenden eine Bisswunde und wird ohne Zögern von Selena mit einer Machete umgebracht. Dem schockierten Jim erklärt sie, das man höchstens zehn bis zwanzig Sekunden Zeit habe, den anderen zu töten, bevor das Virus von ihm Besitz ergreift - man habe keine andere Möglichkeit. Von einer Christbaumbeleuchtung angelockt, treffen die zwei schließlich in einem Hochhaus auf Jim und seine Tochter Hannah. Dort verbringen sie ein, zwei Tage, bis Jim sie auf eine Radionachricht aufmerksam macht, die unentwegt ausgestrahlt wird. Man solle sich auf den Weg nach Manchester machen, dort habe man einen sicheren Stützpunkt errichtet und könne Maßnahmen gegen das Virus ergreifen. Die vier machen sich mit einem alten Taxi und vollbepackt auf den Weg - werden allerdings entäuscht: Manchester steht in Flammen. Als sie in einer scheinbar verlassenen Kaserne auf Infizierte stoßen, fällt Frank ein Blutstropfen ins Auge -sogleich verwandelt er sich in einen Rasenden. Bevor er jedoch seine Begleiter angreifen kann, wird er von Soldaten erschossen, die sich nahe Manchester eine Herrschaftsvilla als Stützpunkt eingerichtet haben. Major Henry West hat hier eine Handvoll seiner Untergebenen um sich versammelt, um die Menschheit neu zu erschaffen - dafür braucht er natürlich nur die beiden Frauen - Jim steht hier nur im Weg. Jedoch hat West nicht mit dem Mut des Verzweifelten gerechnet, und das Strafgericht senkt sich über die letzten Menschen Manchesters...
Nach Trainspotting und Sunshine ist dies mein dritter Film von Danny Boyle - und meines Erachtens auch sein bester. Was er in dem Milieu- und Drogendrama Trainspotting klar zum Ausdruck brachte und in Sunshine nicht verständlich machen konnte, klappte in 28 Days Later grandios. Boyle schildert hier eine Post-Zivilisationsgeschichte und bringt in vielerlei Facetten den gnadenlosen Zusammenbruch des Gemeinwesens zum Ausdruck. Sein Hilfsmittel sind Zombies - dabei bedient er sich aber nicht des üblichen Seelenlosen à la George A. Romero (Die Nacht der lebenden Toten / Dawn of the Dead), sondern verwandelt die ansonsten eher dröge Dahertapsenden in rasende und blitzschnelle Bestien. In der Ausdrucksweise benutzt er vor allem zwei Stilmittel - Bild und Musik. Emotional mitreißenden Szenen folgen abrupt gnadenlose Hetzjagden durch Londoner Straßentunnel. Reste von Zusammengehörigkeit und Zivilisation pflegt Boyle und tritt sie in der nächsten Szene mit den Füßen. Im Mittelpunkt steht hier der Fahrradkurierfahrer Jim, der an die Grenzen des Erträglichen gebracht wird. Der Besuch in Jims Elternhaus - in dem sich Vater und Mutter angesichts der Epidemie das Leben genommen haben - oder die Szene auf der Reise nach Manchester, wo Jim Alpträume des Verlassenwerdens plagen, er von Frank getröstet wird und dieser seinen Dank mit den Worten "Danke, Daddy" erhält, können nicht oberflächlich bleiben und aufgenommen werden.
Über allem steht der ebenso grandios gestaltete Soundtrack von John Murphy, der selbst die rasendste Szene mit einem ruhigen Elektrosound überzieht und dadurch die Dramatik der Kamera um ein Vielfaches steigert. Hier erinnert er mich an Christopher Franke, der bei einigen Szenen der Serie Babylon 5 Ähnliches praktizierte.
28 Days Later ist ein großartig geschnittener Zombiefilm des 21. Jahrhunderts - schnell, unter die Haut gehend und mit einem hohen Anspruch und Niveau versehen. Ein Muss für jeden Freund des Horrorfilmes oder solche, die es werden wollen!
10 von 10 Punkten