Titel: Spiegelkind Eine Rezension von Katja Lehmann |
Inhalt:
Die 15jährige Juli ist ein ganz normales Mädchen. Sie geht auf das Lyzeum, eine der angesehensten Privatschulen der Stadt und lebt mit ihren beiden Geschwistern in einem großen Haus. Ihre Eltern sind geschieden und wechseln sich im wöchentlichen Rhythmus mit der Erziehung der Kinder ab.
Doch als Juli eines Tages nach Hause kommt, findet sie statt ihrer Mutter ihren Vater vor, der eigentlich gar nicht an der Reihe ist.
Das Wohnzimmer ist vollkommen verwüstet und ihre Mutter spurlos verschwunden. Sowohl ihr Vater, als auch die Polizei gehen davon aus, dass Laura ihre Familie verlassen hat. Juli ist sich jedoch sicher: ihre Mutter wurde entführt! Doch keiner glaubt ihr und die ganze Sache wird einfach vertuscht, als wäre nichts geschehen. Nach einem Wutausbruch ihres Vaters, bei dem er sie als „Pheentochter“ bezeichnet, was in der dortigen Gesellschaft eigentlich als Schimpfwort gilt, beginnt Juli sich zu fragen, was Pheen eigentlich sind.
In der Schule freundet sie sich mit der etwas merkwürdigen Ksü an und gemeinsam versuchen sie, das Rätsel rund um die Pheen und das Verschwinden von Julis Mutter zu erklären.
Fazit:
„Spiegelkind“ ist der erste Band einer neuen Trilogie von Alina Bronsky.
Die Gesellschaft in diesem Buch ist auf 2 Schichten aufgeteilt: die Normalen und die Freaks. Die Freaks bilden die untere Schicht, die von den wohlhabenden Normalen regelrecht verpönt wird. Die Welt, in der Juli lebt, hat Anzeichen für ein neuartiges Gesellschaftssystem, welches dadurch dystopische Züge aufweist. Doch im Vordergrund stehen Juli und ihre Familie.
Juli wurde stets gut erzogen. Sie hat gute Manieren und einen sehr höflichen Umgang mit anderen Menschen. Die Schule gehört zu den wichtigsten Sachen in ihrem Leben und sie ist erpicht darauf, gute Noten zu bekommen. Doch was sie nicht weiß: ihre Mutter schottet sie von all den bösen und grausamen Tatsachen in der Welt ab, damit sie ein möglichst unbeschwertes Leben führen kann. Durch das Verschwinden ihrer Mutter gerät Julis Welt völlig aus den Fugen und sie beginnt, Fragen zu stellen. In Ksü findet sie eine treue Mitstreiterin, die ihr sowohl zu helfen versucht, als auch zeigt, dass die Welt nicht so wundervoll ist, wie es Juli immer beigebracht wurde.
Dabei stolpern sie auch über „Pheen“. Diese sind in der Gesellschaft verhasst und werden gejagt. Ihre Kunst gilt als verboten und muss in den Augen der Gesellschaft vernichtet werden. Auch Julis Vater und dessen Familie scheinen eine tiefe Abneigung gegen Pheen zu verspüren, die man als Leser allerdings nicht nachvollziehen kann. Hauptaussage dieses Buches ist wohl die Untersuchung, wie es für Kinder ist, in 2 Welten aufzuwachsen, die sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Für Juli eröffnet sich durch die Pheen und durch ihre Kunst eine völlig neue ihr unbekannte Welt. Doch sie müsste sich entscheide: möchte sie in der Welt ihres Vaters leben und das Geheimnis mit sich rumtragen, dass sie die Tochter einer Phee ist oder möchte sie ein unbeschwertes Leben in der Welt ihrer Mutter haben? Der Schreibstil dieses Buches war recht einfach und flüssig zu lesen. Alles wird aus der Sicht von Juli beschrieben. Was mich ein wenig irritiert hat, ist die Tatsache, dass sich die Zeitform ab Seite 260 ändert. Zuvor wird Julis Geschichte die ganze Zeit in der Vergangenheitsform erzählt. Dann erfolgt ein Schnitt und es geht weiter in der Gegenwart.
Storytechnisch hatte dieses Buch viele gute Ansätze, doch umso mehr man darüber nachdenkt, desto mehr Fragen bleiben unbeantwortet. Natürlich muss einiges offen bleiben, da es eine Trilogie werden soll, in der alles nach und nach aufgeklärt wird. Jedoch waren es mir einfach zu viele offene Fragen.
Juli erfährt zwar, dass ihre Mutter eine Phee ist. Was diese allerdings genau sind, ist für mich völlig unklar. Auch was diese Gesellschaftsform angeht, hätte ich gerne mehr Hitnergründe erfahren. Warum wurden die Menschen in „Normale“ und in „Freaks“ unterteilt? Was haben die Pheen getan, dass sie gejagt und weggesperrt werden? Auch bei einigen Charakteren hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe gewünscht. Allerdings möchte ich auch nicht das ganze Buch kritisieren, schließlich habe ich es trotz der Makel sehr gerne gelesen. Juli ist eine wirklich sehr liebevolle Protagonistin, die ich gerne auf ihrer Reise begleitet habe. Einige Wandlungen, wie zum Beispiel ihre angehende Rebellion waren vielleicht etwas zu schnell und kamen ein wenig unglaubwürdig rüber, wenn man bedenkt, was für ein pflichtbewusstes und doch recht naives Mädchen sie vor dem Verschwinden ihrer Mutter war. Doch im Gesamtbild ist sie eine Protagonistin, die man trotzdem gerne haben muss. Auch die Mischung aus modernen Märchen und Dystopie ist etwas völlig neues, was mir sehr gut gefallen hat. Nur die notwendige Tiefe dabei hat gefehlt.
Abschließend kann man sage, dass es sich bei „Spiegelkind“ um ein dystopisches Märchenbuch für Jugendliche handelt, welches sich sehr gut lesen lässt, über das man jedoch nicht zu sehr nachdenken sollte.