Titel: Shrek - Der tollkühne Held Eine Besprechung / Rezension von Andreas C. Lazar |
Inhalt: Der Oger Shrek macht sich auf, die liebliche Prinzessin Fiona im Auftrag des despotischen Lord Farquaad aus den Klauen eines feuerspeienden Drachens zu befreien.
Kritik: Und wieder, wenn schließlich das Licht angegangen und endlich der Vorhang zugefallen ist, bleibt dem Kritiker nur die undankbare Aufgabe, zu loben, was sich selbst Lob genug ist, wie eine Epigone nachzutragen, was immer fest auf eigenen Füßen steht, und wie ein Kleckser nachzumalen, was ein Meister längst unübertrefflich auf die Leinwand gebannt hat. Auch im heutigen Kino omni- und präpotenter Helden kann also noch Bescheidenheit und Ehrfurcht gelehrt werden, und wenn das der einzige Verdienst von Shrek wäre, hätte er sich schon mehr als bezahlt gemacht.
Aber Shrek ist weit mehr - Triumph der Animationstechnik, brillante Komödie, hintersinnige Satire, spannendes Abenteuer, urkomisches Spiel mit Sprache, warmherziges Buddy-Movie, einzigartig liebevolles Gemeinschaftswerk talentierter Künstler und der letztgültige Beweis, dass ohne eine zu Herzen gehende Story die größte Anstrengung umsonst war, wie der vernichtende Kinokassensieg des sympathischen Ogers über den Korkenkopulierer Ben Affleck in Pearl Harbor eindrücklich beweist.
Der vulgäre und sich an Körperlauten und -ausscheidungen aller Art ergötzende Shrek also, von Mike Myers so motiviert, gekonnt und gefühlvoll verkörpert wie Eddie Murphys ständig zwerchfellerschütternd plappernder Esel, Cameron Diaz' schlagkräftig-attraktive Prinzessin Fiona und John Lithgows komplexbeladen-sadistischer Lord Farquaad, macht sich zu Farquaads steril-gekünsteltem Königreich auf, dessen Hauptstraße nicht zufällig an die Main Street aller Disneyländer dieser Welt erinnert. Ein offenes Geheimnis ist, dass Jeffrey Katzenberg, einer der Gründer des Shrek produzierenden Dreamworks-Studios und unter unrühmlichen Umständen aus dem Disney-Konzern ausgeschieden, in diesen und einigen anderen Szenen sowohl seinen ehemaligen Boss Michael Eisner (Farquaad) als auch dessen überkorrekte und unnatürlich saubere Firmenphilosophie ätzend aufs Korn nimmt, aber dem Spaß tut das auch dann keinen Abbruch, wenn man nicht um diese Zusammenhänge weiß.
Zu einem bezaubernden musikalischen Motiv, gekonnt ausgewählten Liedern und durchweg atemberaubenden, wunderschönen, nur durch eigene Anschauung nachvollziehbaren Bildern und (gelegentlich etwas ruckligen) Animationen also sucht Shrek Farquaad auf, um gegen die Besetzung seines heimischen Sumpfes mit deportierten Märchenfiguren wie Rotkäppchens Wolf, Pinocchio oder Glöckchen lautstark zu protestieren. Farquaad spannt den ruppigen Oger für seine Zwecke ein und verspricht, den Sumpf räumen zu lassen, falls Shrek ihm Prinzessin Fiona bringe, die der Zauberspiegel Farquaad in einer herrlichen Herzblatt-Persifflage empfohlen hat. Wie genau der liebenswerte Antiheld und sein "edles Ross" die etwas andere Prinzessin aus den Fängen eines riesigen Drachen befreien, wie sie den Heimweg an Lord-of-the-Dance-Fanatikern, The Matrix- und Charlie's Angels-Opfern und aufgeblasenen Fröschen vorbei meistern, und mit welchen wundervollen Matchcuts zu welchem schönen Song in welcher berückenden Szene schließlich verdeutlicht wird, wer zu wem gehört, sei hier nicht verraten, um die Spannung zu wahren und die ausnahmsweise nicht komplett im Trailer verratenen, durchweg treffsicheren Scherze und die durchdacht-stimmige, tiefgehend-warmherzige, mimisch beeindruckend umgesetzte und ehrlich anrührende (für die Kleinsten aber vielleicht etwas zu große) Geschichte um Freundschaft, Liebe und Toleranz nicht zu verderben. Von leicht zweideutigen Anspielungen über clevere Filmspoofs ("He can fly!" "He can fly!") bis zu rasanten Actionszenen wird auch für die größeren Zuschauer einiges geboten, und wohl nur die pauschalisierend-ungerechte Etikettierung als "Kinderfilm" hält Skeptiker noch davon ab, mehrmals in diesen fehlerlosen, ausgefeilten und nahe gehenden filmischen Höhepunkt zu stürmen. Wer Shrek aber nicht sehen will, für den gelten nur die unsterblichen Worte des Lebkuchenmannes: "Eat me!"
5 von 5 Sternen