Titel/Originaltitel: Psyhack Eine Besprechung / Rezension von Rupert Schwarz |
Marek Yanner hat einen beschissenen Job. Im Auftrag der Firma Neuran Inc. ist er als BioTech-Agent tätig und sucht in den armen Regionen der Erde nach Leihmüttern, die für die Firma Embryonen austragen. Von den Risiken wie auch von den Verwendungszwecken der Babys erzählt er nichts - die Wahrheit ist zu schrecklich. Zum Glück muss Yanner dieses Wissen nicht ewig mit sich herumtragen, denn nach jedem Auftrag wird aus Gründen der Firmensicherheit -Yanners Tätigkeiten sind illegal und strafbar - sein Gedächtnis gelöscht. Doch dieses Mal kehrt das Geschehene in Form von Alpträumen wieder, und die Zeit bis zur Gedächtnislöschung zieht sich. Marek Yanner fasst den Plan auszusteigen. Sein Chef jedoch scheint das nicht so ernst zu sehen. Er meint, nach der Mnemotomie werde es ihm bestimmt besser gehen. Da schöpft Marek Verdacht: Sollte dieses Gespräch in der Form schon öfters stattgefunden haben? Werden immer und immer wieder Gedächtnisblöcke gelöscht, die ihn zweifeln ließen? Wurde sein Gewissen so betäubt? Marek lässt sich Hinweise zukommen, die ihm helfen sollen, sein Gedächtnis wiederzuerlangen. Dann jedoch wird Marek das Opfer eines so genannten Psyhacks: Während der Mnemotomie werden ihm fremde Bewusstseinselemente untergeschoben, und vollkommen ohne Kontrolle über seine Taten tötet er Hohmann, den Direktor von Neuran. Für Yanner zählen nun nur noch zwei Dinge: Den Häschern von Neuran zu entkommen und zu ergründen, wer er selbst wirklich ist, denn woher soll er wissen, ob er wirklich Marek Yanner ist?
Ich gebe es offen zu: Ich bin kein Freund von Cyberpunk-SF-Romanen, und das hat seinen guten Grund. Die Geschichten werden oft künstlich und metaphysisch erzählt. Die Protagonisten driften in virtuellen Realitäten und die Autoren schreiben von Grenzwert-Erfahrungen. Michael K. Iwoleit jedoch nähert sich diesem Thema von einer anderen Richtung und stellt nicht die Virtualität in den Mittelpunkt, sondern erzählt einen Thriller, in dem ein Mann ganz im Mittelpunkt steht.
Das Buch wird in drei Teilen erzählt. In "Neuran" erfährt der Leser von Mareks Gegenwart und zum Schluss von seiner Flucht. Dieser Teil ist furios, schnell erzählt und voller Wendungen. Er gleicht einer Achterbahnfahrt, die es dem Leser nahezu unmöglich macht, das Buch wegzulegen. Der Teil "Rekonstruktion" wird viel langsamer erzählt. In diesem Abschnitt erlangt Marek sein Gedächtnis zurück, und, von neueren Erinnerungen ausgehend, tastet sich der Held langsam zu den ältesten Erinnerungen zurück. Die Erzählung ist nun bar jeglicher Action und bringt behutsam und einfühlend die Vergangenheit des Protagonisten zu Tage. Zum Abschluss kommt - ganz wie zu erwarten war - der dritte Teil mit Titel "Heimkehr".
Der Roman stellt die Ausarbeitung der Novelle dar, für die Michael K. Iwoleit 2006 mit dem Deutschen Science Fiction Preis ausgezeichnet wurde. Auf Anraten seiner Leser ergänzte er die Geschichte und brachte sie in Romanform neu heraus. Und dies war eine gute Entscheidung, denn Psyhack ist ein intelligenter, faszinierender Roman, der wirklich alles bietet und den Leser in einem Maße unterhält, wie man es heute nur noch sehr selten erlebt.
Fazit: Psyhack ist eine Perle der Deutschen SF, der zeigt, dass deutsche Science-Fiction-Autoren ihren englischsprachigen Kollegen nicht nur ebenbürtig sind, sondern manchmal auch mehr drauf haben. Dieser durch und durch gelungene Roman sei jedem SF-Leser vorbehaltlos empfohlen.
10 von 10 Punkten