Reihe: Die Portal Chroniken, Band 1 Eine Besprechung / Rezension von Leselurch (weitere Rezensionen von Leselurch auf fictionfantasy findet man hier oder auf ihrem Blog Leselurchs Bücherhöhle ) |
Worum geht's?
Die siebzehnjährige Arizona Stevens ist der Star ihrer Schule: Sie ist das einzige Mädchen, das es jemals geschafft hat, in das Eishockey-Team zu kommen. Vor ihr haben selbst die ganz großen Jungs Respekt! Schließlich beweist der siebzehnjährige Wildfang bei jedem Spiel aufs Neue, dass sie kein zartbesaitetes Püppchen ist. Arizonas liebt ihr Leben, so wie es ist, obwohl es nicht perfekt ist, und würde es niemals hergeben wollen. Doch dann wird sie plötzlich von einem Moment auf den anderen in ein fremdes Leben, gar in die Vergangenheit gerissen! Plötzlich kennt sie jeder nur noch als Arizona Darley, die blonde Cheerleaderin. Sie wohnt nicht mehr bei ihrem Vater, sondern bei ihrer Mutter, lebt in einer völlig anderen Stadt und hat sogar einen älteren Bruder, den sie niemals zuvor gesehen hat. Arizona versteht die Welt nicht mehr! Sie will ihr altes Leben zurück! Doch dafür muss sie herausfinden, was mit ihr geschehen ist - und ihre verhasste Mutter, eine talentierte Physikerin, ist die einzige Person, die die Antwort zu kennen scheint...
Kaufgrund:
Auf "Portal" bin ich durch die dazugehörige Blogtour aufmerksam geworden. Die interessante Geschichte hinter dem Buch hat mich neugierig gemacht: ein Indie-Roman, der in Amerika so erfolgreich war, dass er sogar übersetzt wird? Davon wollte ich mir ein eigenes Bild machen!
Meine Meinung:
"Portal", der Auftakt der "Portal"-Chroniken von Imogen Rose, beginnt sehr abrupt. Ohne jegliche Erläuterungen oder Charaktervorstellungen wird man zusammen mit Protagonistin Arizona ins Ungewisse gestoßen und hat erst einmal nichts anderes als ein riesiges Fragezeichen im Kopf. Was geht hier vor? Wieso befindet sich Arizona urplötzlich in einem ihr fremden Leben? Ebenso verwirrt wie Arizona versucht man verzweifelt, Antworten auf diese Fragen zu bekommen, die die Autorin jedoch nicht so schnell verraten will. Statt Hinweise oder gar Antwortmöglichkeiten zu liefern, konzentriert sich Imogen Rose zunächst darauf, Arizonas neues bzw. "altes" Leben näher zu beleuchten. "Portal" entwickelt sich in der ersten Hälfte mehr und mehr zu einer typischen Highschool-Geschichte, die zwar nicht sonderlich anspruchsvoll ist, aber dafür gut unterhalten kann. Paranormale Elemente der Geschichte tauchen bis hierhin kaum auf und bloß Arizonas Erinnerungen an ihr altes Leben erinnern daran, dass es noch ein Geheimnis zu lüften gibt.
Protagonistin Arizona ist die tragende Erzählerin des Romans; ein siebzehnjähriges Mädchen, das eigentlich so gar nicht "girly" ist. Sie ist ein Wildfang, ein rebellischer Teenager, der seine Prioritäten lieber selbst setzt und seine eigenen Entscheidungen fällt. Ihr aufmüpfiges Verhalten hat die junge Eishockey-Spielerin sogar schon das ein oder andere Mal zum Psychotherapeuten gehen lassen. Schuld daran ist ihre Mutter, mit der sie partout nicht auskommen kann. Als sich ihre Eltern trennten, war deshalb schnell klar: Arizona bleibt bei ihrem Vater, während ihre kleine Schwester zu ihrer Mutter zieht. Doch dann, eines Tages, geschieht das Unfassbare: Plötzlich befindet sich Arizona in einem einem anderen Leben wieder. Dort lebt sie mit ihrer Mutter, einem fremden Vater und sogar einem Bruder(!) glücklich und zufrieden das perfekte Familienleben. Nun soll sie Arizona Stevens sein, eine blonde Barbie, eine Cheerleaderin. Arizona kann nicht fassen, was um sie herum geschieht, aber statt zu verzweifeln sucht das toughe Mädchen nach Antworten. Als Protagonistin ist Arizona ein sympathischer Charakter, einer von der Sorte, mit denen man gerne auf die Suche nach dem Geheimnis der Geschichte geht, mitsamt Stärken und Schwächen. Leider fällt Arizona allerdings nicht nur positiv auf. Sie ist als Person sehr wankelmütig und ihre Stimmungen schwanken zum Teil so extrem, dass man sie nicht mehr ernst nehmen kann. Eben noch hat sie einen Wutausbruch überstanden, weil sie mit ihrer Mutter und einem Dach leben muss, im nächsten Moment ist die Welt wieder in Ordnung, da ein tolles Auto in der Garage für sie bereitsteht.
Die Nebencharaktere sind Imogen Rose viel besser gelungen. Sie haben ausgeprägte Persönlichkeiten, haben mehr Ecken und Kanten. Eine starke Ausnahme bildet jedoch Simla, eine "Bekannte" von Arizona, die die gesamte Geschichte über bloß nervt und für Unmut sorgt. Sie behauptet selber, keine Freundin von Arizona zu sein, vertraut ihr aber selbst die intimsten Geheimnisse am Telefon an. Kein Tag ist vergangen, da betont Simla erneut, dass sie auf Arizonas Gesellschaft getrost verzichten kann, nur um ihr dann am Tag darauf wieder um den Hals zu verfallen. Ja, sie ist tatsächlich so seltsam, wie es nun klingt. Von der ersten bis zur letzten Seite konnte ich Simla daher nichts abgewinnen, während die restlichen Nebenfiguren auf ihre Art und Weise sehr wohl überzeugen können.
Je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr Hinweise sammeln sich an, doch eine Auflösung gibt es erst zum Ende des Romans. Imogen Rose hat sich eine fesselnde Idee für ihre Pentalogie ausgedacht, die wahrlich einzigartig ist und die ich so noch nie gelesen habe. Mit ihrem Plot ist der Autorin etwas gelungen, dass auf jeden Fall das Interesse der Leser weckt und sie zum Weiterlesen animiert - aber ob sie dem wirklich gerecht werden kann? Es bleiben trotz der Erklärungen sehr viele Fragen offen, sodass man nur schwer nachvollziehen kann, wie das Ganze ablaufen soll. Natürlich muss man bedenken, dass nach "Portal" noch vier weitere Bände folgen werden - einige Geheimnisse muss sich die Autorin schließlich bewahren -, doch ich bleibe skeptisch. Imogen Rose klingt zwar vielversprechend, aber eben auch sehr kompliziert; vielleicht sogar zu kompliziert, um sie in den Folgeromanen tatsächlich greifbar werden zu lassen?
Einige Kapitel beschreibt Imogen Rose aus Olivias Sicht, Arizonas Mutter, die im Gegensatz zu ihrer Tochter sehr wohl zu wissen scheint, warum sie sich plötzlich in einem anderen Leben befindet. Diese Abschnitte bringen endlich etwas Licht ins Dunkeln und somit auch den übernatürlichen Teil der Geschichte voran. Olivia weiß, was für ein Spielchen hier gespielt wird, und lässt den Leser an ihren Gedanken und Sorgen teilhaben. Erst dadurch kann er spekulieren, was für eine Lösung hinter den seltsamen Ereignissen steckt. Während der anderen Kapitel ist Olivia ein undurchdringlicher Charakter, der niemals hinter seine Marke blicken lässt; kein Wunder also, dass man sich auf ihre Abschnitte besonders freut!
Der Schreibstil der Autorin hat mir leider nicht so gut gefallen. Er wirkt sehr gestelzt, aufgesetzt, sogar etwas hölzern. Auch zu den Charakteren selbst will er nicht so recht passen. Arizonas häufige Ausrufe a la "Cool" oder "Geil" lassen den Lesefluss oft ins Stolpern
geraten, da man ihr eine solche Ausdrucksweise im Vergleich zu ihrer Persönlichkeit nicht recht abkaufen mag. Außerdem gibt es in der deutschen Übersetzung einige Rechtschreibfehler, die zwar nicht die Geschichte stören, aber doch sehr ärgerlich sind. Ab der zweiten Hälfte des Romans macht sich jedoch eine starke Besserung bemerkbar und "Portal" liest sich viel flüssiger und angenehmer.
Cover:
Ein einfaches Cover, das mir leider nicht gefällt. Das darauf abgebildete Mädchen passt zwar super zu Arizona - beinahe wie die Faust aufs Auge -, aber es ist wieder dieses "Mainstream"-Cover, was nicht aus der Masse heraussticht.
Fazit:
"Portal" ist der Auftakt einer Pentalogie mit einer außergewöhnlichen Idee, die zweifellos Potenzial hat und aus der breiten Masse der Jugendbücher heraussticht. Leider ist es Imogen Rose nicht gelungen, ihre Geschichte bestmöglich umzusetzen. Während die Geschichte durchaus für amüsante Lesestunden sorgt, lassen die Charaktere einen als Leser eher mit gemischten Gefühlen zurück. Eine Leseempfehlung gibt es von mir trotz der Kritikpunkte, denn man sollte "Portal" auf jeden Fall eine Chance geben! Für den Pentalogie-Auftakt gibt es gute 3 Lurche!